„Mein Leben ohne Plastik“
Unsere Autorin hält seit einem Jahr durch
Konstanz Viel hat sich geändert im vergangenen Jahr, seitdem ich gemeinsam mit meiner Familie den „Plastikpakt“geschlossen habe. Mittlerweile kommen wir – meine beiden Söhne, mein Mann und ich – in der Regel nur noch auf einen halben Sack Müll für die gelbe Tonne pro Monat. Das Projekt begann im Januar 2018, als mein inzwischen neunjähriger Sohn Paul die Bilder von vermüllten Ozeanen und von Tieren sah, die an Plastikmüll jämmerlich erstickten. Und weil wir etwas tun wollten, entschieden wir uns, fortan auf so viel Kunststoff wie möglich zu verzichten.
Was uns zu Beginn als ziemlich schwierige Aufgabe erschien, ist heute ganz leicht. Wir kaufen bewusster und regionaler ein, nehmen ganz selbstverständlich Dosen mit, wenn wir zum Metzger oder in den Supermarkt gehen. Manche Putzmittel mische ich mir selbst zusammen, etwa mein Spülmittel. Auch das Pulver für die Spülmaschine rühre ich aus Soda und Zitronensäure selbst zusammen und das funktioniert bestens. Sogar Gesichtscreme und Haarseife sind teilweise in „Eigenproduktion“entstanden. Es ist für uns völlig selbstverständlich geworden, zur Mehrweg- statt zur Plastikflasche zu greifen. Wir wissen, wo wir unsere Nudeln im Pappkarton
„Es geht uns nicht darum, perfekt zu sein, sondern einfach so viel zu vermeiden, wie es praktikabel ist.“Kerstin Mommsen
kaufen können, immer öfter besorge ich Dinge wie Reis, Müsli oder Badreiniger im UnverpacktLaden. Frischkäse mache ich aus Naturjoghurt selbst.
Doch nach wie vor gibt es Bereiche, in denen uns der Plastikverzicht nicht gelingt. Vor allen Dingen sind es Süßigkeiten oder Kekse, die es nicht anders zu kaufen gibt und die ich nicht selber machen möchte. Ich rege mich über jede überflüssige und üppige Plastikverpackung auf, an der es manchmal aber auch keinen Weg vorbei gibt. Als mein Mann neulich im Internet eine Drohne gekauft hatte, war diese in Unmengen von Verpackungsplastik eingehüllt aus dem Karton gekommen: für mich ein echtes Ärgernis.
Ich werde zu vielen Vorträgen eingeladen und merke, dass das Thema die Menschen unglaublich bewegt. Langsam beginnt auch die Politik zu reagieren. Wenn es nach mir ginge, könnten viele Dinge aber viel schneller umgesetzt werden – etwa ein Verbot von Coffee-to-goBechern oder Mikroplastik in Kosmetik.
Es ist mir wichtig, das Ganze nicht zu übertreiben, sondern weiter dort auf Kunststoff zu verzichten, wo es geht. „Alles geht, nichts muss“ist unser Motto. Es geht uns nicht darum, perfekt zu sein, sondern einfach so viel zu vermeiden, wie es praktikabel ist. Unser familiärer „Plastikpakt“wird jedenfalls so schnell nicht gekündigt – er ist uns zur Lebenseinstellung geworden.