Neu-Ulmer Zeitung

Was den Zusammenha­lt in der Stadt ausmacht

Oberbürger­meister Gunter Czisch spricht über Gemeinscha­ft – und über die schönste Straßenbah­nlinie

- VON SEBASTIAN MAYR

Ulm Helga Malischews­ki ist in Ulm für ihre Hüte so berühmt wie sonst vielleicht nur die englische Königin. Doch an diesem Schwörmont­ag ist die FWG-Stadträtin nur eine von vielen: Männer und Frauen auf dem Weinhof schützen ihre Köpfe vor der Sommersonn­e. Vom Regen des Vortags und vom trüben Himmel des Vormittags ist keine Spur mehr, als Gunter Czisch auf den Balkon des Schwörhaus­es tritt.

In seiner Schwörrede spricht der Oberbürger­meister über vieles. Vor allem aber betont er, warum es auf das Zusammenle­ben und den Zusammenha­lt der Bürger ankommt und wie dieser erreicht werden kann. Ulm brauche ein unverwechs­elbares Zentrum genauso wie Viertel und Ortschafte­n, die Geborgenhe­it vermitteln. So könnten Identität und Zusammenha­lt entstehen. „Es geht darum, dass alle Menschen dort ihren Platz finden, den sie brauchen, um heimisch zu werden“, sagt Czisch. Die Stadt lebe auch von den vielen Ehrenamtli­chen, die Berührungs­ängste abzubauen helfen. „Elle oibinde, sagt der Schwabe gerne und genau so funktionie­rt Integratio­n“, betont der Rathausche­f.

Erst recht in einer Zeit internatio­naler Veränderun­gen: Czisch beschwört das Miteinande­r der Menschen ausfast ganz Europa beim Donaufest und wirbt für die EU. Später greift der Oberbürger­meister das Weltgesche­hen noch einmal auf: „Abschottun­g, Strafzölle, unberechen­bare Staatenlen­ker und Nationalis­mus sind Gift auch für die Arbeitsplä­tze in Stadt und Region“, warnt Czisch. 46 mal unterbrech­en die Ulmer ihren Oberbürger­meister während seiner gut einstündig­en Rede mit Applaus. Bei diesem Satz hält der Beifall besonders lang an.

Länger ist er nur am Ende, nach dem Schwur, den Czisch in der Tradition des Schwörmont­ags leistet. Und einmal zu Beginn seiner Rede. Zum Zusammenle­ben und zum Zusammenha­lt gehört auch die Frage, was einer tun muss, um dazuzugehö­ren. „Wer dauerhaft in Ulm lebt, muss bereit sein, Ulmer zu werden, und er muss bereit sein, auch etwas dafür zu tun“, sagt der Oberbürger­meister. Seine Forderung an die Bürger, die schon länger oder schon immer da sind, geht beinahe im Beifall unter: „Genauso, wie es eine Gesellscha­ft braucht, die bereit ist, dem Neuen einen Platz zu geben und ihn aufzunehme­n.“Der Applaus geht nahtlos weiter. Die Ulmer erkennen an, was sie selbst für die Neuen leisten müssen.

Was die Stadt leisten muss, ist aus Sicht des Oberbürger­meisters zum einen die Instandhal­tung der Infrastruk­tur – er verweist auf die maroden Brücken. Auch die Einbindung der Schwächere­n hebt Czisch hervor: Sozialer Friede sei die Voraussetz­ung für Zusammenha­lt. Trotz der erfolgreic­hen Wirtschaft ist die Zahl der Ulmer, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind, auf inzwischen fast zehn Prozent gestiegen.

Bei allen mahnenden Worten steckt auch viel Zuversicht in der Schwörrede. Der Oberbürger­meister lobt die Vorreiterr­olle der Stadt in wirtschaft­lichen und ökologisch­en Fragen. Er zählt erfolgreic­he Projekte auf wie das geplante Wohngebiet Am Weinberg und den Zuschlag für die Landesgart­enschau 2030. Und dann ist da noch etwas: „Ab dem 9. Dezember werden wir in Deutschlan­ds schönster Straßenbah­nlinie vom Kuhberg über den Hauptbahnh­of bis in die Wissenscha­ftsstadt fahren können“, verspricht Czisch. »Kommentar

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Foto: Alexander Kaya Oberbürger­meister Gunter Czisch erneuert in der Schwörrede seinen Schwur, alle Ul mer gleich zu behandeln.

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