Im Reich der Superhelden
In zehn Jahren hat Marvel-Chef Kevin Feige Comicfiguren in einem Film-Universum vereint – mit jetzt 19 Teilen. Denn morgen läuft „Avengers 3“an, Fortsetzung des erfolgreichsten Films im erfolgreichsten Genre. Und dann?
In „The Avengers 3: Infinity War“vereinen Sie nun alle Superhelden, die Sie in den letzten Jahren auf die Leinwand gebracht haben. Was kann danach noch kommen?
Tatsächlich feiern wir mit „Infinity War“das zehnjährige Bestehen der Marvel Studios, die 2008 mit „Iron Man“ihren ersten eigenen Film produziert hatten. Das kann ich noch gar nicht glauben, weil es sich für mich noch wie gestern anfühlt, dass es dazu kam und wir das Beste geben wollten, was möglich war. Vor zehn Jahren war es noch ein Traum, eines Tages „The Avengers“realisieren zu können.
Die Idee war, ein eigenes Filmuniversum aufzubauen, in dem alle MarvelHelden miteinander verstrickt werden. Mit welchem Konzept im Kopf haben Sie sich dieser Aufgabe gestellt?
Anfangs hatten wir nur Träume und Vorstellungen davon, wohin die Reise mal gehen könnte. An Spider-Man etwa war noch gar nicht zu denken, weil Sony die Filmrechte hat. Erst als sich eine Kooperation zwischen Sony und Marvel Studios ankündigte, überlegten wir, wie man Spider-Man in unser Universum integrieren könnte. Unser Spider-Man wurde 2016 im dritten „Captain America“-Film eingeführt bevor er ein Jahr später mit „Homecoming“seinen ersten eigenen Marvel-Film bekam. Bei „Infinity War“ist SpiderMan natürlich auch wieder dabei.
Infinity heißt übersetzt die Unendlichkeit. Lässt sich das auch auf das sogenannte Marvel Cinematic Universe (MCU) übertragen?
„Infinity War“ist der Abschluss einer Saga unserer ersten 22 Marvel-Filme. Mit der Fortsetzung von „Spider-Man: Homecoming“setzen wir schließlich den Startpunkt für das nächste MCU-Kapitel. Weshalb Spider-Man in „Infinity War“eine Schlüsselfigur ist. Was er hier zusammen mit den anderen Avengers erlebt, wird sein Leben drastisch verändern, und damit beginnt bei MCU eine neue Ära. (Anmerkung der Redaktion: 22 Filme werden es bereits sein, wenn in einem Jahr die jetzige „Avengers“Geschichte fertig erzählt wird – dazwischen laufen noch „Ant Man and the Wasp“un „Cap tain Marvel“.) Sie haben damit ein komplexes Universum geschaffen. Blicken Sie selbst noch durch, wie die Marvel-Filme miteinander verflochten sind und aufeinander aufbauen?
Für mich ist das wie eine zweite Natur geworden, die mich umgibt. Ich lebe nun schon so lange damit, dass ich wirklich behaupten kann, wir wissen, was wir tun. Die Wahrheit dahinter ist aber, dass wir jedes Mal einen eigenen in sich abgeschlossen Film drehen, der dem puren Entertainment dient. Das heißt also, man muss nicht alle Filme von Marvel gesehen haben, um sich gut unterhalten zu fühlen. Ich selbst bin ein großer Fan von „Game of Thrones“. Ich finde jede Folge extrem unterhaltsam, aber ich könnte jetzt nicht den Namen mindestens einer der Figuren aus der Serie nennen. Was dem Marvel-Universum jedoch noch fehlt, ist eine Superheldin wie „Wonder Woman“aus der DC-Comicwelt, die 2017 ihren eigenen Kinofilm bekam, der ein großer Erfolg wurde…
„Ant-Man and the Wasp“ist zumindest schon mal unser erster Film, in dem die Superheldin im Titel genannt wird. Dann folgt „Captain Marvel“mit Brie Larson als Carol Danvers alias Captain Marvel, die dann tatsächlich unsere erste Superheldin in einem eigenständigen Film ist. Dass „Wonder Woman“so gut ankam, ist großartig und wichtig, um mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass das Publikum womöglich gar kein Interesse an Superheldinnen hat. Wir bei Marvel haben daran nie geglaubt und könnten wir zehn Film pro Jahr realisieren, wäre es sicherlich früher passiert, in einem Film eine Super-
heldin in den Mittelpunkt zu stellen. Aber ich hoffe, dass nach „Captain Marvel“noch mehr Frauen kommen werden. Iron-Man, Thor und Captain America haben neben den „The Avengers“-Filmen sogar eigene Filmtrilogien bekommen. Ist das auch für alle anderen Marvel-Helden angedacht?
Wir schätzen uns glücklich, dass uns das mit Iron Man, Thor und Captain America gelungen ist, und gewiss steckt dahinter auch eine gewisse Tradition, solche Ikonen mit einer Trilogie zu würdigen. Aber das war nie der Plan, und ich persönlich bin da auch sehr abergläubisch, von Anfang an auf eine Trilogie hinzuarbeiten. Wenn es schon beim ersten Teil heißt „Wir haben tolle Ideen für den dritten Teil“, erwidere ich gern: „Lasst uns sie sofort nehmen und
nicht erst auf später verschieben. Denn einen dritten Teil wird es nicht geben.“(lacht) Befürchten Sie, dass das Publikum irgendwann müde wird, sich im Kino Comicverfilmungen anzusehen?
Meinen ersten Marvel-Film produzierte ich vor 18 Jahren mit „X-Men“und seit 16 Jahren wird mir immer wieder diese Frage gestellt. Meine Antwort bleibt die gleiche: Je einzigartiger, desto unterschiedlicher. Nur weil Comics die Vorlagen bilden, bedeutet das nicht, dass alles gleich ist. „Guardians of the Galaxy 2“ist ein komplett anderer Film als „Black Panther“. Und auch wenn nun alle zusammen in „Infinity War“auftreten, ist daraus wieder ein ganz anderer Film entstanden. Interview:
Markus Tschiedert/Ricore Text Ist nun nicht schon jeder Witz gemacht? Nicht schon jede satirische Zuspitzung übertroffen durch die Wirklichkeit? Wenn schon das Heer an US-Comedians klagt, dass ihnen nichts mehr zu Donald Trump einfällt… Was könnte ein ganzer Roman da noch liefern, das die seriöse Washington Post gleich schwärmen lässt: „Das ist gedruckte, eiskalte Rache“? Cover und Titel lassen einen ja nicht gerade zuversichtlich in das Buch des britischen Booker-Prize-Trägers Howard Jacobson starten: „Pussy“? Und ein Baby-Trump mit einer Barbie unterm Arm?
Tatsächlich hätte dieses Buch großartig werden können, wenn sich Jacobson diese DampfhammerSatire verkniffen hätte. Wenn er einfach seine Geschichte erzählt hätte von einem reich geborenen, zu Autismus neigenden Jungen, der in einem Prunkturm in der durch eine Mauer geschützten Republik „Urbs Ludus“(der Spiel-Stadt), inmitten seiner Wohlstandsvernachlässigung, gesellschaftlicher Dekadenz und digitaler Unterhaltungssucht weltfremde Allmachtsfantasien entwickelt. Wie er ohne jeden moralischen Kompass lernt, dass nicht nur Wahrheit, sondern auch Wirklichkeit eine Frage der Deutungshoheit ist; wie er sich zum Emporkömmling und Politiker stilisiert und tatsächlich noch für aberwitzigste Behauptungen gefeiert und dabei von Diktatoren als einer der Ihren erkannt wird. All das steckt in „Pussy“. Aber leider noch viel mehr, vor allem: billige, blöde Pointen. (ws)
Übs. J. Mass, Tro pen, 267 S., 16 ¤
Die Geschichte ist filmreif: Die einzige Tochter des mächtigsten Schweizers des 19. Jahrhunderts heiratet den Sohn eines Bundesrats, der mit ihrem Vater verfeindet ist. Dann verliebt sie sich in den Jugendfreund ihres Mannes, einen unberechenbaren Künstler, der ein Bild von ihr malen soll – und brennt mit ihm durch. Worauf er ins Gefängnis und sie in eine Anstalt gesteckt wird. Wenig später bringen sich beide um… Kein Roman, sondern die die wahre Liebesgeschichte von Lydia WeltiEscher (1858– 1891), (Tochter des Gotthard-Königs Alfred Escher), und Karl StaufferBern (1857–1891).
Lukas Hartmann, der vorzüglich Historisches in Romanform gießen kann, hat daraus einen Roman gemacht, in dem er die Tragödie aus der Sicht des Hausmädchens Marie Louise Gaugler erzählt. Auch dieses Mädchen gab es tatsächlich. Als 15-Jährige kam Luise in den herrschaftlichen Wohnsitz der Familie Welti-Escher. Die anfangs unbedarfte Luise wird zur engen Vertrauten der Millionenerbin. Auch Luise lernt die Liebe kennen, verzichtet aber aus Treue zu ihrer Arbeitgeberin lange Zeit auf deren Erfüllung.
Für Hartmann ist diese unschuldige Liebe eine Art Gegenentwurf zur „amour fou“der reichen Erbin und des extrovertierten Künstlers. Hartmann lässt Luise die Dreiecksgeschichte von Stauffer, Lydia und ihrem Mann Emil Welti mit viel Anteilnahme und wachsendem Verständnis erzählen. (li)
Diogenes, 357 S., 24 ¤