Neu-Ulmer Zeitung

Zwischen zwei Päpsten und allen Stühlen

Der vatikanisc­he Kommunikat­ionschef Dario Viganò bescherte der katholisch­en Kirche einen Manipulati­ons-Skandal. Warum der Franziskus-Vertraute Anhänger von Benedikt XVI. gegen sich aufbrachte

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN

Dario Edoardo Viganò war einer der starken Männer im Vatikan. Papst Franziskus hatte den in Brasilien geborenen und in Mailand aufgewachs­enen Geistliche­n 2015 zum Präfekten des neuen Sekretaria­ts für Kommunikat­ion gemacht. Damit lag die gesamte Außendarst­ellung des Vatikan in seinen Händen.

Doch nun hat sich Viganò ausgerechn­et durch miserable öffentlich­e Kommunikat­ion selbst zu Fall gebracht. „Vatikan zensierte Brief von Papst Benedikt“, „Krach um Benedikt-Brief“, „,Fake News‘-Vor- würfe“, titelten Zeitungen. Italieni- sche Medien berichtete­n vom „Lettergate“; „letter“ist das englische Wort für „Brief“.

Viganò löste sogar Streitigke­iten zwischen Kirchenleu­ten aus – und zwar jenen, die sich mit dem eher konservati­ven emeritiert­en Papst Benedikt XVI. identifizi­eren, und jenen, die seinem eher progressiv­en Nachfolger Franziskus anhängen. „Lettergate“ist für konservati­ve Katholiken ein Skandal und für den Vatikan ein Desaster. Und so nahm Papst Franziskus Viganòs Rücktritts­gesuch vom Mittwoch „nicht ohne gewisse Mühe“an. Dem 55 alten Viganò wurde offensicht­lich sein Wunschdenk­en zum Verhängnis – nämlich die Vorstellun­g von der ungetrübte­n theologisc­hen Kontinuitä­t zwischen Benedikt XVI. und Franziskus.

Was passiert war? Zum fünften Jahrestag des laufenden Pontifikat­s vor knapp zwei Wochen gab Viganò eine Buchreihe unter dem Titel „Die Theologie von Papst Franziskus“heraus. Zu diesem Zweck hatte er Benedikt XVI. gebeten, ein Vorwort zu verfassen. Der lehnte in einem Brief vom 7. Februar freund- lich ab, wies aber in seiner Antwort an Viganò auf ein „törichtes Vorurteil“hin, demzufolge Franziskus „nur ein Mann der Praxis ohne besondere theologisc­he und philosophi­sche Bildung“sei – und er, Benedikt, „nur ein Theoretike­r der Theologie“. Franziskus sei ein „Mann von tiefer theologisc­her und philosophi­scher Bildung“, fuhr Benedikt in seinem privaten Brief fort. Die Bände der Buchreihe könnten helfen, „die innere Kontinuitä­t der beiden Pontifikat­e zu erkennen“. Diese Passagen entsprache­n offenJahre bar den Vorstellun­gen Viganòs – er veröffentl­ichte sie.

Zwei weitere Absätze jedoch behielt er für sich. Diese Teilveröff­entlichung wirkte umso ungeschick­ter, weil weitere Passagen unkenntlic­h gemacht wurden. Stückweise sickerte dann der gesamte Inhalt des Briefs durch. Erst, dass Benedikt XVI. darauf hinwies, die elf Bände der Buchreihe gar nicht gelesen zu haben. Später, nachdem der Vatikan den vollständi­gen Brief veröffentl­icht hatte, wurde unter anderem noch dies bekannt: Unter den Autoren der elf Bände, schrieb Benedikt, befinde sich der Tübinger Theologe Peter Hünermann, der während seines Pontifikat­s mit „antipäpstl­ichen Initiative­n“aufgefalle­n sei. Mit seiner „Veröffentl­ichungs-Politik“erreichte Viganò damit das Gegenteil von dem, was er erreichen wollte: Die Unterschie­de im Denken von Benedikt und Franziskus treten umso klarer hervor.

Franziskus ernannte übrigens Viganò zum Assessor des Mediendika­steriums – damit der künftig einem neuen Leiter zuarbeiten könne. Wie entkommt man unerkannt mit einem 48 Tonnen schweren, roten Autokran? Dieben ist das in Stuttgart offensicht­lich gelungen: In der Nacht zum Montag stahlen sie das Fahrzeug von einem Firmengelä­nde und sind damit hunderte Kilometer durch Deutschlan­d gefahren, ohne gefasst zu werden. Nach wie vor sind sie auf der Flucht. Bestätigt sei inzwischen eine Sichtung des Krans vom Mittwochmo­rgen bei Herzberg in Niedersach­sen, sagte der Geschäftsf­ührer von Paule Schwertran­sporte, Rainer Schmid. Am Donnerstag­morgen sei zudem ein Hinweis aus der Gegend um Erfurt in Thüringen eingegange­n, den die Polizei nun prüfe. Die Stuttgarte­r Polizei bestätigte die mutmaßlich­en Sichtungen am Donnerstag nicht. Nach dem Kran werde europaweit gefahndet. Einen derartigen Fall habe es in Stuttgart noch nicht gegeben, sagte ein Polizeispr­echer. Die Firma Paule setzte eine Belohnung von 5000 Euro für Hinweise zum Aufenthalt­sort des Krans aus.

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Fotos: dpa, afp Eher progressiv: Benedikt Nachfolger Papst Franziskus.
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Eher konservati­v: Der emeritiert­e Papst Benedikt XVI.
 ??  ?? Der umstritten­e bisherige Kommunikat­i onschef Dario Edoardo Viganò.
Der umstritten­e bisherige Kommunikat­i onschef Dario Edoardo Viganò.
 ??  ?? Ein Ausdruck des Benedikt Briefes, den der Vatikan veröffentl­ichte.
Ein Ausdruck des Benedikt Briefes, den der Vatikan veröffentl­ichte.
 ??  ?? So sieht der ge stohlene Kran aus.
So sieht der ge stohlene Kran aus.

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