„Zu viel Spektakel“
Nach den vielen Ausfällen auf den harten Bergetappen kritisiert Andre Greipel die Tour-Bosse für die extreme Streckenwahl. Der Sprinter ist selbst erstmals ausgestiegen
Bourg d’Oisans Bei dem Zwangsabschied von der Tour de France verzichtete André Greipel auf polternde Anklagen, rang sich ein Lächeln ab und wurde dennoch deutlich. Einen Tag nach seiner Aufgabe auf dem beschwerlichen Weg nach L’Alpe d’Huez kritisierte der Sprinter die Bosse der Tour für eine Streckenwahl der Extreme. Erst die Kopfsteinpflaster-Schinderei nach Roubaix, dann nach nur einem Ruhetag drei knüppelharte Bergetappen – das schafften Greipel und gleich vier seiner Sprinterkollegen nicht. „Das hat alles viel mit Spektakel zu tun. Für mich ist dieses Spektakel einfach zu viel gewesen in diesem Jahr“, resümierte der elfmalige Tour-Tagessieger.
Um Sekunden kämpfende Radprofis mit verzerrten Gesichtszügen auf steilen Bergrampen, flankiert von ekstatischen Fan und alles eingebettet in ein spektakuläres Naturpanorama: Solche Bilder und Szenen wollen die Organisatoren der Tour de France produzieren. Dass Fahrer aufgeben, ist normal. Fünf der besten Sprinter mit insgesamt 60 TourEtappensiegen waren am Mittwoch und Donnerstag aber ein noch nie gesehener Verschleiß. Neben Greipel (11 Etappensiege) hatte es auch Landsmann Marcel Kittel (14), den Briten Mark Cavendish (30), Dylan Groenewegen aus den Niederlanden (3) und den Kolumbianer Fernando Gaviria (2) erwischt. „Ist es richtig, dass der Kampf um den Tages- oder Gesamtsieg so erschöpfend ist wie überhaupt rechtzeitig das Ziel zu erreichen?“, fragte Greipels treuer Helfer Marcel Sieberg, der ebenfalls aufgeben musste. Auch Kittels Sprint-Adjutant Rick Zabel stieg vorzeitig aus und will von der Tour in der nächsten Zeit erst mal nichts mehr wissen. Rolf Aldag kann die Aufregung um die Route nicht ganz nachvollziehen, und das obwohl er als Sportlicher Leiter beim südafrikanischen Team Dimension Data in Cavendish seinen Kapitän verlor. „Die Strecke ist seit Oktober bekannt und die Team hatten bis Juli die Möglichkeit, die richtige Mannschaft aufzustellen“, sagte der ExProfi. Er weiß aber auch: „Der Parcours ist für die ASO auch eine Testphase für die Zukunft.“
● Sagan vorne Peter Sagan hat die gestrige 13. Etappe in Valence gewonnen und seinen dritten Tagessieg gefeiert. Der dreimalige Weltmeister aus der Slowakei verwies im Sprint nach 169,5 Kilometern den Norweger Alexander Kristoff auf Rang zwei, John Degenkolb wurde Vierter. Sagan, Kapitän des Borahansgrohe-Teams und Träger des Grünen Trikots, konnte damit seinen Vorsprung in der Punktwertung ausbauen. Der Waliser Geraint Thomas vom Sky-Team verteidigte sein Gelbes Trikot vor seinem britischen Teamkollegen Christopher Froome und 1:50 Minuten vor dem Niederländer Tom Dumoulin aus der Sunweb-Mannschaft.