Es war einmal ein Spitzenspiel
Die Dortmunder zeigen eine erschreckende Vorstellung, während der FC Bayern brilliert. Abseits des Feldes geben die Münchner den Zeitplan für die Trainersuche bekannt
Jupp Heynckes ist ein wohlerzogener Mann. Wenn jemand am Boden liegt, tritt man ihn nicht. Im besten Falle reicht man die Hand und hilft dem Gestürzten wieder auf. Doch für diese Aufgabe sind im Falle von Borussia Dortmund andere zuständig. Heynckes jedenfalls wich der Frage aus, ob der 6:0-Sieg seiner Münchner gegen Dortmund denn nun der eigenen Stärke oder der Schwäche des BVB geschuldet war. Wahrheitsgemäß hätte er antworten können, dass sein Team schon recht beachtlich gespielt hatte, der Gegner aber auch wahnwitzige Fehler fabriziert habe. Heynckes aber redete lieber davon, wie wichtig und schwierig es sei, nach einer Länderspielpause wieder sofort den Rhythmus aufzunehmen.
Die Münchner stellten ein Gros der deutschen Nationalmannschaft und entsandten einen großen Teil des restlichen Kaders zu weiteren Auswahlteams. Die Dortmunder Mario Götze und André Schürrle wiederum durften in Dortmund mit ihrer Vereinsmannschaft üben und mussten nicht im Kreise der besten Spieler ihres Landes Partien gegen Spanien oder Brasilien absolvieren. Ihrem Rhythmus zuträglich war das allerdings nicht.
Ohne sich verausgaben zu müssen, führten die Münchner ihren Kontrahenten eine Halbzeit lang vor. Nach Treffern von Robert Lewandowski (5., 44.), James (14.), Thomas Müller (23.) und Franck Ribéry (45.+1) stand es zur Pause bereits 5:0. In der Schlussphase der Partie ließ Lewandowski seinen dritten Treffer folgen (87.) Der irrlichternde Auftritt seiner Mannschaft veranlasste Trainer Peter Stöger zu einer Grundsatzkritik an seinem Team. „Vielleicht ist es mal eine ganz gute Situation, dass man mal eine richtige Klatsche bekommen hat, dass man mal alle Steine umdreht. Dann muss man schauen: Wer kann das? Welche Stellen sind da entscheidend? An welchen Rädchen muss man drehen? Und das sind nicht nur Rädchen, sondern ein paar Räder meiner Meinung nach, wo man es angehen muss. Da gehört natürlich auch die Position des Trainers dazu, die wird dann auch irgendwann bewertet werden. Das ist auch gut so.“Der Coach stellt sich also selbst infrage. Er wird die Mannschaft wohl nicht über das Saisonende hinaus betreuen. Das hat er mit Heynckes gemeinsam. Bayerns Vorsitzender Karl-Heinz Rummenigge bestätigte vor der Partie, dass der Trainer tatsächlich am Ende der Saison aufhört. Der Zeitplan der Bosse sieht vor, den Nachfolger bis Ende April gefunden zu haben. Was die Suche für sie einschränkt: Er soll deutschsprachig sein.
In den kommenden Wochen wird sich weisen, ob der neue Trainer einen ein-, zwei- oder dreifachen Titelträger übernimmt. Die Meisterschaft soll kommende Woche mit einem Sieg in Augsburg perfekt gemacht werden.
In der Champions League steht heute das Hinspiel des Viertelfinals in Sevilla an (20.45 Uhr Sky und ZDF), das am Wochenende 2:2 gegen den FC Barcelona spielte, und in zwei Wochen kann sich die Mannschaft gegen Leverkusen für das PoBrackel kalfinale qualifizieren. Diesen Vorteil immerhin wird der kommende Dortmunder Trainer haben: Er wird keine Titel verteidigen müssen.
Ulreich – Rafinha, Boa teng, Hummels, Alaba (46. Kimmich) – Mar tínez – Robben, Müller, James Rodríguez (65. Thiago), Ribéry (69. Rudy) – Lewan dowski
Bürki – Piszczek, So kratis, Akanji, Schmelzer – Castro (29. Weigl), Dahoud – Götze (78. Sahin) – Pulisic (74. Philipp), Schürrle – Batshuayi 1:0 Lewandowski (5.), 2:0 James Rodriguez (14.), 3:0 Müller (23.), 4:0 Lewandowski (44.), 5:0 Ribéry (45.+1), 6:0 Lewandowski (87.) 75 000 Bastian Dankert (Rostock) Euro in die Kasse. Dass die Mannschaft trotz dieser Voraussetzungen mehr siecht als spielt, überrascht – ist aber erklärbar. Seit dem Bombenanschlag auf den Mannschaftsbus im vergangenen April reiht das Team eine mäßige Leistung an die nächste. Zudem fehlt es im Kader an Persönlichkeiten, an denen sich andere aufrichten können. Als Spielführer wechseln sich der zurückhaltende Marcel Schmelzer und der oft verletzte Reus ab.
Der Organismus des BVB ist so geschädigt, dass Selbstheilungskräfte nicht mehr wirken. Er benötigt Hilfe von Außen. Die Idee, mit Sammer und Kehl zwei meinungsstarke Ex-Borussen zu verpflichten, ist schlüssig. Mit Sammer gelang es dem FC Bayern beispielsweise, aus der Niederlage im Champions-League-Finale 2012 gestärkt hervorzugehen und im Folgejahr den Titel zu gewinnen. Kehl führte die Dortmunder in den Spielzeiten auf das Feld, die 2011 und 2012 mit der Meisterschaft endeten. Seitdem enteilten die Münchner den Dortmundern. Tiefpunkt ist die 0:6-Niederlage. Möglicherweise auch der Wendepunkt in der Entwicklung des BVB.