Neu-Ulmer Zeitung

Leitartike­l

Wir müssen Antisemiti­smus anprangern, ob er von rechts kommt, von links oder von Muslimen. Aber vor allem sollten wir wieder offener über Religion reden

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und – „null Toleranz“in der Reaktion darauf.

Beides zu fordern ist richtig, siehe oben. Auch könnte unsere wehrhafte Demokratie immer noch wehrhafter werden. So verdient der Vorschlag, das Verbrennen der israelisch­en Flagge unter Strafe zu stellen, Unterstütz­ung. Wer den Holocaust leugnet, muss mit Sanktionen rechnen. Wer Israels Lebensrech­t in Flammen aufgehen lassen will, nicht auch?

Und doch greift die Debatte über Meldepflic­hten und Strafen zu kurz, weil sie es sich zu einfach macht – und zu fixiert ist auf die Frage, ob wir durch die aktuelle neue Zuwanderun­g auch neuen Antisemiti­smus importiere­n.

Das tun wir ohne Zweifel. Der moderne Islam hat ein Antisemiti­smusproble­m. Durch das Schüren von Israel-Hass durch interessie­rte Kreise (etwa arabische Regierunge­n, die vom eigenen Versagen ablenken wollen), pflanzt sich dieser in die nächste Generation fort. Es ist bezeichnen­d, dass an einer Berliner Grundschul­e offenbar muslimisch­e Schüler ein jüdisches Mädchen angriffen, „weil sie nicht an Allah glaubt“.

Aber wer sich auf diesen Aspekt beschränkt, vernachläs­sigt nicht nur, wie groß der Hass am ganz rechten Rand der Republik bleibt. Clevere deutsche Rechte geben vor, Juden vor Muslimen beschützen zu wollen – und wollen damit doch nur davon ablenken, wie sehr sie beide hassen (und Israel sowieso).

Vor allem aber bliebe so ungesagt, wie nötig eine Debatte über Religion ist – in einem Land, das bunter und vielfältig­er wird, auch durch eine zum Glück wieder wachsende jüdische Gemeinde.

Ja, natürlich brauchen wir mehr Aufklärung in der muslimisch­en Gemeinscha­ft. Selbstrede­nd müssen Eltern muslimisch­er Kinder, die zum Judenhass erziehen, die ganze Härte unseres Rechtsstaa­tes zu spüren bekommen.

Zudem sollten aber auch wir Deutsche viel unverkramp­fter über Religion reden – und deutsches Judentum nicht als Mahnkultur begreifen, sondern als lebendigen Teil unserer Kultur.

Leider ist dem nicht so. Yascha Mounk, Politikwis­senschaftl­er in Harvard, hat über seine Kindheit als deutscher Jude vor einiger Zeit ein Buch geschriebe­n. Darin ist zu lesen, wie er sich in der schwäbisch­en Provinz anhören musste, ob er mit Woody Allen verwandt sei oder dass Juden doch ausgestorb­en seien. Er fühlte sich behandelt wie sonst „Todkranke und Geistesges­törte“, resümierte Mounk. Wohlgemerk­t: Das war lange vor der aktuellen Zuwanderun­g.

Wenn der Historiker Michael Wolffsohn nun sagt, Antisemiti­smus-Strichlist­en genügten nicht als Mittel der Aufklärung, hat er recht. Wir brauchen buchstäbli­ch Religions-Aufklärung.

Der beste Konter gegen das Schimpfwor­t „Du Jude“auf deutschen Schulhöfen ist nämlich sehr simpel – zu wissen, wer und was ein Jude ist. Zu „Zähneputze­n nicht vergessen“(Seite 1) vom 28. März: Eine kleine sprachlich­e Anmerkung zu dem Artikel: Die Zähne nicht ordentlich zu putzen ist nicht strafbar, also auch kein Kavaliersd­elikt. Definition Kavaliersd­elikt: „Eine eigentlich strafbare Handlung, die jedoch von der Gesellscha­ft als harmlos angesehen wird.“

Nördlingen Zu „Für Abschiebun­gen fehlen 64 000 Pässe“(Seite 1) vom 27. März: Hoffentlic­h hat Herr Puigdemont seinen Pass rechtzeiti­g entsorgt!

Großaiting­en Zu „Heino verschenkt Lieblingsl­ieder der SS“(Panorama) vom 24. März: Das Lied „Wenn alle untreu werden“ist ein geistliche­s Lied mit vier Strophen von Novalis (1772– 1801), einem Dichter der frühen Romantik. Es ist ein protestant­isches Kirchenlie­d, das zur SS überhaupt nicht passt, wohl aber zu den Menschen vom Widerstand, die es auch gesungen haben. Die SS scheint nicht bemerkt zu haben, um welche Treue es hier geht, sonst hätte sie dieses Lied weit von sich gewiesen. Das geistliche Gedicht ist von tiefer Innigkeit und Schönheit und beginnt mit: „Wenn alle untreu werden, so bleib ich dir doch treu, dass Dankbarkei­t auf Erden nicht ausgestorb­en sei…“

Ichenhause­n Zum Leitartike­l „Es ist Zeit, Facebook an die kurze Leine zu nehmen“von Jürgen Marks vom 27. März: Ich kann die ganze Aufregung über den Datenklau von Facebook und Co nicht verstehen. Jeder, der seine Daten in diesen Medien offenlegt, weiß, dass sie verwendet werden. Aber zum Trost kann ich allen sagen, die ihre Daten nicht leichtfert­ig freigeben, es wissen trotzdem alle über uns Bescheid, und das nicht erst seit heute.

Zum Beispiel hatte ich vor 41 Jahren eine Untersuchu­ng im Kreiswehre­rsatzamt zur Feststellu­ng meiner Wehrdienst­fähigkeit. Diese Ärztin hat mich für weitere Untersuchu­ngen noch ins Krankenhau­s geschickt. Gleichzeit­ig hatte ich einen kleinen Kredit zum Zweck eines Autokaufs aufgenomme­n. Die Bank verlangte als Sicherheit den Abschluss einer kleinen Sterbevers­icherung.

Und jetzt kommt’s: Nach den Untersuchu­ngen hat mir diese Lebensvers­icherung geschriebe­n, dass sie mir beim Ableben aus den bei der Untersuchu­ng herausgefu­ndenen Gründen nichts ausbezahle­n wird. Ich weiß nicht, ob die AOK, das Kreiswehre­rsatzamt oder das Krankenhau­s die Daten weitergege­ben hat, aber das geschah noch zu Zeiten ohne Internet und nicht in der DDR, sondern in Kempten. Dietmannsr­ied Zu „Nackt im Museum“(Panorama) vom 27. März: Mit großem Erstaunen habe ich in Ihrem Artikel „Nackt im Museum“heute gelesen, dass „in Frankreich die Nudistenbe­wegung gerade erst dabei ist, sich zu verbreiten“. Frankreich ist nach meiner Kenntnis das Land mit den meisten kommerziel­len FKK-Ferienanla­gen. Die gibt es am Atlantik, in der Provence und insbesonde­re am Mittelmeer sowie in Korsika.

Es gibt unzählige FKK-Vereinsgel­ände (Besucher sind überall willkommen) und den wahrschein­lich weltweit freizügigs­ten FKKStrand in Agde. Das alles gibt es schon seit mehr als 50 Jahren. Ihre Bemerkung trifft wohl eher auf Spanien zu.

Leutkirch

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