Die Zigarette danach ist der Knackpunkt
Das Landgericht Ulm spricht einen Mann frei, der wegen des Vorwurfs der sexuellen Nötigung vor Gericht stand. Bei der Verhandlung bleiben viele Fragen offen
Kann man nach einer sexuellen Nötigung gemütlich mit dem Täter eine Zigarette auf seinem Balkon rauchen, dann nach Hause gehen und erst zwei Wochen später die Polizei informieren? Eigentlich nicht, sagte der Anwalt eines 35-jährigen psychisch kranken Arbeitslosen aus dem Alb-Donau-Kreis und forderte gestern nach zweitägiger Verhandlung vor dem Landgericht Ulm einen Freispruch. Kann man schon, sagte der Staatsanwalt und forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten.
Mehrere Stunden dauerte die Urteilsfindung in diesem komplizierten Prozess, bis das Gericht einen kompletten Freispruch aussprach – „aber zweiten Grades“, so ergänzte der Vorsitzende Richter das Urteil. Dass der Angeklagte vor einer Großen Strafkammer landete, war seiner kriminellen Vergangenheit geschuldet. Er ist zigfach vorbestraft. Auf dem Kerbholz hat er bisher Diebstahl, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und mehrfache Körperverletzungen. Die Opfer waren jedes Mal frühere Partnerinnen des Mannes. Kennengelernt hatten sich der Angeklagte und das vermeintliche Opfer dieses Falls in einer psychiatrischen Tagesklinik im Alb-DonauKreis. Was beide einte, war die Neigung zu Marihuana. Um darüber zu sprechen und einen Film gemeinsam anzuschauen, lud der Angeklagte die damals 18-jährige Mitpatientin drei Tage nach dem ersten Zusammentreffen im August 2014 in seine Wohnung ein. Was dort passiert sein soll, schilderte die Frau erst zwei Wochen später ihrem ExFreund, der wiederum ihre Mutter informierte. Die ging sofort zur Polizei.
Dort schilderte die Tochter schließlich, dass sie an einem Sommerabend im August gegen ihren Willen vergewaltigt und sexuell genötigt worden sei. Es kam zur Anklage, aber nach der Beweisaufnahme ließ der Staatsanwalt den Vorwurf der Vergewaltigung fallen – die Beweislage war zu dürftig. Es gab kaum schlüssige Hinweise auf eine solche Gewaltanwendung, doch das Betätscheln und die Berührungen im Intimbereich der damals 18-jährigen Frau wertete der Staatsanwalt weiterhin als sexuelle Nötigung.
„Er hat das Schlimmste angetan, was man mir antun kann“, klagte die heute 22-jährige Frau schluchzend im Zeugenstand vor dem Landgericht. Sie habe bei den Attacken an mehreren Orten in der Wohnung laut geschrien, sie wolle das nicht.
Auf ein ganzes Füllhorn von Unglaubwürdigkeiten und logischen Fehlern bei den Aussagen der 22-Jährigen wies der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung am Donnerstagnachmittag hin. Vor allem bei den sexuellen Belästigungen auf dem Balkon außerhalb der Wohnung hätte die junge Frau die Möglichkeit gehabt, über den Flur ins Freie zu fliehen, was sie aber nicht tat. Stattdessen habe sie gemeinsam mit dem vermeintlichen Täter eine Zigarette geraucht. Das Gericht war sich da einer Meinung mit dem Verteidiger des Angeklagten, dass das Bild der vorgeworfenen Taten sich keineswegs deutlich zusammenfüge.
Dass für die Frau an diesem Tag gewisse Grenzen überschritten worden seien, möge sein, doch ob das einen Straftatbestand erfüllte, zweifelte der Verteidiger an.
„Wir können keine konkreten Feststellungen aufgrund der Beweisaufnahme machen, was an diesem Augusttag 2014 wirklich passiert ist“, sagte der Vorsitzende Richter. Auf so einer Grundlage könne das Gericht nur ein Urteil fällen: „Freispruch, wenn auch nur zweiten Grades“.
Schlechte Nachrichten für die Regio-S-Bahn Donau-Iller: Das baden-württembergische Verkehrsministerium sieht auf den Bahnstrecken zwischen Ulm und Heidenheim sowie zwischen Ulm und Sigmaringen lediglich langfristigen Bedarf für eine Elektrifizierung. Das geht aus einem Konzept hervor, das das Ministerium vor Kurzem veröffentlicht hat. Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch, der auch Vorsitzender des Vereins Regio-S-Bahn ist, hat sich nun in einer Mitteilung Kritik zu dieser Entscheidung geäußert.
„Auch wenn wir in der Kooperationsvereinbarung mit dem Land zur Umsetzung des Projekts RegioS-Bahn an erster Stelle eine Angebotsverbesserung auf der Schiene festgeschrieben haben, heißt das nicht, dass wir auf eine Elektrifizierung der Bahnstrecken in der Region damit verzichten wollen“, so Czisch. Die Brenzbahn und die Donaubahn rangieren im Elektrifizierungskonzept des Landes weit hinten. Abstimmungsgespräche hierzu habe es vor der Veröffentlichung des Konzepts nicht gegeben, bemängelt Czisch.
Kritik kommt auch von Oliver Dümmler, dem Geschäftsführer der Regio-S-Bahn. Er erinnert daran, dass das Land in den vergangenen Jahren mehrere Studien zur Elektrifizierung und zu Antriebstechniken auf der Schiene vornehmen ließ. Die Brenzbahn nach Heidenheim hätte eine Chance bieten können, die Erkenntnisse umzusetzen, betont Dümmler. (mase) Am Montag, 30. April, und am Mittwoch, 2. Mai, wird der Westringtunnel gereinigt. Um die Arbeiten mit dem dafür notwendigen Spezialfahrzeug durchführen zu können, wird jeweils eine Fahrspur der zu reinigenden Tunnelröhre gesperrt. Die Arbeiten werden tagsüber zwischen 9 und 15 Uhr, also außerhalb der Hauptverkehrszeit, durchgeführt, um die Verkehrsbeeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten. (az)