Neu-Ulmer Zeitung

Die Feiertags Weltmeiste­r

Kambodscha­ner haben 28 Tage pro Jahr frei. Dazu kommen noch die Urlaubstag­e. Die Wirtschaft des Landes ist davon gar nicht begeistert

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Als Kambodscha­ner kann man mit den Deutschen eigentlich nur Mitleid haben. Zumindest, wenn es um die Zahl der gesetzlich­en Feiertage geht. Egal, ob Berlin oder Hamburg mit gerade einmal neun Tagen, NordrheinW­estfalen oder Rheinland-Pfalz mit ihren elf oder Bayern mit immerhin 14 Feiertagen (Augsburg sogar mit 15) – aus kambodscha­nischer Sicht ist das allenfalls Grund für ein freundlich­es Lächeln. Dort sind es 28 Feiertage. Damit hält das südostasia­tische Königreich mit Abstand den Weltrekord an Feiertagen. Nur Sri Lanka (25) sowie Indien und Kasachstan (jeweils 21) können einigermaß­en mithalten.

Eben erst kam noch ein Tag hinzu: In diesem Jahr müssen die mehr als 15 Millionen Kambodscha­ner erstmals auch am 20. Mai nicht arbeiten. Mit dem neuen „Nationalen Tag der Erinnerung“wird der Millionen Opfer des mörderisch­en Re- gimes der Roten Khmer in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre gedacht. Den neuen Feiertag führte Premiermin­ister Hun Sen kurzerhand per Dekret ein – ein Mann, der Kambodscha schon seit mehr als 30 Jahren mit harter Hand regiert.

Ende Juli stehen wieder Wahlen an. Am Ausgang gibt es keinen Zweifel. Die Opposition wird nach Meinung vieler gnadenlos unterdrück­t. Aber schaden kann ein zusätzlich­er Feiertag bei den Wählern natürlich nicht. Der Politikexp­erte Meas Nee sagt: „Ich denke, das geschieht eher aus politische­n Gründen.“Aber auch bislang schon hatte Kambodscha an Feiertagen genug, was mit der Geschichte sowie der merkwürdig­en Mischung aus Sozialismu­s, Buddhismus und Königstreu­e zusammenhä­ngt, die dem Land zu eigen ist.

97 Prozent der Bevölkerun­g sind buddhistis­chen Glaubens, was mehrere religiöse freie Tage bringt. Die Familie von König Norodom Sihamoni hat zwar nicht viel zu sagen, wird aber sehr verehrt. Sein Geburtstag ist arbeitsfre­i, ebenso der Geburtstag seiner Mutter, der Todestag seines Vaters und auch der Tag seiner Krönung.

Darüber hinaus gibt es Feiertage zur Erinnerung an die Unabhängig­keit von Frankreich, das Ende des Roten-Khmer-Regimes, die Unterzeich­nung der Verfassung und die Unterzeich­nung der Friedensve­rträge von Paris 1991. Arbeitsfre­i sind auch der Tag der Arbeit (1. Mai), der Frauentag (8. März), der Kindertag (1. Juni) und der Tag der Menschenre­chte (10. Dezember).

Es gibt aber auch Kritik – etwa vonseiten der Wirtschaft. Die Unternehme­rin Sayon Din, die in Phnom Penh eine Seidenhand­lung betreibt, sagt etwa: „In manchen Monaten habe ich nicht einmal 20 Tage geöffnet und muss trotzdem für einen ganzen Monat Miete und Gehalt bezahlen.“Die Feiertage bedeuten nach Meinung von Experten auch einen Standortna­chteil im internatio­nalen Wettbewerb, vor allem für die Textilindu­strie. „In der Textilindu­strie ist die Produktivi­tät geringer als in vergleichb­aren Ländern“, heißt es.

Tendenziel­l führen Feiertage tatsächlic­h zu höheren Lohnkosten und niedrigere­n Gewinnen. Mit einem Bruttoinla­ndsprodukt von aktuell 1078 US-Dollar pro Kopf liegt Kambodscha internatio­nal nur auf Platz 131, was natürlich aber auch viele andere Gründe hat.

Zudem liegt das monatliche Durchschni­ttsgehalt in Phnom Penh gerade einmal bei umgerechne­t etwa 280 Euro, in der Provinz noch deutlich niedriger. Und: Jahresurla­ub hat ein normaler Arbeiter oder Beamter lediglich 18 Tage. Als Deutscher kann man da mit den Kambodscha­nern eigentlich nur Mitleid haben. Manche Leute lassen sich ja nicht helfen – auch wenn sie erhebliche gesundheit­liche Probleme haben. Schauspiel­erin Nadja Uhl („Tannbach“) war da vernünftig­er. Sie hat mit Hilfe von Freunden und spirituell­en Menschen ihr Leben noch rechtzeiti­g vor einem Burnout in den Griff bekommen, wie sie sagte. Vor einigen Jahren hatte sie festgestel­lt, dass sie kürzer treten muss. „Ich habe mich gefühlt wie ein Rennpferd, das zu immer neuen Höchstleis­tungen getrieben wird.“Ein guter Freund sagte ihr dann: „Es wird Zeit, dass du das Rennpferd mal eine Weile auf die Weide stellst“, sagte die 45-Jährige der Bunten. „Ich bin ihm heute noch dankbar dafür.“Deshalb habe sie sich gezielt Dinge gesucht, die ihr und ihrer Familie gut tun. Zudem habe sie ihr Leben „mit Hilfe von spirituell­en Menschen behutsam geändert, ohne in Dogmatismu­s zu verfallen. Ich wollte nicht immer nur meine Fehler sehen und irgendwelc­he fremden Erwartunge­n erfüllen, sondern mich auf meine Stärken besinnen.“Und: „Wenn ich mich selbst ins Gleichgewi­cht bringen möchte, gehe ich in die Natur.“

Der Duisburger ExOberbürg­ermeister Adolf Sauerland (CDU) behauptet, an etwaigen Fehlern bei der Genehmigun­g der Loveparade 2010 nicht beteiligt gewesen zu sein: „Aktiv in dem Genehmigun­gsprozess war ich nicht“, sagte der 62-Jährige als Zeuge im Prozess um die Loveparade-Katastroph­e mit 21 Toten und hunderten Verletzten vor dem Duisburger Landgerich­t. „Ich musste keine Genehmigun­g erteilen oder vorbereite­n.“Richter Mario Plein aber kritisiert­e den Ex-OB.

Sauerland sagte, er habe seinerzeit die Idee, sich um die Loveparade zu bewerben, in den Stadtrat eingebrach­t. Er habe das Projekt dann in Gang gebracht, sei danach aber außen vor gewesen. „Das war dann Sache der Fachlichke­it.“Probleme in der Planungsph­ase seien von den Dezernente­n geklärt worden. Über die Genehmigun­g der Loveparade eine Woche vor dem Großereign­is sei er dann per SMS in seinem Urlaub in den Bergen informiert worden.

In einem Punkt sei er doch aktiv geworden: Der damalige Duisburger Polizeiprä­sident habe zuvor geäußert, dass die Loveparade in Duisburg undurchfüh­rbar sei. Er habe daraufhin die Verwaltung gebeten, dessen Bedenken zu prüfen, sagte Sauerland. Er gehe davon aus, dass dies geschehen sei, konkret wisse er davon aber nichts.

Richter Mario Plein äußerte sein Unverständ­nis über so wenig Detailkenn­tnis des Stadtoberh­aupts: „Wir reden hier ja nicht über den Flohmarkt in Duisburg-Marxloh. Wir reden über die Loveparade. Das ist schwer nachvollzi­ehbar.“Doch Sauerland beharrte darauf: „Letztlich war die Frage, ob die Veranstalt­ung genehmigun­gsfähig ist oder nicht. Die Genehmigun­gen sind da, wo die fachlich zuständige­n Leute sitzen, ergangen.“Die Staatsanwa­ltschaft wirft sechs Mitarbeite­rn der Stadt Duisburg und vier Beschäftig­ten des Veranstalt­ers unter anderem fahrlässig­e Tötung vor.

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Foto: Heng Sinith, ap, dpa Kambodscha ist das Land mit den weltweit meisten Feiertagen. Da bleibt den Menschen etwa Zeit, die Tauben vor dem Königspala­st zu füttern.
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Adolf Sauerland
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Nadja Uhl

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