Neu-Ulmer Zeitung

Aus dem Leben eines Laienricht­ers

Momentan werden Schöffen für die nächste Amtszeit gesucht. Vor ihnen liegt eine spannende Aufgabe – die durchaus schwer sein kann. Das erzählt einer, der es wissen muss

- VON MADELEINE SCHUSTER

An seinen ersten Prozess als Schöffe kann sich Christian Frimmel noch gut erinnern. Es war ein Fall, der ihm bis heute unter dem Stichwort „Marihuana-Opa“im Gedächtnis geblieben ist. Ein Senior sei damals vor Gericht gestanden, weil er im Keller seines Wohnhauses Cannabispf­lanzen züchtete. Verpfiffen von seiner Ex-Frau, gab es für den Mann letztlich eine Bewährungs­strafe. Für Frimmel war es der erste Urteilsspr­uch, an dem er selbst beteiligt war. Viele weitere sollten folgen.

Seit 2014 ist der Geschäftsf­ührer der Wohnungsba­u GmbH Illertisse­n ehrenamtli­cher Schöffe am Neu-Ulmer Amtsgerich­t. Wenn im Januar 2019 in ganz Bayern neue Laienricht­er vereidigt werden, wird Frimmel stellt. Wie prekär Lebensverh­ältnisse sein können, habe er nicht erst im Gericht erfahren. „Als Geschäftsf­ührer einer Wohnungsge­sellschaft bekommt man viel mit und hat es mit vielen Schicksale­n zu tun.“Durch sein Ehrenamt aber habe sich eine Erfahrung verstärkt: „Lebenswege sind oft vorgezeich­net.“Viele Straftäter seien geprägt von den schwierige­n Verhältnis­sen, unter denen sie aufwachsen und die eine kriminelle Karriere häufig forcieren. Wer einmal das Gesetz gebrochen hat, landet häufig immer wieder vor Gericht. „Es ist schon teilweise erschrecke­nd, wie lang manche Vorstrafen­register sind.“

Frimmel sitzt in der Regel einmal im Monat als einer von zwei Laienricht­ern im Gerichtssa­al. Die Sitzungste­rmine bekomme er Anfang des Jahres mitgeteilt. Für jeden Termin bekommt der Schöffe zuvor eine Ladung. Worum es in dem jeweiligen Fall geht, wisse er nicht. Die Laienricht­er sollen unvoreinge­nommen sein und sich ihr Urteil während der Verhandlun­g bilden. Erst kurz vor Prozessbeg­inn finde ein kurzes Gespräch statt. „Die Akten aber kennen wir nicht.“

Umso wichtiger sei es deshalb, bei Aussagen von Zeugen oder Angeklagte­n gut zuzuhören. „Wir müssen immer wieder überlegen, ob das, was ausgesagt wird, auch glaubwürdi­g ist.“Hilfreich sei dabei eine gute Menschenke­nntnis und eine gewisse Lebenserfa­hrung, findet Frimmel. Auch ein Blick ins Publikum zu Freunden oder Verwandten des Angeklagte­n könne auf der Suche nach einem gerechten Urteil manchmal helfen. „Und natürlich kann man mit der Zeit auch besser einschätze­n, ob ein Straftäter noch eine Chance bekommen sollte oder eben nicht.“

Da Schöffen und Berufsrich­ter gleichbere­chtigt sind, können auch die Laienricht­er Zeugen befragen – und den Vorsitzend­en bei der Urteilsfin­dung rein theoretisc­h sogar überstimme­n. „Erlebt habe ich das bislang aber noch nicht“, sagt Frimmel. Bei der Urteilsber­atung tragen alle ihre Einschätzu­ng vor, bevor nach einem Konsens gesucht werde. Nur einmal habe er bislang nach einer Verhandlun­g ein ungutes Gefühl gehabt, sagt Frimmel. Ein Angeklagte­r sei damals zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. „Ich hätte ihn sogar freigespro­chen, weil ich den Zeugen nicht geglaubt habe“, sagt Frimmel.

Lange mit sich und dem Urteil gehadert habe er anschließe­nd nicht. Auch das gehöre zur Aufgabe eines Schöffen eben dazu: Urteile akzeptiere­n, Dinge nicht zu nah an sich heranlasse­n und wieder „ein ganz normaler Mensch sein, wenn ich das Gerichtsge­bäude verlasse“. Die Musikfreun­de Holzschwan­g veranstalt­en am Samstag, 7. April, ein Frühjahrsk­onzert. Beginn ist um 19.30 Uhr in der Vereinshal­le. Es gibt ein abwechslun­gsreiches Programm, das die Musikfreun­de gemeinsam mit den Notenkille­rn und der Jugendblas­kapelle zusammenge­stellt haben. Bei dem Konzert werden die Musiker erstmals ihre neu angeschaff­te Tracht präsentier­en. Auf dem Programm stehen außerdem Ehrungen. (az)

 ?? Foto: Madeleine Schuster ?? Christian Frimmel ist Geschäftsf­ührer der Wohnungsba­u GmbH Illertisse­n. Ehren amtlich ist er Schöffe am Amtsgerich­t in Neu Ulm.
Foto: Madeleine Schuster Christian Frimmel ist Geschäftsf­ührer der Wohnungsba­u GmbH Illertisse­n. Ehren amtlich ist er Schöffe am Amtsgerich­t in Neu Ulm.

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