Höchststrafe für Hussein K.
Der junge Afghane hat Maria L. brutal vergewaltigt und ermordet. Als das Urteil fällt, klatschen die Zuschauer im Gerichtssaal. Und erstmals äußern sich die Eltern der Studentin
Das Bild, das von Hussein K. haften bleiben dürfte, ist das eines jungen Mannes, der keine Gefühlsregung zeigt. So ist es auch gestern vor dem Landgericht Freiburg. Selbst die Urteilsverkündung bringt den Afghanen nicht aus der Fassung. Die Zuschauer dagegen klatschen Beifall, als die Vorsitzende Richterin Kathrin Schenk ihr Urteil verkündet. Lebenslange Haft. Besondere Schwere der Schuld. Es ist die höchste Strafe, die das deutsche Strafrecht vorsieht. „Um andere Menschen, vor allem Frauen, vor ihm zu schützen“, so Schenk.
Hussein K. hat die 19-jährige Studentin Maria L. im Herbst 2016 in Freiburg vergewaltigt und zum Sterben in einen Fluss gelegt, wo sie ertrank. Das Gericht ist überzeugt davon, dass er mit dem Mord die Vergewaltigung verdecken wollte.
Beifall gibt es dann nochmals, als die Richterin die Sitzung schließt und Hussein K. in Handschellen und Fußfesseln abgeführt wird. Er wird, wenn das Urteil rechtskräftig werden sollte, deutlich länger als 15 Jahre im Gefängnis sitzen müssen und anschließend wohl in Sicherungsverwahrung genommen werden. Eine Abschiebung anstelle der Strafverbüßung in Deutschland ist eher unwahrscheinlich.
„Ein richtiges Urteil“, sagen Zuschauer. „Der gehört für immer weggesperrt.“Diese Hoffnung haben auch die Eltern von Maria L. Mit bewegenden Worten wenden sie sich gestern in einer Erklärung an die Öffentlichkeit. „Die Tat bleibt unfassbar“, schreiben Friederike und Clemens L. „Aber dieser Prozess hat entscheidende Erkennt- über die Umstände und die Täterpersönlichkeit ans Licht gebracht..., die uns bei der Bewältigung dieses Schicksalsschlags weiterhelfen.“Die Familie war an keinem der insgesamt 25 Prozesstage im Gericht anwesend und enthielt sich bislang jeder Äußerung. Nun will sie das letzte Wort haben. „Maria war für uns ein großer Sonnenschein und wird es immer bleiben.“
Und weiter: „Der Täter hat uns, den Eltern Marias, ihren Schwestern, ihren Großvätern und ihrer ganzen Familie ... unermessliches Leid zugefügt und dieses durch sein Verhalten während des Prozesses noch gesteigert. Kein Urteil kann daran etwas ändern; wir müssen und können es ertragen mit der Kraft, die uns unser Glaube, die Hilfe unserer Freunde und die vielen empfangenen Zeichen der Solidarität geben und für die wir dankbar sind.“
Wie grausam Hussein K. vorging, zeichnet Richterin Kathrin Schenk gestern in schwer erträglichen Details nach: Die Bisse in Maria L.s Wange, Brust und Unterleib. Das kraftvolle, entschlossene Würgen mit Schal und Hand, die mehrfache Vergewaltigung der bewusstlosen Frau, die deutlich sichtbar noch atmete, deren Brustkorb sich hob und senkte, deren Verletzungen nicht tödlich waren. Maria L. hätte wohl überlebt und wäre zu retten gewesen, wenn Hussein K. sie nicht zum Ertrinken durch ein Dornengebüsch ins Wasser geschleift hätte.
Verurteilt hat die Jugendkammer Hussein K. nun zwar nach Erwachsenenstrafrecht, sie hat ihn aber trotzdem nur als Heranwachsenden eingestuft: zur Tatzeit älter als 18 Jahre, aber möglicherweise nicht über 21 Jahre. Die Altersgutachten, vor allem die Beurteilung von Jahnisse resringen an einem Zahn von Hussein K., erscheinen dem Gericht nicht ausreichend wissenschaftlich abgesichert. Sein Reifegrad wird vom Gericht hoch angesiedelt, eine Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht sei daher angebracht.
Die besondere Schwere der Schuld stellt die Jugendstrafkammer auch nicht wegen der Brutalität des Vorgehens von K. fest, sondern wegen der vorangegangenen Tat im Jahr 2013 auf der griechischen Insel Korfu. Dort stieß er die 20-jährige Studentin Spiriduola C. über eine Klippe und nahm, so Richterin Schenk, „ihren Tod billigend in Kauf “. Aus einer Haftstrafe in Griechenland habe er nichts gelernt.
Das Gericht kommt auch zu der Bewertung, dass der der junge Afghane am Abend vor der Tat schon mehrfach sexuellen Kontakt zu Frauen gesucht habe. Er sei mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Radweg an der Dreisam gegangen, um eine Frau abzupassen. Zweifelsfrei nachzuweisen sei ihm das nicht.
Auf der Straße vor dem Gericht steht ein Dutzend Menschen, die den Fall Hussein K. als Symbol für verfehlte Flüchtlingspolitik anprangern. Auch in ihre Richtung sagt Kathrin Schenk: „Die Tat ist nicht von einem Ausländer, einem Flüchtling, einem unbegleiteten minderjährigen Flüchtling, einem Mann verübt worden – sondern von einem Menschen.“Der Mord „hätte auch durch kein Gesetz, keine bessere Ausstattung der Polizei, keine andere Betreuung verhindert werden können“. Denn er sei begründet im Charakter des Angeklagten und seiner Unfähigkeit, sich in das Leid eines anderen, insbesondere Frauen, hineinzuversetzen.
Keine Bewährung für die Kölner Raser: Im Revisionsprozess gegen zwei Männer wegen eines tödlichen Autorennens hat das Landgericht Köln gestern die umstrittene Aussetzung der bereits verhängten Strafen zur Bewährung aufgehoben. Damit müssen die Männer ihre Strafen von zwei Jahren beziehungsweise 21 Monaten Haft im Gefängnis verbüßen. Ihre Verteidiger ließen gestern allerdings offen, ob sie gegen das Urteil den Bundesgerichtshof (BGH) anrufen werden.
Die damals 21 und 22 Jahre alten Angeklagten hatten sich im April 2015 in Köln ein Autorennen geliefert. In einer Kurve kam einer der Wagen ins Schleudern. Er erfasste eine 19-jährige Radlerin, die drei Tage später ihren schweren Kopfverletzungen erlag. Eine Strafkammer des Kölner Landgerichts hatte die Angeklagten im April 2016 der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen, setzte die Strafen aber zur Bewährung aus. Der Fall musste neu verhandelt werden, nachdem der BGH die Aussetzung zur Bewährung aufgehoben und den Fall an eine andere Kammer des Kölner Gerichts zurückverwiesen hatte.
„Für die Kammer steht ohne Zweifel fest, dass die Strafen nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können“, sagte der Vorsitzende Richter Ralph Ernst. Zur Begründung verwies er unter anderem darauf, dass die Tat geprägt gewesen sei durch einen „vorsätzlichen Verstoß gegen das Rennverbot“und eine „äußerst aggressive Fahrweise“der beiden Raser. Die beiden Angeklagten entschuldigten sich am letzten Tag der neuen Hauptverhandlung bei den Hinterbliebenen der getöteten 19-Jährigen.