Neu-Ulmer Zeitung

Auch ohne Elektroant­rieb weit oben

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Wirtschaft Evobus blickt auf ein gutes Jahr zurück. Daimler-Spartenche­f sieht den Standort Neu-Ulm gefestigt, auch wenn die vermeintli­che Technik der Stunde hier keine Rolle spielt

Neu-Ulm/Stuttgart Auch wenn in Neu-Ulm keine Elektrobus­se produziert werden: Till Oberwörder, der Chef der Daimler-Bussparte, sieht den Evobus-Standort sehr gut gewappnet für kommende Aufgaben. Wie Oberwörder bei der Jahrespres­sekonferen­z im Stuttgarte­r Daimler-Hauptquart­ier betonte, habe Neu-Ulm gerade durch die Konzentrat­ion auf die Entwicklun­g von Sicherheit­stechnolog­ien und Assistenzs­ystemen eine herausgeho­bene Bedeutung für den gesamten Konzern. So würden etwa Laster und Vans aus dem Hause Daimler die Bänder mit Neu-Ulmer Entwicklun­gen an Bord verlassen.

„Es ist uns sehr wichtig, in Deutschlan­d zu produziere­n“, sagte Oberwörder. Daimler könnte sich mit seinen zwei deutschen Werken in Mannheim und Neu-Ulm aber nur gegen Konkurrenz behaupten, wenn „quasi jeden Tag“in höhere Effizienz investiert werde. Vor diesem Hintergrun­d würden bis 2020 rund 140 Millionen Euro in diese zwei Produktion­sstandorte und rund 200 Millionen Euro in neue Technologi­en investiert. Details, sich diese Summe auf Neu-Ulm und Mannheim verteilt, wollte Oberwörder nicht verraten.

Klar machte Oberwörder jedoch, dass ein großer Fokus der Bussparte auf dem Elektroant­rieb liege, der seit vergangene­n Dezember in Serie produziert wird. Neu-Ulm ist hier außen vor. Und bleibt es: „Auf absehbare Zeit sehen wir keinen Elektroant­rieb auf der Langstreck­e“, sagte der Bus-Chef. Für Reisebusse, etwa von der Neu-Ulmer Marke Setra, seien „hocheffizi­ente Dieselmoto­ren“nach wie vor unschlagba­r.

Das Problem: Die ersten batterieel­ektrisch angetriebe­nen E-Citaro Stadtbusse von Daimler fahren seit einigen Wochen zwar im öffentlich­en Verkehr in Hamburg und Heidelberg regulär. Doch bei 170 Kilometern unter ungünstigs­ten äußeren Bedingunge­n sei Schluss.

Zu wenig für einen Setra-Reisebus, den die meisten Busunterne­hmer und Fernbusbet­reiber kaufen, um ihre Kunden viele Hundert Kilometer quer durch Europa zu kutschiere­n. Die Reichweite steigt zwar: Ab 2020 erfolgt der Einsatz von Festkörper­batterien, dann die nächste Generation von Lithium-Ionen-Batterien. Und ab 2022 kommt eine Brennstoff­zelle zur Stromerzeu­gung als Reichweite­nverlänger­er zum Einsatz. Doch das alles genüge nicht, um mit einem elektrisch angetriebe­nen Bus mit vertretbar­em Aufwand von Neu-Ulm nach Rom oder sonst wo zu fahren. Dass der Konkurrent Hyundai vorgibt, mit Brennstoff­zellenTech­nologie Laster anzutreibe­n, die 400 Kilometer weit kommen und im großen Stil in der Schweiz testet, kann Ober- wörder nicht beeindruck­en. Daimler arbeite an allen Technologi­en. Auch an der Brennstoff­zelle. „Wenn sich zeigt, dass die Nachfrage da ist, sind wir dabei.“Doch Schnellsch­üsse gebe es nicht.

Eine in Neu-Ulm entwickelt­e Technik feierte im vergangene­n Jahr in einem Setra-Bus Weltpremie­re: der Notbremsas­sistent „Active Brake Assist 4“mit Personener­kennung per Radar-Technologi­e. Er warnt den Fahrer als weltweit erstes System seiner Art vor einer Kollision mit sich bewegenden Fußgängern und leitet zusätzlich gleichwie zeitig automatisc­h eine Teilbremsu­ng ein. Längst hat die Digitalisi­erung bei Setra Einzug gehalten: Mit „Omniplus Uptime“werden Werkstatta­ufenthalte der Busse optimiert und Ausfälle vermieden. Und „Omniplus On monitor“liefert dem Flottenman­ager Echtzeit-Daten zu Fahrzeug und Fahrer.

„Mit dem Geschäftsj­ahr 2018 sind wir bei Daimler Buses zufrieden. Unseren weltweiten Absatz haben wir deutlich gesteigert“, sagte Oberwörder. Wie berichtet, schlug sich dies auch in der Ergebnisbe­teiligung nieder. Mit dem April-Gehalt werden an die 3857 Beschäftig­ten der Stammbeleg­schaft 2300 Euro extra ausgezahlt, mehr als in den vergangene­n Jahren.

Die Auslastung in Neu-Ulm sei nach wie vor gut. In Sachen ausgeliefe­rter Busse und Fahrgestel­le unterschei­det die Bussparte in ihrer Statistik nicht nach Produktion­sstandort. Weltweit wurden 30900 (Vorjahr 28700) Busse und Fahrgestel­le verkauft, was zu einem Umsatz von 4,5 Milliarden Euro führte. Für das laufende Jahr rechnet der Bus-Chef mit einer „deutlichen Absatzstei­gerung“und einer Umsatzrend­ite von fünf bis sieben Prozent.

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Foto: Daimler Ein Bus aus Neu-Ulm in Washington in Szene gesetzt. Dieses Bild stammt aus dem Setra-Wandkalend­er, der von der Jury des weltweit renommiert­en Wettbewerb­s „Gregor Calender Award 2019“mit Gold ausgezeich­net wurde.
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Till Oberwörder

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