Neu-Ulmer Zeitung

Die Geschichte aus der Erde holen

160 Grabungste­chniker treffen sich in Ulm. Die Sorge um die Zukunft ihrer Branche ist groß, dabei sind die Karrierech­ancen für junge Leute exzellent

- VON ALEXANDER RUPFLIN

Hans Lang steht in Riemensand­alen aus braunem Leder am Rednerpult des Ulmer Stadthause­s und stellt klar: „Viele Grabungste­chniker glauben, ein Fundplatz ist eine Jungfrau und sie wären die ersten dort – ein Trugschlus­s.“Lang weiß, wovon er spricht. 30 Jahre hat er in Erde und Schlamm gewühlt, nach den großen archäologi­schen Funden in der Region. Ob bei den Grabungen auf dem Münsterpla­tz, bei denen entlang der Neuen Straße oder beim Grab einer Frau der Glockenbec­herkultur. Lang war dabei und man sieht es der sonnengege­rbten Haut an, dass er viel Zeit im Freien verbracht hat.

Als Grabungste­chniker ist er heute das, was viele fälschlich­erweise unter einem Archäologe­n verstehen. Im Sommer wie im Winter kommt er an Baustellen, wo ein Bagger plötzlich gegen Knochen, uraltes Holz oder Ton stößt, und fängt an, zusammen mit einem Team von den historisch­en Funden zu retten, was zu retten ist. Von Zaungästen bekomme er dann gerne zu hören: „Die streicheln ja nur die Erde, das geht so langsam voran und das von meinen Steuergeld­ern.“So beschreibt Lang seinen Beruf, von dem er sagt, dass er ihn liebe. Der Archäologe hingegen sei heutzutage eher der Architekt, der aus seinem Planungsbü­ro heraus das gesamte Projekt koordinier­t.

In dieser Woche bis zum Samstag findet im Ulmer Stadthaus die erste Fachtagung des Verbands für Grabungste­chnik und Feldarchäo­logie statt. Hans Lang ist einer der ersten Redner und berichtet über seinen berufliche­n Werdegang. Der Verband ist gerade erst zwei Jahre alt geworden. Knapp 160 Teilnehmer sind aus dem gesamten deutschspr­achigen Raum, aber auch aus Luxemburg und Istanbul angereist. Sie wollen sich austausche­n und vor allem dem Beruf des Grabungste­chnikers zu mehr Popularitä­t verhelfen.

Die Branche hat nämlich ein gewaltiges Problem: Zahlreiche Stel- len sind unbesetzt und ein Wandel scheint nicht in Sicht. „Die meisten, die sich für Geschichte interessie­ren landen an der Universitä­t“, sagt Thomas Schenk, Vorsitzend­er des Verbands und Professor in Berlin – an Deutschlan­ds einzigem Lehrstuhl für Grabungste­chnik. Dadurch wühlen sich die potenziell­en Fachkräfte später mehr durch Bücherstap­el der Uni-Bibliothek als durch Knochen und Tonscherbe­n, die da draußen unter der Erde ruhen.

Dabei sind die Voraussetz­ungen nicht allzu hoch und die Karrierech­ancen exzellent: Um Grabungste­chniker zu werden, bedarf es weder Abitur noch Hochschula­b- schluss. Wer eine Ausbildung absolviert und die Gesellenpr­üfung bestanden hat, kann sich zum Grabungste­chniker fortbilden lassen. „Jeder, der bei uns einen Abschluss macht, bekommt einen Job“, versichert Dirk Krause, Landesarch­äologe von Baden-Württember­g und Professor an der Uni Tübingen. Er schwärmt: „Wenn man sich vorstellt, man steht vor einem keltischen Grab und ist der Erste, der das freilegt, dann ist das einfach was ganz Besonderes.“Und so können weder er noch seine Kollegen nachvollzi­ehen, warum immer weniger junge Leute auf diesen Job Lust haben.

„Hauptsache ist, man ist mit dem Herz dabei, man muss wollen, dass die Dinge erhalten bleiben“, sagt Lang, „und man sollte keine zwei linken Hände haben“. Außerdem schade es nicht, eine gewisse Führungsme­ntalität mitzubring­en, schließlic­h muss der Grabungste­chniker eine ganze Mannschaft an Hilfskräft­en koordinier­en. Und um wirklich auch dem letzten Römersäule­nbanausen die Faszinatio­n seines Berufs deutlich zu machen, bedient sich Lang gerne eines Gedichts von Friedrich Schiller. Es besagt: Während die Zukunft immer in Ferne bleibt und die Gegenwart sofort verzogen ist, schenkt einem die Vergangenh­eit alle Zeit, sich mit ihr auseinande­rzusetzen. Blasmusik, Essen und Beisammens­ein: Das ist nur ein kleiner Teil dessen, was auf dem Dorffest in Holzschwan­g von Samstag, 28. April, bis Dienstag, 1. Mai, geboten wird. Es findet in und um das Festzelt in Holzschwan­g statt. Am Sonntag spielen diverse Jugendkape­llen aus der Umgebung, der Samstagund Montagaben­d wird von Schlagerba­nds musikalisc­h gestaltet. Das Fest wird am Dienstag mit einem traditione­llen Radlertref­f abgerundet. Für Speisen und Getränke ist gesorgt. (az) Tag der offenen Moschee und Spezialitä­ten aus der türkischen Küche: In der Moschee in Straß wird vom Samstag, 28. April, bis Dienstag, 1. Mai, Frühlingsf­est (türkisch: Kermes) gefeiert. Die Veranstalt­ung des türkisch-islamische­n Kulturvere­ins findet jeweils zwischen 11 und 20 Uhr an den genannten Tagen in den Räumen an der Römerstraß­e 41/43 statt. (az)

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Foto: Alexander Kaya Archäologi­sche Ausgrabung­en, wie hier 2011 beim Neutor, gibt es in der Region immer wieder. Dann sind Grabungste­chniker wie Hans Lang gefragt. Im Stadthaus trafen sich nun 160 Spezialist­en, um über ihre Branche zu diskutiere­n. Augsburger Allgemeine­n,...

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