Leitartikel
Die Fußball-WM in Russland verdeutlicht, dass Athleten immer auch politische Akteure sind – ob sie das wollen oder nicht. Und das ist auch gut so
Immerhin in diesem Punkt herrscht mittlerweile Einigkeit. Sport und Politik lassen sich nicht getrennt voneinander betrachten. Über Jahrzehnte hinweg machten es sich Sportler bequem mit ihrem Selbstverständnis, einzig und allein Athlet zu sein, und ignorierten zumindest öffentlich die politischen Verhältnisse, in denen sie liefen, sprangen, spielten.
Während der Fußball-WM 1978 in Argentinien wurden politische Gegner von der Militärjunta gefangen, gefoltert und ermordet. Die Reaktion der deutschen Spieler und Funktionäre: Man wolle sich auf den Sport konzentrieren und überdies habe man keinen Gefangenen gesehen. Das Erschreckende daran: Sie kamen damit durch. Auf der Gegenseite hielt sich die Politik die Sportler als nützliches Vehikel zur Öffentlichkeitsarbeit. Hier ein Besuch bei der Nationalmannschaft, da mal eine Europameisterschaft ausgerichtet – kommt immer gut an. Sport und Politik aber solle man doch bitte nicht vermengen.
Diese Zeiten sind vorbei. Der Sport ist politisch und lernt langsam, dieser Verantwortung gerecht zu werden.
Am heutigen Donnerstag beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland. Dass Großveranstaltungen in Ländern ausgetragen werden, die nach unseren Verhältnissen politisch eher schlecht beleumundet sind, ist nichts Neues. Die besten Wintersportler der Welt kamen schon in Sotschi zu den Olympischen Spielen zusammen, im Sommer traf man sich unter den fünf Ringen in Peking.
Die Argumente, die für eine Vergabe an von Autokraten regierte Länder sprechen, laufen auch jetzt wieder ins Leere. Nein, an der Menschenrechtssituation wird sich nichts ändern, weil fünf Wochen lang der Fokus der Weltöffentlichkeit auf Russland gerichtet ist. Das war 1978 in Argentinien nicht der Fall, das war er nicht in Sotschi und in Peking ebenso wenig.
Was sich aber geändert hat, ist der Umgang der Sportler mit dem Umfeld, in dem sie sich bewegen. Ein deutscher Nationalspieler sollte zum einen ein außergewöhnlich guter Fußballer sein. Auf der anderen Seite repräsentiert er auch sein Land. Wenn auch ungewollt, so ist er immer Botschafter Deutschlands. Es ist keine Rolle, die sich die 23 Männer ausgesucht haben, die Bundestrainer Joachim Löw für das Turnier nominiert hat. Und dennoch darf und muss von ihnen erwartet werden, Stellung zu beziehen. Deutschland entsendet keine kickenden Politik-Aktivisten, aber ein Einstehen für selbstverständliche Werte wie Meinungsfreiheit ist das Mindeste.
Dass ausgerechnet in diesem Zusammenhang die beiden Spieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan mehr als nur unangenehm aufgefallen sind, ist bitter. Sie ließen sich mit Recep Tayyip Erdogan fotografieren und so für den Wahlkampf in der Türkei einspannen. Die Rechtfertigungen der beiden reichte vielen Fans nicht. Sie pfiffen laut beim letzten Testspiel vor der WM. Ob eine derartig heftige Reaktion gerechtfertigt ist, steht im Mittelpunkt mancher Diskussion. Es ist eine gute Diskussion. Weil sie möglich ist. Anders als in Russland oder der Türkei. Hätten dort Nationalspieler für das Staatsoberhaupt eines nicht wohlgelittenen Landes geworben: Sie wären nicht ausgepfiffen worden. Es wäre nicht diskutiert worden. Sie hätten einfach nicht gespielt. Andererseits wäre sicher auch Manuel Neuer ausgepfiffen worden, hätte er sich beispielsweise mit Alexander Gauland fotografieren lassen. Der lautstarken Kritik an Özil und Gündogan kollektiv rassistische Gründe zu unterstellen, ist daher falsch.
Fans und Spieler sind sensibilisiert. Die Politik ist Teil des Spiels. Es ist ein Spiel, das schwierig zu gewinnen ist. Zu verlieren allerdings ist es ganz leicht: indem man sich nicht daran beteiligt. Das zeigt so deutlich wie noch nie die Weltmeisterschaft in Russland. Zu „Der Pferdefreund“(Bayern) vom 12. Juni: Das Beispiel, dass Polizeipferde allein durch ihre Präsenz Einbrüche verhindern würden, ist einfach lächerlich! Die Augsburger Puppenkiste bildet den Lokomotivführer Jim Knopf auch nicht zum Piloten aus! Dass Polizeihunde hervorragende Fahndungseigenschaften haben und immer wieder mal Einbrecher verfolgen und auch stellen, ist jedem Kind spätestens seit Kommissar Rex bekannt. Kommissar Fury hab ich aber noch nie gehört! Schließlich sind Pferde nur für ganz spezielle und besondere Einsatzlagen geeignet und speziell bei Nacht nur äußerst schwierig einsetzbar. Da stellt sich eindeutig die Frage, wer unseren Ministerpräsidenten zu Notwendigkeiten bei der Polizei in Bayern berät? Oder ist das alles einem populistischen Wahlkampf geschuldet?
Augsburg Kriminalhauptkommissar a. D. Zu „Von der Willkommens zur Wutkultur“(Seite 1) vom 11. Juni: Diese erschütternden und unsagbar traurig machenden Morde wie im Fall Susanna haben nicht in erster Linie mit Angela Merkels Politik zu tun: Anwälte stoppen seit längerem schon die Ausweisung von straffällig gewordenen Flüchtlingen – wie auch im jüngsten Fall. Diese Anwälte sind die eigentlichen Gestalter unserer Flüchtlingspolitik in Bezug auf Abschiebung, weil es ums Geschäft geht. Wo Moral zugunsten von Geschäft zurückgedrängt wird, da sollte der Staat einen Riegel schnellstmöglich vorschieben. Winkelzüge und Tricks der Anwälte ziehen die Verfahren ins Endlose und werden wohl noch länger so traurige Folgen nach sich ziehen wie den Mord an der unschuldigen Susanna. Dabei fängt das Wort Anwalt doch genauso an wie das Wort Anstand.
Aitrang Zur Randbemerkung „Das Verhalten der Fans war unanständig“von Tilmann Mehl (Sport) vom 11. Juni: Nein, es geht nicht um lapidare „gesellschaftliche Standards“(was soll das sein?), die von zwei Nationalspielern bei ihrem unsäglichen Foto mit „ihrem“Präsidenten missachtet wurden. Es geht um massive Menschenrechtsverletzungen im Namen dieses Präsidenten! Für den Fototermin nutzten die Spieler ihr Recht auf Meinungsfreiheit, so wie die Fans im Stadion mit ihren Pfiffen. Beides muss eine Demokratie aushalten. Das unterscheidet uns von Autokratien und Diktaturen. Genau für diese Meinungsfreiheit gingen und gehen Menschen weltweit ins Gefängnis oder werden anderweitig mundtot gemacht. Sollten wir da unsere Freiheiten so einfach „verspielen“?
Augsburg Zu „Nur Straßburg kann Beamten noch Streikrecht bringen“(Politik) vom 13.6.: Endlich hat ein Gericht der am meisten privilegierten Bevölkerungsgruppe dieses Landes gesagt: bis hierher und nicht weiter. Das ist Labsal auf meine Seele, auf die Seele eines Normalos. Das Gericht stellte fest, nach Anstellung auf Lebenszeit und Alimentationsrecht (ganz zu schweigen von der Krankenversorgung) kann es kein weiteres Rosinenpicken, nämlich das Streikrecht, geben. Es ist so schön.
Bobingen Zum Titel Thema „Wege aus der Verkehrsfalle“vom 9. Juni: In dem Blick auf die Mobilität von morgen vermisse ich den Erdgasantrieb als emissionsarme und kostengünstige Alternative. Immerhin fahren sämtliche städtischen Busse in Augsburg mit Erdgas. Und seit einiger Zeit tue ich es auch! Bioerdgas als Kraftstoff verwertet bei der Herstellung Grünabfälle, ist sehr emissionsarm und zudem günstiger als Benzin und Diesel. Tankstellen gibt’s auch. Allein in Augsburg und Umgebung sieben. Ein Elektroauto verschlingt bei der Produktion seltene Erden und im Betrieb Strom, der bis heute zu zwei Dritteln aus Kohle und Atom produziert wird. Elektromobilität heute und morgen: Ökologische Augenwischerei!
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