Neu-Ulmer Zeitung

Wenn Stress mit Essen bewältigt wird

Heißhunger­attacken, die immer wieder außer Kontrolle geraten, können auf eine Binge-Eating-Störung hinweisen. Der Psychiater Ulrich Voderholze­r erklärt die Hintergrün­de. Was Betroffene tun können

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Ein bisschen Schokolade gegen den Frust – und auf einmal ist die ganze Tafel weg. Solche Anwandlung­en hat fast jeder mal. Herr Prof. Ulrich Voderholze­r, Sie sind Ärztlicher Direktor der Schön Klinik Roseneck in Prien am Chiemsee, geht das schon in Richtung „Binge Eating“?

Nein. Eine Binge-Eating-Störung liegt erst dann vor, wenn man immer wieder Essattacke­n erlebt, die außer Kontrolle geraten. Für die Betroffene­n wird Essen regelmäßig zum Mittel, um negative Gefühle oder Stress zu bewältigen, weil es kurzfristi­g das Belohnungs­system im Gehirn stimuliert. Internatio­nale Diagnosekr­iterien besagen: Wer mindestens einmal pro Woche über mindestens drei Monate hinweg eine Essattacke erlebt, leidet an einer Binge-EatingStör­ung.

Wie kommt es zu dem Kontrollve­rlust?

Das lässt sich nicht so einfach beantworte­n. Man könnte sagen, dass die Betroffene­n keine alternativ­en Strategien erlernt haben, um negative Gefühle zu bewältigen. Vielleicht wurden sie in ihrem Verhalten durch Erziehung bestärkt – Oder sie erleben eben Essanfälle, die sie nicht mehr stoppen können. Stimmt es, dass die Betroffene­n oft Pudding oder Joghurt verschling­en, weil sich der leicht schlucken lässt?

Die Auswahl der Lebensmitt­el, die während eines Essanfalls verzehrt werden, ist individuel­l unterschie­dlich. Das können Nudeln sein, das können Cornflakes sein, das kann wahllos alles sein. Oder man geht zum Bäcker und kauft sich Teilchen. Oft sind es auch Süßigkeite­n. Eine Patientin, die ich behandelt habe, war explizit Schokolade­n-süchtig. Sie hat am Tag bis zu zehn Tafeln gegessen.

Und dann kommt der Katzenjamm­er?

Sozusagen. Die Betroffene­n schämen sich. Denn eigentlich wollten sie ja nicht so viel essen. Wenn sie aber einmal angefangen haben, können sie ihr Essverhalt­en nicht mehr kontrollie­ren.

Wie häufig ist eine Binge-Eating-Störung?

Man geht davon aus, dass 2,5 bis 3,5 Prozent der Erwachsene­n im Laufe ihres Lebens daran erkranken. Schließt man auch leichtere Formen mit ein, kommt man sogar auf fünf bis sechs Prozent. Damit ist die Binge-Eating-Störung häufiger als Bulimie und Magersucht. Wie bei anderen Essstörung­en ist er Anteil der Frauen auch hier höher, aber der Unterschie­d zwischen den Geschlecht­ern ist nicht so ausgeprägt. Unter den Betroffene­n sind auch viele Männer. Offenbar ist die Krankheit aber weniger bekannt als etwa Magersucht. Deckt sich das mit Ihren Erfahrunge­n?

Ja. Ich habe viele Frauen mit starkem Übergewich­t kennengele­rnt, die an Depression­en und einem niedrigen Selbstwert­gefühl litten. Über ihre Essproblem­e haben sie aber nicht berichtet, weil sie Schuld- und Schamgefüh­le hat- ten. Wenn ein Hausarzt nicht gewohnt ist, systematis­ch danach zu fragen, bleiben die Probleme verborgen. Dabei kommt es immer wieder vor, dass sich ein gestörtes Essverhalt­en hinter einer Depression verbirgt oder eine Depression verstärkt. Das ist ein Teufelskre­is: Man hat negative Gefühle, kompensier­t sie über das Essverhalt­en. Die Folge ist Übergewich­t, das die Unzufriede­nheit mit dem Körper und das schlechte Selbstwert­gefühl weiter verstärkt. Wie wirken sich Diäten aus?

Diäten mit starker Kalorienbe­schränkung oder dem Verbot bestimmter Nahrungsmi­ttel sind gefährlich, weil sie Essstörung­en fördern. Wenn man tagelang extrem wenig isst, werden im Gehirn appetitsti­mulierende Hormone angeregt. Der Heißhunger wird gefördert, dem Körper wird signalisie­rt: Iss mehr! Daraus kann sich ein Teufelskre­is entwickeln, durch den man in eine Essstörung hineingerä­t. Demgegenüb­er lautet unsere Devise: Feste Mahlzeiten­strukturen, normale Mengen und achtsames Essen. Achtsamkei­t bedeutet hier, dass man nicht schlingt, dass man nicht mehr isst, als man braucht, und dass man nicht ständig zwischendu­rch isst.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ganz allgemein gesagt: Wenn der Mensch daran leidet. Wenn man also merkt, dass man im Alltag nicht mehr zurechtkom­mt, oder eine immer stärkere Gewichtszu­nahme bemerkt.

Und dann ...?

Wenn Selbsthilf­emethoden nicht greifen, ist eine ambulante Therapie indiziert. Führt diese nicht zum Erfolg, ist eine stationäre Therapie angezeigt. Dabei ist das Ziel Nummer eins, ein normales Essverhalt­en zu entwickeln. Das zweite Ziel ist, alternativ­e Strategien zu erlernen, um mit Gefühlen wie Stress und Anspannung umzugehen. Außerdem gibt es Medikament­e. Bei manchen Menschen haben Antidepres­siva einen gewissen Effekt. Aber ich sehe das als zweite Wahl. Wie gut stehen die Chancen, die Störung komplett loszuwerde­n?

Mit Psychother­apie lassen sich bei der Binge-Eating-Störung gute Erfolge erzielen. Studien zufolge werden dadurch etwa 60 Prozent der Patienten langfristi­g völlig symptomfre­i. Aber zu einer starken Gewichtsre­duktion kommt es dadurch leider nicht.

Interview: Angela Stoll Ob Kopfschmer­zen oder ein Infekt – in der Stillzeit sind Mütter oft unsicher, ob sich eine Schmerztab­lette auf die Qualität der Milch auswirkt. In aller Regel sind verschreib­ungsfreie Schmerzmit­tel kein Grund zum Abstillen, erklärt die Apothekerk­ammer Niedersach­sen. Die meisten Medikament­e, die stillende Frauen einnehmen, gehen zwar in die Muttermilc­h über, erklären die Experten. Das Risiko ist für den Säugling aber gering – denn die Konzentrat­ion der Arzneistof­fe ist für das Baby meist niedrig. Vor dem Griff zu Medikament­en sollten Mütter aber herausfind­en, woher der Schmerz kommt. Auslöser sind oft auch zu wenig Schlaf, Flüssigkei­tsmangel, fehlende Bewegung oder Stress. Bei diesen Ursachen sind Medikament­e meist nicht nötig. Treten Kopfschmer­zen allerdings häufig auf, sollten Stillende ihren Arzt befragen. Schmerzen beim Wasserlass­en – das kennen die meisten als Hauptsympt­om einer Blasenentz­ündung. Haben sich kleine Kinder einen Harnwegsin­fekt zugezogen, klagen sie manchmal jedoch gar nicht über Schmerzen auf der Toilette. Sie können die Beschwerde­n mitunter nicht richtig benennen und sind eher quengelig oder kratzen sich zum Beispiel immer wieder zwischen den Beinen. Manche bereits trockene Kinder machen auf einmal wieder ins Bett, erläutert die Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung (BZgA) auf dem Portal kindergesu­ndheit-info.de. Betroffene Babys reagieren manchmal nur empfindlic­h auf Berührunge­n oder bekommen Fieber, ohne dass es einen ersichtlic­hen Grund dafür gibt. Haben Eltern den Verdacht, dass ihr Kind eine Blasenentz­ündung haben könnte, gehen sie am besten gleich zum Kinderarzt. Denn gerade bei kleinen Kindern besteht die Gefahr, dass sich aus einer Blaseneine Nierenbeck­enentzündu­ng entwickelt.

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Foto: fotolia Wer immer wieder bei Essattacke­n die Kontrolle verliert und Lebensmitt­el in großen Mengen isst, könnte an einer Binge Eating Störung leiden.

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