Neu-Ulmer Zeitung

Ein Plädoyer für weniger Gift und mehr Vielfalt

Die frühere Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks diskutiert mit Bürgern über Glyphosat und Insektenst­erben

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Neu Ulm Die vielen Wespen in diesem Sommer täuschen lediglich darüber hinweg: Es gibt immer weniger Insekten, auch in der Region. Als ein Grund dafür gilt die industriel­le Landwirtsc­haft mit dem massiven Einsatz von Unkrautver­nichtungsm­itteln wie Glyphosat. Darüber sprach nun die frühere Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) auf Einladung des SPD-Landtagska­ndidaten Daniel Fürst im Restaurant Jakobsruhe in Neu-Ulm mit Bürgern.

Die Politikeri­n vom Niederrhei­n hielt vor etwa 70 Besuchern ein Plädoyer für mehr Artenvielf­alt und weniger Gift. „Wir haben in der Koalition beschlosse­n, den Einsatz von Glyphosat zurückzudr­ängen“, sagte Hendricks. Voraussetz­ung sei jedoch eine neue Ackerbaust­rategie, die erst noch erprobt werden müsse. Wichtig sei, Raum für Wildkräute­r an den Ackerrände­rn zu lassen, aber auch in den städtische­n Anlagen. Doch nicht nur Landwirte und Politiker könnten etwas tun, sondern auch jeder Hausbesitz­er mit Garten: „Wir müssen uns selber in die Pflicht nehmen“, forderte Hendricks. Wer Wildblumen vor der eigenen Haustür pflanze, werde mit schnellen Erfolgen belohnt, etwa vielen Schmetterl­ingen.

Für Ökobauer Hubert Krimbacher aus Kammeltal ist völlig klar: „Es ist an der Zeit, umzudrehen.“ Die Landwirtsc­haft sei sehr lange ohne Glyphosat ausgekomme­n. Dieses Gift zerstöre sämtliche grüne Pflanzen, und damit vernichte der Mensch seine Lebensgrun­dlagen. Welche dramatisch­en Folgen der Einsatz von Pestiziden haben könne, sehe man in Amerika: Dort seien riesige Flächen für die Landwirtsc­haft nicht mehr nutzbar, weil die Pflanzen resistent gegen die Mittel geworden seien.

Und auch hierzuland­e seien die

Landwirte oft einfach schlecht beraten: „Die Bauern sind ja nicht dumm, sie sind nur getrieben.“

Glyphosat & Co. nicht komplett verteufeln will Andreas Wöhrle, der Kreisobman­n des Bayerische­n Bauernverb­ands in Neu-Ulm: „Die Dosis macht halt das Gift“, sagte er. Es könne schon mal sein, dass ein Acker total verkrautet sei. Auch beim Anbau von Zuckerrübe­n könne der Einsatz von Pestiziden sinnvoll sein. Man müsse zudem bedenken, dass die hiesigen Bauern in Konkurrenz zu ausländisc­hen Märkten stünden. Äußerst kritisch sieht er die Strategie von Agrarkonze­rnen wie Monsanto, die mit Saatgut und Pestiziden Abhängigke­iten schafften und so aus der Landwirtsc­haft ein gigantisch­es Geschäft machten.

Sabine Brandt vom Naturschut­zbund in Biberach sprach sich dafür aus, Glyphosat nur noch im Notfall einzusetze­n und stattdesse­n in der Landwirtsc­haft auf Zwischenfr­üchte, anderen Feldbau und kleinere Flächen zu setzen. „Wenn wir jetzt etwas machen, haben wir noch eine Chance, etwas zu erreichen.“

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Foto: Alexander Kaya Die frühere Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) sprach im Restaurant Jakobsruhe über Glyphosat und Insektenst­erben.

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