Die vogelwilde Sause
Tausende zelebrieren bei 19 Grad Wassertemperatur das Nabada. Die meisten feiern ausgelassen. Doch nicht überall geht der große Spaß glimpflich aus
Ulm Delfine, Krokodile, Flamingos und Einhören treiben an diesem Nachmittag die Donau hinunter. Dazwischen Flöße, auf denen Blaskapellen spielen und Ulmer Schachteln, von denen die Leute winken. Punkt 16 Uhr öffnet sich dann auch die Wolkendecke. Die Sonne blitzt hervor. Die tausenden Menschen, die auf ihren Gefährten den Fluss hinab treiben, jubeln. Es ist Nabada.
Besondere Aufmerksamkeit schenkten die Bootsbauer dieses Jahr der mehrfachen Evakuierung Neu-Ulms wegen der zahlreichen Blindgänger: „Bombenstimmung in Neu-Ulm“oder „Neu-Ulm Bombenstadt“wird da etwa geätzt. Eine Gruppe Studenten hat auf ihrem Boot ein großes Schild, auf das sie ein Netz gemalt hat. Darin die Symbole der sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter und Instagram. Die jungen Leute fürchten, „im Netz gefangen“zu sein. Daneben schwimmt schwarz-weiß gestreift eine Ulmer Schachtel, von welcher der Grünen-Politiker Cem Özdemir winkt.
Während die Masse auf ihren Schlauchbooten jubelt, sich gegenseitig nass spritzt und der ein oder andere kräftig am Biertrinken ist, hat Tobias Thalhof die Aufgabe, das Getümmel auf der Wasseroberfläche im Auge zu behalten. Er ist von der Wasserwacht Neu-Ulm. Mit seinem Motorboot schlängelt er sich an den Feiernden vorbei und gibt zusammen mit seinen zwei Kollegen Acht, dass niemand etwas passiert. Insgesamt sind an diesem Tag über 20 Rettungsboote im Einsatz. Sie wollen für möglichst viel Sicherheit sorgen. Die Rettungskräfte sind ständig per Funkgerät in Kontakt und tauschen sich über die aktuelle Lage. Was die Situation auf der Donau gefährlich macht, ist vor allem, dass viele Teilnehmer, nicht nur mit Eimern und Wasserpistole bewaffnet sind, um die anderen Teilneh- mer nass zu spritzen, sondern dass einige auch Proviant in Form eines Kasten Biers dabei haben. Und besoffen schwimmen zu gehen, ist nun mal eine äußerst schlechte Idee. Thalhof sagt, dass die Nabader in den vergangenen Jahren meist Glück gehabt haben; etwas Ernsthaftes sei zuletzt nicht vorgefallen. Nur Schürf- und Schnittwunden seien üblich, genauso wie Unterkühlungen. „Die haben wir hier wie Sand am Meer“, ruft Thalhof über das Brummen des Bootmotors und die kreischende Menge hinweg.
Das Wasser hat an diesem Tag 19 Grad. Akute Unterkühlungsgefahr besteht dieses Jahr also nicht. Darum haben die meisten Teilnehmer auch auf den Neoprenanzug verzichtet. Die Studenten Christoph, Mark und Andi haben sich stattdessen mit Sonnenbrillen und rotem Mottoshirt ausgestattet, darauf: „Nabada 2018“. „Wir waren schon die letzten beiden Male hier. Und fanden es einfach spitze“, ruft Marc am Ufer und hebt die Flasche, noch bevor er zu seinen Kumpels ins Schlauchboot steigt, dass mit dem Kasten Bier in der Mitte starken Tiefgang aufweist.
Gegen 17 Uhr treiben nur noch ein paar Nachzügler auf der Donau. Thalhof steuert sein Boot Richtung Ufer. Doch keine 50 Meter weiter oben wird kurz darauf ein Mann bewusstlos ans Ufer gezogen. Sofort sind Rettungskräfte bei ihm und leisten Erste-Hilfe. Bis zum Redaktionsschluss konnte die Polizei zu diesem Vorfall allerdings keine Stellungnahme abgeben. Die meisten Besucher sind zum Zeitpunkt des Zwischenfalles bereits aus den Fluten geklettert. Die Schlauchboote hängen schlaff über ihren Schultern, die Haare kleben auf der Stirn und die Zähne klappern vor Kälte. Dennoch treibt es die Massen weiter in die Innenstadt zum Feiern.
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