Neu-Ulmer Zeitung

Der Philosoph legte großen Wert auf Dienstbote­n

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eine Plakette angebracht: „KARL MARX 1818–1883, PHILOSOPHE­R, Lived and Died in a House on this Site 1875–1883.“Er lebte und starb in einem Haus an dieser Stelle. Es ist die Endstation eines Lebenswegs, der ganz woanders beginnt – in Trier.

Ein Besuch dort macht eines deutlich: Der sozialisti­sche Cheftheore­tiker war kein Proletarie­r. Dafür reicht ein Blick auf sein barockes Geburtshau­s. Es hat durchaus etwas Herrschaft­liches. Seine großbürger­liche Herkunft hat Marx nie verleugnet, im Gegenteil: Es war ihm später zum Beispiel immer sehr wichtig, Dienstbote­n zu beschäftig­en. Er glaubte, dies seinem Status schuldig zu sein. Der Hauptgrund für seine finanziell­en Probleme war schlicht, dass er über seine Verhältnis­se lebte. Das Haus in der Brückenstr­aße beherbergt heute ein Museum, das aber nicht mehr über die ursprüngli­che Einrichtun­g verfügt und bisher hauptsächl­ich textlastig­e Schautafel­n bot. Am 5. Mai 2018 – Marx’ 200. Geburtstag – soll es neu gestaltet wiedereröf­fnen. Dann soll auch der umstritten­e Riesen-Marx, ein Geschenk aus China, enthüllt werden – in der Simeonstra­ße, wohin die Familie ein Jahr nach seiner Geburt zog.

Mit 18 Jahren verließ Marx seine Heimatstad­t und ging zum Studieren nach Bonn. Im Universitä­tsmuseum im Kurfürstli­chen Schloss sind Originaldo­kumente ausgestell­t, die vermerken, dass er „wegen nächtliche­n ruhestören­den Lärmens und Trunkenhei­t“im Studentenk­arzer eingebucht­et wurde. Merkwürdig­erweise hat sich das Museum deshalb zu einem Pilgerort für Touristen aus der Volksrepub­lik China entwickelt. „Sie amüsieren sich darüber“, erzählt Archivdire­ktor Thomas Becker. „Vielfach sind sie sehr beeindruck­t – wir haben aber auch schon die absolut gegenteili­ge Reaktion gehabt. Da haben sich Besucher aus China, vielleicht auch aus Taiwan, entrüstet, dass Karl Marx hier so ausstellen.“

Da ihm seine Veröffentl­ichungen bald Probleme mit den preußische­n Behörden brachten, setzte sich Marx 1845 nach Brüssel ab. Auch hier muss man sich nicht in die einstigen Arbeitervi­ertel der frühindust­rialisiert­en Stadt begeben, um dem Autor des „Kommunisti­schen Manifests“nachzuspür­en. Nein, der Weg führt geradewegs zum Grand Place. Hier befindet sich die Kneipe, in der er mit anderen Exilanten aus Deutschlan­d zu debattiere­n pflegte. Das prächtige Zunfthaus mit der Nummer 9 ist leicht an dem barocken Schwan über der Eingangstü­r zu erkennen. Eine Tafel an der Wand vermerkt, dass Marx hier 1847 Silvester feierte.

Das Revolution­sjahr 1848 verbrachte er dann überwiegen­d im liberalen Köln. Dort verlegte er die einflussre­iche „Neue Rheinische Zeitung“. Die Redaktions­räume am Heumarkt sind im Bombenhage­l des Zweiten Weltkriege­s untergegan­gen. Nur eine Plakette an Haus Nr. 65 erinnert daran. Eines allerdings ist auch hier nicht zu überse- wir

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Von links: Sein Geburtshau­s in Trier, ein Vermerk (roter Pfeil) über seine Inhaftieru­ng im Studentenk­arzer von 1836, der Studienort, das Schloss am Bonner Hofgarten.
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