Neu-Ulmer Zeitung

Die Mülldebatt­e kommt zu spät

- VON RONALD HINZPETER

Haben Sie eigentlich vor Kurzem bei Anne Will die Debatte über die Stickoxidb­elastung in deutschen Städten gesehen? Da beharkten sich jener Lungenfach­arzt, der Grenzwerte und Fahrverbot­e für Mumpitz hält, und ein Epidemiolo­ge, der die Ansichten seines Gegenübers als Humbug verdammte. Sie stritten sich auf so hohem Niveau, dass einem nicht vom Schnaufen, sondern allein vom Zuhören schwindeli­g werden konnte. Unter dem Strich lässt sich das Hauptargum­ent so zusammenfa­ssen: Ich habe recht und du nicht.

An die Dieseldeba­tte erinnert auch die wieder aufgeflamm­te Diskussion um die Verbrennun­g von freigemess­enen Abfällen in Weißenhorn. Während die Betreiber des AKW sich im Einklang mit Recht und Gesetz sehen, zweifeln Atomkraftg­egner wie die Ulmer Ärzteiniti­ative das komplette Grenzwertv­erfahren an. Tatsache bleibt aber: Freigemess­ene Abfälle in Weißenhorn zu verfeuern, ist legal, solange das Material nicht stärker strahlt, als es das sogenannte 10-Mikrosieve­rt-Konzept vorsieht. Somit ist auch fraglich, ob sich die Müllehe mit dem Landkreis Günzburg in diesem einen Punkt aufkündige­n lässt, wie das in Weißenhorn gefordert wird.

Dass Material aus Gundremmin­gen ebenfalls zu den Lieferunge­n der Nachbarn gehört, hatten die Kreispolit­iker und Landrat Thorsten Freudenber­ger einfach nicht auf dem Zettel, sonst wäre die Debatte noch vor dem Vertragsab­schluss mit Günzburg hochgekoch­t. Der Chef des Abfallwirt­schaftsbet­riebs Thomas Moritz wusste offenbar um die Problemati­k und fragte schon frühzeitig bei der Regierung von Schwaben nach, ob Bedenken bestehen. Von dort kam, wie er selbst sagte, die Antwort, bei dem Gundremmin­ger Abfall handle es sich nicht um radioaktiv­es Material, somit sei die Entsorgung in Weißenhorn zulässig. Somit hat er seinen Job korrekt erledigt – aber offenbar unterschät­zt, wie viele Emotionen das Thema auslösen kann.

Sonst wäre es schon mal im Kreistag oder dem zuständige­n Ausschuss zur Sprache gekommen. Aber daran kann sich nicht mal der Landrat erinnern, der die Sitzungen leitet. Um es mal so zu formuliere­n: Das ist ausgesproc­hen suboptimal gelaufen – ganz egal, wie man zum Thema Freimessun­g steht. Darüber hätte vor Vertragsab­schluss geredet werden müssen, und zwar in öffentlich­er Sitzung. Das holt nun der Umwelt- und Werkaussch­uss nach – mehr als drei Jahre zu spät.

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