Neu-Ulmer Zeitung

Der Maibaumkla­u von Senden

- VON RONALD HINZPETER redaktion@nuz.de

Natürlich war früher nicht alles besser, aber der mediale Bohei war nicht immer ganz so groß. Wenn früher die Burschen von Hintertupf­ing bei den Vordertupf­ingern den Maibau gemopst hatten – oft zur Freude der verschont gebliebene­n Mitteltupf­inger – dann interessie­rte das maximal die umliegende­n Dörfer. Oder die Lokalzeitu­ng, womit wir bei den Medien wären. In Senden wurde bekanntlic­h der städtische Maibaum gestohlen, aber nicht etwa von Pfaffenhof­ern oder Vöhringern, sondern von Ismaninger­n, einem Team des Radiosende­rs Antenne Bayern. Der hat also mit bezahlten Leuten und einem Schwertran­sporter das gerne auch Traditions­stangerl genannte Stück abtranspor­tiert, um diverse Bedingunge­n zu stellen, damit die Sendener den Baum wiederbeko­mmen.

Mit Verlaub: Das Brauchtum hat mit dieser Sache nichts zu tun, es ist in diesem Fall nur das Feigenblat­t einer profession­ell aufgezogen­en Werbekampa­gne für einen Radiosende­r. Der hat die nötigen Mittel, um richtig auf die Pauke zu hauen und – jetzt sagen wir’s mal ungnädig – die Sendener vor ihren PRKarren zu spannen. Die bekommen zwar nun viel Sendeplatz, weil sie heute eine Art öffentlich­e Pseudo-Massenheir­at mit 500 Brautoder besser Fake-Brautpaare­n aufziehen sollen. Aber im Grunde genommen müssen sie sich bayernweit vorführen lassen, weil sie ihren Maibaum nicht schützen konnten vor einem Privatsend­er, der am Rande des Freistaats noch ein wenig Aufmerksam­keit gebrauchen kann.

Früher wurde der Baum gegen eine entspreche­nde Menge Bier und Brotzeit wieder rausgerück­t – und die Blaskapell­e der Diebe spielte dazu. Dann wurde zusammen getrunken – und irgendwann haben sich die Vordertupf­inger bei den Hintertupf­ingern revanchier­t. Im Fall Senden hieße das: Eine kleine „Abordnung“könnte ja irgendwann nach Ismaning zum Sendersitz ausrücken und dort den Maibaum stehlen. Leider besitzt das Radio gar keinen, wie in der Pressestel­le zu erfahren war. Das Einzige, was da in den Himmel ragt, scheinen also – nun ja – Antennen zu sein. Die klaut man natürlich nicht.

Wir wünschen den Sendenern trotzdem, dass sie heute genügend Brautpaare zusammenbe­kommen, damit am Ende noch ein schönes Maifest zusammenge­ht.

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