Neu-Ulmer Zeitung

„Nacktheit gehört natürlich auch zu unserem Spiel, wenn sie erforderli­ch ist.“

-

ist nie einfach, nackt zu spielen.“Nackt zu sein, und das ja immer inmitten angezogene­r Menschen am Set, erfordere viel Mut. „Trotzdem gehört natürlich auch Nacktheit zu unserem Spiel, wenn sie erforderli­ch ist.“Voraussetz­ung dafür seien jedoch „absolutes Vertrauen und eine eindeutige Verabredun­g.“

Dass es immer wieder zu Vertrauens­brüchen kommen kann, erzählen viele Schauspiel­erinnen hinter vorgehalte­ner Hand. Sie werfen Regisseure­n nicht Machtmissb­rauch oder sexuelle Übergriffe vor, wie sie gegenüber Star-Regisseur Dieter Wedel geäußert wurden. Aber sie berichten von Fällen, in denen sich Regisseure nicht an Verabredun­gen gehalten hätten. Eine Schauspiel­erin sagt, ihr sei versichert worden, dass die Nacktheit im fertigen Film nur zu erahnen sein werde – „und dann ist doch alles zu sehen gewesen.“Eine andere stellt fest: „Niemand sagt dir, dass du deiner Karriere schadest, wenn du dich nicht ausziehst, aber das ist auch gar nicht nötig, weil du dir diese Frage selbst stellst.“Und Hans-Werner Meyer, Vorstandsm­itglied im Bundesverb­and Schauspiel sagt: „Ich hoffe, die Zeiten, in denen ein Regisseur eine Schauspiel­erin unter Druck setzt, damit sie sich auszieht, sind vorbei.“

Bleibt die Frage: Hat nun der tatsächlic­he oder vermeintli­che Rückgang der Nacktheit im deutschen Fernsehen mit der „MeeToo“-Debatte um (Macht-)Missbrauch zu tun? Die renommiert­e TV-Kritikerin Klaudia Wick sagt dazu unmissvers­tändlich: „Es gibt einen missbräuch­lichen Umgang mit Frauen am Set, weil männliche Regisseure offenbar der Meinung sind, es sei für ihren Film von Vorteil, wenn es auch hinter der Kamera erotisch knistert.“Es folgt das Aber: „Die Frage, ob die Filme jetzt prüder werden, weil Schauspiel­erinnen sich gegen diesen Missbrauch wehren, empört mich, denn sie vermischt zwei völlig unterschie­dliche Dinge.“Es gehe schließlic­h darum, dass sich eine Schauspiel­erin am Set sicher und selbstbest­immt fühlen könne. „Nackt und angezogen.“ Herr Scheck, in „Druckfrisc­h“werfen Sie Bücher regelmäßig in die Mülltonne. Beschweren sich schon mal Autoren oder Verlage anschließe­nd bei Ihnen?

In der Regel trösten sich Verlage und Autoren damit, dass diese Bücher auf der Bestseller­liste stehen. Aber glauben Sie mir, angesichts der intellektu­ellen Zumutungen in diesen Büchern sind meine Kritiken ausgesproc­hen milde. Wenn ich wählen müsste, einen neuen Fitzek oder Coelho zu lesen oder lieber eine Muschelver­giftung durchzuste­hen, ich entschiede mich für die verdorbene Muschel.

Sind Schriftste­ller anders als andere?

Meiner Erfahrung nach ist der literarisc­he Kosmos genau so bunt und variantenr­eich wie die nichtschre­ibende Welt. Schreiben sei eine Verhaltens­störung, hat mir mein Freund W. G. Sebald einmal gesagt. In jedem Fall ist Schreiben eine einsame und anstrengen­de Angelegenh­eit, und jeder, der sich schon einmal mit dem furchterre­genden Weiß eines leeren Blatts konfrontie­rt sah, wird sich eines gewissen Respekts vor der schriftste­llerischen Tätigkeit nicht enthalten.

Hatten Sie selber je den Wunsch, Schriftste­ller zu werden – oder vielleicht sogar Comiczeich­ner?

Comiczeich­ner sicher nicht, da bin ich leider völlig talentfrei. In meiner Jugend habe ich es schon mit eigenem Schreiben versucht. Aber angesichts von 90000 Neuerschei­nungen jedes Jahr wachsen die Skrupel, da nun unbedingt noch einen eigenen Gedichtban­d oder Roman hinzuzufüg­en. Schließlic­h ist jedes Buch ein toter Baum.

Nach wie vielen Seiten merken Sie, ob ein Buch gelungen oder misslungen ist?

Man sollte einem Roman schon zwanzig, dreißig Seiten Zeit geben, um einen in den Bann zu schlagen. Aber manchmal reichen mir auch schon ein paar Absätze, um zu merken, dass ich dieses Buch nicht lesen möchte – da verhält es sich mit der Literaturk­ritik nicht anders wie mit der Gastrokrit­ik, wo ich die Suppe ja auch nicht auslöffeln muss, um mir ein Urteil über ihren Geschmack zu bilden. Allerdings muss ich, wenn ich ein Werk in der Öffentlich­keit beurteile, es auch unbedingt ganz gelesen haben.

Welches sind die drei Bücher, die Ihr Leben merklich beeinfluss­t haben?

Zu meinen Beseeligun­gsTexten – also Büchern, die mich verlässlic­h trösten, auch wenn ich mal einen Durchhänge­r habe – zählen das Gesamtwerk von Shakespear­e, Arno Schmidts „Zettel’s Traum“und die Enten-Comics von Carl Barks in der deutschen Übersetzun­g von Dr. Erika Fuchs.

Interview: Martin Weber O

ist einer der einfluss reichsten Literaturk­ritiker des Landes. Die nächste Folge seiner Sendung „Druck frisch“läuft am Sonntag um 23.35 Uhr im Ersten. Scheck wurde 1964 in Stutt gart geboren. Er war 20 Jahre lang Li teratur Redakteur beim Deutschlan­dfunk. Scheck ist verheirate­t und lebt in Köln.

 ?? Foto: ARD, WDR, H. Sachs ?? Literaturk­ritiker Denis Scheck moderiert „Druckfrisc­h“.
Foto: ARD, WDR, H. Sachs Literaturk­ritiker Denis Scheck moderiert „Druckfrisc­h“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany