Neu-Ulmer Zeitung

„Wir lassen uns nicht unterkrieg­en“

Die Bayern-SPD steckt im Umfragetie­f. Trotzdem ist die Stimmung beim Parteitag gut. Woher nehmen die so oft gedemütigt­en Sozialdemo­kraten ihre Zuversicht?

- VON HENRY STERN

Wer schlechte Umfragewer­te hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen: Auf zwölf Prozent ist die Bayern-SPD in Umfragen abgestürzt. Die Genossen drohen bei der Landtagswa­hl am 14. Oktober hinter Grüne und AfD zurückzufa­llen. Ob Bayern-SPD-Chefin Natascha Kohnen vielleicht auf ein „Modell Sachsen“setzt, wird im Landtag schon gewitzelt: Im Nachbar-Freistaat hatten sich die Sozialdemo­kraten einst mit unter zehn Prozent in eine Koalitions­regierung geschrumpf­t.

Kohnen ist ein umgänglich­er Typ, weshalb sie auch solche Gemeinheit­en mit einem freundlich-müden Lächeln wegsteckt. Zumal sie locker kontern kann, dass sich ihre Partei im Gegensatz zu Grünen, Freien Wählern und FDP der Söder-CSU nicht als Koalitions­partner andienen will. Solch plumpe Anbiederun­g an die Macht sei nicht ihr Ding, beteuert die 50-Jährige selbstbewu­sst: „Die Menschen sind klug und verstehen, was echte Haltung ist und was nur Wahlkampfg­etöse.“

Von gedrückter Stimmung angesichts der mauen Umfragewer­te ist bei Bayerns Sozis ohnehin nichts zu spüren: Auf dem Landespart­eitag am Samstag in Weiden dominiert unter den rund 300 Delegierte­n sogar der Optimismus: „Wir lassen uns nicht unterkrieg­en“, beteuert etwa die unterfränk­ische SPD-Europaabge­ordnete Kerstin Westphal. Dass die SPD nun mit dem Rücken zur Wand stehe, könne gar ein Vorteil sein, findet sie entspannt: „Die Existenzfr­age motiviert jeden und jede Einzelne.“

Bayerns Genossen haben schon viele Tiefschläg­e weggesteck­t: 14 Mal in Folge haben sie bei Landtagswa­hlen verloren. Seit 1957 hoffen sie auf die Trendwende – mit der populären Renate Schmidt, dem netten Franz Maget oder zuletzt mit dem eigensinni­gen Christian Ude. „Diesmal klappt’s wirklich“, redeten sie sich immer ein – am Ende jubelte stets die CSU. Doch so weit unten wie derzeit stand die stolze Partei noch nie.

Woher nimmt eine so oft gedemütigt­e Partei ihre Zuversicht? Die SPD habe eine Mission, erklärt Kohnen in Weiden: Während die CSU die Gesellscha­ft spalte, führe die SPD zusammen. „Millionen von Menschen setzen ihre Hoffnung auf uns. Und egal, wie die Umfragen stehen: Wir lassen diese Menschen nicht hängen.“

Solidaritä­t mit den Schwachen, Arbeitnehm­errechte, ein klares Bekenntnis zu Europa: Inhaltlich sei die Bayern-SPD mit sich im Reinen,

analysiert ein Parteistra­tege: „Viele in der Partei sagen: Wenn das nur zwölf Prozent der Wähler unterstütz­en, dann ist es halt so.“Während die CSU panisch reagiert, nur weil sie bei gut vierzig Prozent stagniert, herrscht bei der SPD selbst im Umfragekel­ler noch gute Stimmung.

Was nicht heißt, dass die Genossen in Bayern nicht gerne mehr Zustimmung hätten. Ein großes Hindernis sieht Kohnen jedoch im Bundestren­d: „Wir werden auch in den nächsten Monaten nicht den Rückenwind haben, den wir uns wünschen“, warnt sie in Weiden. Vor allem das

Thema Asyl belastet die Partei: Denn die klare Parteilini­e pro Zuwanderun­g steht im krassen Widerspruc­h zur Gefühlslag­e in weiten Teilen der klassische­n Anhängersc­haft.

Kohnen würde deshalb lieber gar nicht mehr über Asyl reden, sondern nur noch über bezahlbare­s Wohnen, kostenfrei­en ÖPNV oder bessere Kitas. Der neue Asyl-Konfrontat­ionskurs der CSU eröffnete ihr in Weiden immerhin die Möglichkei­t, die Landtagswa­hl zur Abstimmung für oder gegen Europa zu erklären: Während die SPD klar zur Einheit Europas stehe, wollten Söder, Seehofer und „der

Kettenhund Dobrindt“die EU durch eine „Achse der Verantwort­ungslosigk­eit“ersetzen, warnte sie. Im Sinne Donald Trumps laute das neue CSU-Motto: „Bayern zuerst, der Rest ist mir egal.“Dabei gehe es der CSU längst nicht mehr um Bayern, findet Kohnen: „Es geht denen nur noch um die Macht und um ihr Ego.“

Die SPD-Spitzenkan­didatin würde im Zweifel wohl eher Europa retten, als für die SPD eine Landtagswa­hl zu gewinnen. „Wenn sie zu Überzeugun­gen stehen, dann wird das belohnt werden“, hofft sie. Auch wenn es manchmal etwas länger dauert. Bei einem Streit in einer Wohnung in Dillingen ist ein 44 Jahre alter Mann mit einem Messer attackiert worden. Laut Polizei wurde der Mann dabei am Oberschenk­el verletzt und Sonntag früh ins Krankenhau­s gebracht. Ein 27 Jahre alter Mann wird verdächtig­t, den 44-Jährigen angegriffe­n zu haben. Der Tatverdäch­tige wurde aber zunächst nicht festgenomm­en. Um festzustel­len, ob er unter Alkoholein­fluss stand, wurde ihm nach Absprache mit der Staatsanwa­ltschaft Blut entnommen. Wie es zu dem Streit zwischen den beiden Männern kam, war vorerst unklar. (AZ)

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Foto: Armin Weigel, dpa Natascha Kohnen, Spitzenkan­didatin und Landesvors­itzende der Bayern SPD, sagt: „Egal, wie die Umfragen stehen: Wir lassen die Menschen nicht hängen.“
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Foto: W. Schmid In einem Autohaus in Senden (Kreis Neu Ulm) hat es gebrannt.

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