CSU riskiert den Bruch mit Merkel
Setzt Innenminister Horst Seehofer seinen „Masterplan“im Alleingang durch?
Die CSU ist vier Monate vor der Landtagswahl offenbar fest entschlossen, im Streit über die Flüchtlingspolitik auch den offenen Bruch mit Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel zu riskieren. „Wir gehen auf maximale Konfrontation“, sagte ein Mitglied des CSU-Vorstands im Gespräch mit unserer Zeitung. Entweder es gelinge in den nächsten Tagen mit Unterstützung aus der CDU, Merkel dazu zu bewegen, auf den Kurs von Innenminister Horst Seehofer einzuschwenken, oder es komme in Berlin zum ganz großen Krach. Seehofer habe als Bundesinnenminister die Kompetenz, die umstrittene Zurückweisung von Flüchtlingen anzuordnen. Merkel blieben dann nur zwei Möglichkeiten zu reagieren: Sie könnte das akzeptieren oder Seehofer als Minister entlassen. Im ersten Fall wäre ihre Autorität irreparabel beschädigt. Im zweiten Fall wäre die Große Koalition am Ende.
Am Mittwochabend trafen sich Merkel, Seehofer, der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sowie der hessische Regierungschef Volker Bouffier und Kanzleramtsminister Helge Braun (beide CDU) im Kanzleramt zu Beratungen für einen Kompromiss. Über das Ergebnis wurde vorläufiges Stillschweigen vereinbart. Voraussichtlich am Donnerstagvormittag soll entschieden werden, ob noch im Laufe des Tages oder erst am Freitag eine Sondersitzung der Unionsfraktion einberufen wird.
Vor dem Treffen im Kanzleramt war der Ton im Streit um Seehofers „Masterplan Integration“noch einmal deutlich rauer geworden. „Wer hier falsch abbiegt, versündigt sich an unserem Land“, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume. Thomas Kreuzer, der Chef der Landtagsfraktion, betonte im Gespräch mit unserer Zeitung: „Ich halte es für unabdingbar, an der Grenze all jene zurückzuweisen, die keinerlei Aussicht auf Anerkennung als Flüchtling haben.“Sogar über einen Alleingang Seehofers wird in der Union spekuliert. Aus Sicht der CSU hat die Kanzlerin keine Möglichkeit, ihm im Rahmen ihrer Richtlinienkompetenz in den Arm zu fallen. So sagte der stellvertretende Fraktionschef Georg Nüßlein (CSU) gegenüber unserer Zeitung: „Diese Entscheidung fällt in die Ressortverantwortung des Innenministers. Auf ihm lastet in der Migrationspolitik eine enorme Verantwortung. Deshalb muss die Kanzlerin ihn gewähren lassen.“Die CSU werde von dieser Position nicht abweichen, betonte Nüßlein, er gehe davon aus, dass die Kanzlerin einlenken werde. Sie lehnt die Zurückweisung an den Grenzen bisher ab, weil sie das Thema auf europäischer Ebene lösen will. Viele in der Union vermuten auch, dass es ihr um etwas ganz Grundsätzliches geht: Zurückweisungen könnten wie das Eingeständnis wirken, dass ihre Flüchtlingspolitik seit 2015 gescheitert sei.
Zwar fordert auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) im Gespräch mit unserer Zeitung eine europäische Lösung, was den Schutz der Außengrenzen und die Bekämpfung von Fluchtursachen angeht. Darüber bestehe aber völlige Einigkeit mit Seehofer, so Müller. „In der Frage der möglichen Zurückweisung von bereits registrierten Flüchtlingen an den deutschen Grenzen stehe ich eindeutig im Feld von Horst Seehofer.“Auch in den eigenen Reihen gerät die CDU-Vorsitzende Merkel stärker unter Druck. Der CDU-Abgeordnete Axel Fischer etwa fordert, Merkel müsse schnellstens auf die Linie von Seehofer einschwenken: „Wer ein gemeinsames europäisches Handeln fordert, muss beweisen, dass er auch national handlungsfähig ist.“
Wie groß der Verdruss in der CSU über den Kurs der Kanzlerin ist, lesen Sie in einer Reportage auf der
Im Zusammenhang mit dem Diesel-Skandal hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen den VW-Konzern ein Bußgeld in Höhe von einer Milliarde Euro erlassen. „Volkswagen akzeptiert das Bußgeld und bekennt sich damit zu seiner Verantwortung“, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Die Geldbuße setzt sich danach aus dem gesetzlichen Höchstmaß von fünf Millionen Euro sowie einer Abschöpfung der wirtschaftlichen Vorteile von 995 Millionen Euro zusammen.
Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sei es zu „Aufsichtspflichtverletzungen in der Abteilung Aggregate-Entwicklung“gekommen, heißt es in der Mitteilung. Diese seien „mitursächlich“dafür, dass in den Jahren 2007 bis 2015 insgesamt 10,7 Millionen Dieselfahrzeuge mit einer unzulässigen Software zur Abgasmessung beworben und verkauft worden seien. Der Autobauer kündigte an, gegen die Geldbuße keine Rechtsmittel einlegen zu wollen: „Volkswagen geht davon aus, dass die Beendigung dieses Verfahrens auch erhebliche positive Auswirkungen auf weitere in Europa gegen die Volkswagen AG und ihre Konzerngesellschaften geführte behördliche Verfahren haben wird.“(AZ) Immer weniger Menschen in Deutschland spenden Blut – doch der Bedarf ist groß. Geld für Spenden zu bezahlen, könnte eine Lösung sein – davon aber sind nicht alle begeistert.