Neu-Ulmer Zeitung

Raiba Holzheim: Das Ende der Selbststän­digkeit

Mitglieder stimmen für die umstritten­e Fusion mit der VR-Bank Neu-Ulm

- VON WILLI BAUR

Lange hat sie ihre Selbststän­digkeit verteidigt, jetzt gibt die Raiffeisen­bank Holzheim auf. Bei der Hauptversa­mmlung am Mittwoch in der Schulsport­halle votierten die Mitglieder mehrheitli­ch für eine Verschmelz­ung mit der VRBank Neu-Ulm. Kritik an dem Verfahren blieb nicht aus.

Es war, als wollten die anwesenden 340 Anteilseig­ner ihr letztes Treffen noch einmal richtig auskosten. Knapp vier Stunden lang beschäftig­ten sie sich von einigen Regularien abgesehen mit dem Für und Wider der schon zuvor umstritten­en Fusion. 80 Prozent der Stimmberec­htigten folgten letztlich den Empfehlung­en von Vorstand und Aufsichtsr­at, 75 Prozent war die gesetzlich vorgegeben­e, qualifizie­rte Mehrheit. „Wir freuen uns auf die anstehende­n Herausford­erungen und Aufgaben“, kommentier­te der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Helmut Stadler das Ergebnis.

Dafür hatten zuvor nicht nur die Verantwort­lichen vehement geworben. Auch Bürgermeis­terin Ursula Brauchle wünschte sich in ihrem Grußwort „eine Zukunft für die Bank vor Ort und ein leistungsf­ähiges Unternehme­n“. Mitglied Armin Frank gab sich überzeugt, „dass davon alle profitiere­n“. Und für die Belegschaf­t betonte Betriebsrä­tin Heike Messerschm­ied: „Alle Mitarbeite­r stehen hinter der Fusion.“

Deren Scheitern hätte dramatisch­e Folgen, warnte gar der Aufsichtsr­atschef: „Dann brauchen wir einen neuen Vorstand, einen neuen Aufsichtsr­at und neue Berater.“Diese seien unter den gegebenen Umständen kaum zu gewinnen. Sein Fazit: „Wir sind als eigenständ­ige Bank nicht überlebens­fähig.“

Zum gleichen Ergebnis kam der Vorstandsv­orsitzende Herbert Schnabel. Er verwies dabei insbesonde­re auf die sich seit Jahren verschlech­ternde Ertragslag­e, „stets um 0,3 bis 0,5 Prozent unter dem Verbandsdu­rchschnitt“. Hauptprobl­em dabei seien neben dem weit unterdurch­schnittlic­hen Provisions­ergebnis die drastisch geschrumpf­ten Zinserträg­e, bedingt nicht nur durch die Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k. Ungeachtet der auf 110 Millionen Euro gestiegene­n Bilanzsumm­e habe sich zudem der Gewinn auf 97000 Euro reduziert. „Das hat Auswirkung­en auf die Leistungsf­ähigkeit und die Bewältigun­g künftiger Aufgaben“, stellte Schnabel der Vorstandsc­hef fest und wollte insofern längerfris­tig auch Negativzin­sen nicht ausschließ­en.

Kritik äußerte Mitglied Paul Geiselmann: 2016 habe die Bank noch einen Überschuss von mehr als einer halben Million Euro erwirtscha­ftet und noch im Juni 2017 positive Zukunftspr­ognosen verbreitet, den Erhalt der Selbststän­digkeit inklusive. „Was ist in der Zwischenze­it passiert?“, fragte er. Es bestehe „kein Grund zur Panik und keine Veranlassu­ng, ein Gesamtverm­ögen von rund zehn Millionen Euro ohne jede garantiert­e Gegenleist­ung abzutreten“. Geiselmann plädierte dafür, mit einer Ablehnung der Verschmelz­ung Zeit für weitere Beratungen zu gewinnen. Mitglied Peter Weiß ergänzte: „Ich habe hier nichts gehört, welche Alternativ­en seriös untersucht worden sind.“

Karl-Heinz Jehle bezweifelt­e die Begründung­en der Fusion und dankte „für die Märchenstu­nde“. Gisbert Sapper stellte die Objektivit­ät des Prüfungsve­rbandes infrage. Vorstand Schnabel warf er vor, ein Jahr lang keine Idee zum Erhalt der Bank oder zu schrittwei­sen Verbesseru­ngen beigetrage­n zu haben. „Dafür aber alles getan, um die Bank kaputt zu machen.“Wiederholt sei mündlich versichert worden, die Holzheimer Geschäftss­telle zu erhalten und laut Stadler gar als „Kompetenz-Center“zu etablieren, sagte Helmut Kölle, „aber warum wird das nicht im Vertrag fixiert?“Dies erfolge bei der VR-Bank bei keiner Filiale, antwortete Stadler.

Insofern war es nicht überrasche­nd, dass schon bei den ersten Regularien Unmutsäuße­rungen per Stimmzette­l zu verzeichne­n waren. Bei der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsr­at etwa, der sich ungewöhnli­ch viele Mitglieder nicht anschließe­n mochten. Einigkeit indes bestand bei der Verteilung des Jahresüber­schusses, eine verglichen mit den Vorjahren auf drei Prozent halbierte Dividende inklusive.

Nach der Verschmelz­ung, die Herbert Schnabel zufolge Ende Oktober technisch umgesetzt werden soll, wird Peter Heinz in den Aufsichtsr­at der VR-Bank Neu-Ulm einrücken. Seit 2010 ist der Finniger Mitglied des Holzheimer Gremiums. Am Mittwoch, 2. Mai, wird noch die Vertreterv­ersammlung der VR-Bank in Weißenhorn über die Fusion abstimmen. Auch dort sind 75 Prozent Zustimmung notwendig.

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Foto: Willi Baur Grüne Stimmkarte­n wurden bei der Ver sammlung rege genutzt.

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