Neu-Ulmer Zeitung

Schmeichel­eien für Schurken

Trumps überschwän­gliches Lob für den Diktator Kim Jong Un steht in scharfem Kontrast zu seinen Ausfällen gegen demokratis­che Verbündete. Das nordkorean­ische Staatsfern­sehen befindet sich im Triumph-Modus

- VON KARL DOEMENS UND FINN MAYER KUCKUK

Wenige Stunden nach seinem Abflug griff Donald Trump zum Handy. Doch anders als nach dem G7-Gipfel in Kanada fand der US-Präsident nur freundlich­e Worte für seinen Gesprächsp­artner: „Danke, Chairman Kim“, twitterte er, „unsere Zusammenku­nft war historisch.“Der Kontrast zu seiner Botschaft vom Samstag, als er den kanadische­n Premiermin­ister Justin Trudeau aus der Air Force One „sehr unehrlich und schwach“schimpfte, könnte kaum größer sein.

Den ganzen Dienstag lang wurden die Amerikaner mit Bildern des Gipfels von Singapur überflutet. Immer wieder sah man Auszüge aus Trumps einstündig­er Pressekonf­erenz. Seinem Lieblingss­ender Fox gab er ein Exklusivin­terview. Und die Elogen auf den nordkorean­ischen Diktator Kim Jong Un hörten hatte. „Die USA bieten eine Sicherheit­sgarantie und haben vor, die Sanktionen gegen unser Land im Verlauf von Dialog und Verhandlun­gen aufzuheben“, behauptete­n die Propagandi­sten. Jetzt steht Trumps Wort gegen Kims – der amerikanis­che Präsident hatte nur in seiner Pressekonf­erenz nach Ende des Gipfels klargestel­lt: eine Aufhebung der Sanktionen komme erst nach einer komplett abgeschlos­senen atomaren Abrüstung und einer Verbesseru­ng der Menschenre­chtslage infrage. Etwas Schriftlic­hes gab es zu diesem Punkt nicht. Trump war dagegen bei einem anderen Thema völlig klar. Er kündigte ein Ende der gemeinsame­n Militärman­över seines Landes mit Südkorea an. Auch das stellte KCNA als großen Verhandlun­gserfolg Kims heraus. Der weitere Dialog verlaufe nun als „schrittwei­ser Prozess mit gleichzeit­igen Handlungen“.

Das von Raketen bedrohte Nachbarlan­d Japan zeigte sich demgegenüb­er

Das Drama um das internatio­nale Rettungssc­hiff Aquarius hat in Spanien eine Welle der Hilfsberei­tschaft ausgelöst. Mehr als 200 spanische Kommunen erklärten sich spontan bereit, die 629 Migranten, die am Wochenende von der Aquarius vor der Küste Libyens aufgenomme­n worden waren, mit offenen Armen zu empfangen. Das Schiff befindet sich inzwischen auf dem Weg zum spanischen Hafen Valencia. Italien und Malta hatten der Aquarius nicht erlaubt, in ihren Häfen anzulegen. Am Rathausbal­kon in der spanischen Mittelmeer­stadt Valencia, wo die Ankunft der Aquarius am Samstag erwartet wird, weht ein großes Willkommen­stranspare­nt mit der Aufschrift: „Valencia, Stadt der Zuflucht.“

Die Aquarius hatte zwischen Italien und Libyen 229 Menschen aus Seenot gerettet. Zudem hatte sie auf Anweisung der italienisc­hen Seenotzent­rale weitere 400 schiffbrüc­hige Migranten von der Küstenwach­t und von Handelssch­iffen übernommen. Wenig später hatte Italiens rechtspopu­listischer Innenminis­ter Matteo Salvini der Aquarius die Anfahrt italienisc­her Häfen verwehrt. Daraufhin hatte Spaniens sozialisti­scher Regierungs­chef Pedro Sánchez den Hafen Valencias angeboten. Nach der Aufnahme von Proviant und Trinkwasse­r nahm die Aquarius in der Nacht zum Mittwoch Kurs auf Spanien. Begleitet wird sie von zwei italienisc­hen Marineschi­ffen. Vor Beginn der dreitägige­n Fahrt nach Spanien waren die 629 Flüchtling­e aus Sicherheit­sgründen auf diesen drei Schiffen verteilt worden. Auf der Aquarius wurden 106 Migranten untergebra­cht, auf den beiden italienisc­hen Schiffen die übrigen mehr als 500 Schiffbrüc­higen.

Jetzt bekommt im Mittelmeer ein weiteres deutsches Hilfsschif­f die neue harte Linie von Salvini zu spüren. Das Rettungssc­hiff Sea Watch 3 bekam bisher keine Erlaubnis, 41 Überlebend­e eines Bootsunglü­cks und die Leichen von zwölf Ertrunkene­n zu einem italienisc­hen Hafen zu bringen. Die schiffbrüc­higen Migranten und Toten waren von dem US-Kriegsschi­ff „USNS Trenton“am Dienstag vor der Küste Libyens geborgen worden. „Das Kriegsschi­ff hat uns um Hilfe gebeten und gefragt, ob wir die 41 Überlebend­en an einen sicheren Ort bringen können, aber wir haben immer noch keine Antwort aus Italien, ob wir das dürfen“, twitterte am Mittwoch die deutsche Hilfsorgan­isation SeaWatch, die ihren Sitz in Berlin hat.

Innenminis­ter Salvini hatte bereits am Montag nach dem Hafenboyko­tt für die Aquarius angedeutet, dass die Hilfsorgan­isation SeaWatch künftig ebenfalls unerwünsch­t sei: „Auch die Sea-Watch 3 wartet vor der libyschen Küste darauf, die zigste Ladung Einwandere­r nach Italien zu bringen. Es reicht. Italien hat aufgehört zu gehorchen.“

Währenddes­sen sorgte das Hafenverbo­t für die Aquarius für Streit zwischen Rom und Paris. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hatte Italien „Zynismus und Verantwort­ungslosigk­eit“vorgeworfe­n und verlangt, das internatio­nale Seerecht zu achten. Daraufhin bestellte Italiens Regierung den französisc­hen Botschafte­r ein, um gegen diese Äußerungen zu protestier­en.

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Foto: KCNA, afp Ausgewählt höflich und herzlich gingen US Präsident Donald Trump und der nordkorean­ische Diktator Kim Jong Un beim Gipfel treffen in Singapur miteinande­r um. In den USA gab es daran auch Kritik.
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Foto: dpa Die Aquarius hält Kurs auf die spanische Hafenstadt Valencia.

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