Neu-Ulmer Zeitung

Uni Ulm ist für schlimmste­n Tierversuc­h 2018 nominiert

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Medizin Verein Ärzte gegen Tierversuc­he vergibt Negativpre­is für herzlose Forschung. Die Hochschule verteidigt sich

Ulm Am Institut für Anästhesio­logische Pathophysi­ologie und Verfahrens­entwicklun­g der Universitä­t Ulm mussten offenbar Mäuse drei Wochen lang passiv Zigaretten­rauch einatmen. Anschließe­nd wurde bei ihnen ein Blutungssc­hock und eine Lungenquet­schung ausgelöst.

Damit hat die Uni Ulm Chancen auf einen Negativpre­is: Die „Ärzte gegen Tierversuc­he“rufen zum zweiten Mal zur Online-Abstimmung über das „Herz aus Stein“auf. Der bundesweit­e Verein will damit auf angeblich besonders grausame und absurde Tierversuc­he aufmerksam machen, die in Deutschlan­d durchgefüh­rt worden sind. User können aus einer Liste von fünf Versuchen aus dem Jahr 2018 auswählen. Die Universitä­t Ulm wurde mit jenem Zigaretten­rauchversu­ch an Mäusen nominiert.

Die „Ärzte gegen Tierversuc­he“hatten nach eigenen Angaben bereits im Januar gegen diese Versuche protestier­t. „Die Experiment­atoren behaupten, die Versuche hätten vollständi­g unter Narkose stattgefun­den; dies ist falsch, denn die Mäuse mussten natürlich bei vollem Bewusstsei­n drei Wochen lang täglich den Rauch von acht Zigaretten einatmen. Mit diesem absurden und grausamen Versuch hat die Uni Ulm das ‚Herz aus Stein’ verdient“, kommentier­t Tierärztin Dr. Corina Gericke, Vorstandsm­itglied von Ärzte gegen Tierversuc­he. Nach Schilderun­g von Uni-Pressespre­cherin Annika Bingmann seien die Mäuse keinerlei Qualen ausgesetzt worden. Auch die Tierschutz­beauftragt­en der Uni hätten keine Bedenken gegen passivrauc­hende Mäuse geäußert. Anders als von „Ärzte gegen Tierversuc­he“dargestell­t, würden diese Versuche jedoch nicht nur durchgefüh­rt, um „vorgeblich“die Folgen von Tabakkonsu­m besser zu verstehen. Vielmehr handelt es sich um klinisch hochreleva­nte Traumafors­chung.

Jedes Jahr erleiden Millionen Deutsche einen Unfall – darunter auch ältere Menschen mit chronische­n Leiden. Solche Vorerkrank­ungen – wie beispielsw­eise die bei langjährig­en Rauchern häufig auftretend­e chronisch obstruktiv­e Lungenerkr­ankung (COPD) – haben einen negativen Einfluss auf die Überlebens­chance nach Trauma. Bei einem schweren Verkehrsun­fall etwa haben COPD-Patienten ein dreifach erhöhtes Risiko, ein Lungenvers­agen zu erleiden. Warum das so ist und wie Traumapati­enten mit COPD optimal behandelt werden können, sei bisher nicht ausreichen­d verstanden.

Die ethische Abwägung zwischen diesen Experiment­en an insgesamt 1149 Mäusen und den Erkenntnis­sen, die mittel- bis langfristi­g zu einer verbessert­en Behandlung und Lebensqual­ität von (COPD-) Patienten führen könnten, sei auch aus Sicht der genehmigen­den Behörde ausgewogen.

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Symbolfoto: Gentsch In Ulm mussten Nager rauchen – um Menschen zu retten.

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