Gratis-Fahrten sind ein Testlauf für die Zukunft
Ulm macht aus der Not eine Tugend – und finanziert ein Angebot, das zum Testlauf für die Zukunft werden kann. Denn der Autoverkehr nimmt immer weiter zu. Doch die Doppelstadt ist dem nicht gewachsen. Früher oder später muss eine Alternative her.
Schon jetzt reicht die Zahl der Parkplätze kaum aus, schon jetzt quellen die Straßen im Berufsverkehr über, schon jetzt sind die überlasteten Brücken marode. Ulm und Neu-Ulm wachsen weiter.
Die Händler und Wirte beider Städte setzen auf Event-Wochenenden und wollen immer mehr Kunden und Touristen anlocken. Zentrale Brücken müssen in absehbarer Zeit für Sanierungsarbeiten oder einen Ersatzneubau gesperrt werden. Dem Verkehr droht der Kollaps.
Die Rechnung für die Stadt Ulm war einfach: Wird das Parkhaus am Bahnhof nicht rechtzeitig fertig, werden vier Millionen Euro Vertragsstrafe an den Sedelhöfe-Investor DC fällig. Der kostenlose Nahverkehr an den besucherstarken Samstagen kostet nur eine Million Euro – und kann mit Glück positive Nebeneffekte haben: dass mehr Leute Bus und Straßenbahn nutzen.
Ulmer Bürger wollen auf lange Sicht keine Gratis-Fahrten für Besucher mit ihren Steuern bezahlen. Doch die Tageskarte für den Nahverkehr und die Gebühren für einen Platz im Parkhaus schenken sich preislich nicht viel. Und eine Fahrt mit der Tram dauert kaum länger als der Weg mit dem Auto durch die verstopfte Innenstadt. Wenn das Ulmer Experiment glückt, gewöhnen sich zumindest Wochenendbesucher an die Parkplätze am Stadtrand. Der Testlauf dauert schließlich lang genug.