Harte Zeit mit einer neuen Perspektive
Nach vier langen Kriegsjahren war die Wirtschaft am Boden. Zwar war die Lage am Arbeitsmarkt eigentlich gut – zur damaligen Zeit konnte man beinahe von Vollbeschäftigung sprechen. Allerdings reichte auch ein regelmäßiges Einkommen in den meisten Fällen nicht aus, um eine Familie zu versorgen. Männer verdienten im Juli
1918 im Durchschnitt 10,26 Mark am Tag, bei Frauen waren es 5,41 Mark.
Aber die Inflation hat Preise für Lebensmittel in horrende Höhen getrieben. Ein Polizeibericht aus Berlin gibt darüber Aufschluss – auf dem Schwarzmarkt kostete ein Pfund Butter 24 Mark, ein einzelnes Ei 1,50 Mark. In ganz Deutschland wurde außerdem das Fleisch rationiert – und im Juli 1918 wurden diese Rationen gekürzt. Statt 250 Gramm bekam jeder Bürger nur noch rund 190 Gramm Fleisch pro Woche.
Die Nahrungsmittelknappheit ging auf die Gesundheit der Menschen. Die litten ohnehin schon unter dem Ausbruch der spanischen Grippe. Im Juli 1918 waren die Todeszahlen nach wie vor hoch, ein durch Mangelernährung geschwächtes Immunsystem war daher ein zusätzliches Risiko.
Von der schwierigen wirtschaftlichen Lage konnten zumindest die Frauen in Teilen profitieren. Obwohl der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen im Jahr 1918 immer noch gewaltig war, haben sich die Löhne im Lauf des Krieges angeglichen. Männer verdienten seit Kriegsbeginn 112 Prozent mehr, bei Frauen lag die Steigerung hingegen bei 138 Prozent. Das hat mehrere Gründe – zum einen brauchte die Industrie während des Krieges viele Arbeitskräfte – gerade die Rüstungsindustrie konnte auf weibliche Arbeiter nicht mehr verzichten. Außerdem war ein großer Teil der Männer an der Front – was für Frauen den Arbeitsmarkt in sämtlichen Sparten geöffnet hat.
Allerdings sahen Politiker diese Entwicklung kritisch. Sie sprachen sich dafür aus, dass die Frauen nach der Rückkehr der Männer ihre Jobs wieder aufgeben. (cgal)