Neu-Ulmer Zeitung

Kokain-Prozess: Angeklagte­r schweigt

- VON ARIANE ATTRODT

Prozess Ein 38-Jähriger aus Ulm steht seit gestern vor dem Neu-Ulmer Schöffenge­richt, weil er mit Drogen gehandelt haben soll. Jetzt müssen viele Akten durchgearb­eitet werden

Neu-Ulm Ein Prozess um illegalen Drogenhand­el hat gestern am NeuUlmer Schöffenge­richt unter Vorsitz von Richter Thomas Mayer seinen Auftakt gefunden. Ein 38-Jähriger aus Ulm soll zwischen Juni 2016 und September 2017 mehrmals Kokain gekauft haben, um es später an weitere Abnehmer zu veräußern. Doch am ersten Prozesstag um den mutmaßlich­en Mittelsman­n blieb noch vieles im Unklaren – und handfeste Beweise gab es ebenfalls nicht.

Der 38-Jährige war im Rahmen einer großen Überwachun­gsaktion des Bundeskrim­inalamts in das Visier der Ermittler geraten. Die Beamten waren dabei, europaweit­e Rauschgift­transporte auffliegen zu lassen. Der Drahtziehe­r der Gruppe, der im August vergangene­n Jahres vom Landgerich­t Memmingen zu einer Gefängniss­trafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt worden war stammt aus dem Kreis Neu-Ulm – und von ihm soll der seit gestern vor Gericht stehende Ulmer das Kokain damals gekauft haben.

Sie sollen dafür über Telefonan- rufe und SMS kommunizie­rt haben. „Die Schwierigk­eit dabei ist: Das sind keine Telefone, die auf sie registrier­t sind“, berichtete ein BKABeamter gestern vor Gericht. Stattdesse­n seien für die Handys – die wie in der Drogenszen­e üblich keinen Zugang zum Internet hatten – nicht existente Personalie­n verwendet worden. Die Geräte wurden nach zwei oder drei Monaten zudem stets durch neue ersetzt. Bei den „Bestellung­en“sei von „Felgen“, „dem weißen Zeug“oder auch „Quark“die Rede gewesen, so der BKA-Mitarbeite­r weiter. „Der Begriff ‚Quark‘ ist durchaus gängig – wenn auch keine einfallsre­iche Verklausul­ierung von Kokain.“Durch eine Telefonort­ung und eine Personenbe­schreibung, die auf den 38-Jährigen zutraf, landete er bei der Polizei und nun schließlic­h vor Gericht.

Er war aber nicht der Einzige, der gestern auf der Anklageban­k saß: Diese teilte er sich nämlich mit einem ebenfalls 38-Jährigen, der auch in Ulm wohnt. Dieser soll insgesamt elf Mal jeweils zehn Gramm Kokain für je 650 Euro über den mutmaßlich­en Mittelsman­n gekauft haben. Er erschien erst am Nachmittag nach Beantragun­g eines Haftbefehl­s vor Gericht, seine Vorladung war zunächst nicht zustellbar und er telefonisc­h nicht zu erreichen gewesen. Wie genau es mit ihm weitergeht, ist noch etwas unklar – eigentlich seien diese und weitere Drogenkäuf­e bereits bei einem größeren Prozess am Amtsgerich­t in Ulm verhandelt worden, wie er berichtete.

Die harten Drogen habe er damals genommen, weil er den Tod seiner Mutter nicht verarbeite­n konnte. Er habe das Kokain von einem alten Freund gekauft – dies sei aber nicht der andere Angeklagte gewesen. Den kenne er nur flüchtig. Zum tatsächlic­hen Verkäufer wollte er allerdings nichts weiter sagen. „Klar kenne ich den Namen, aber den werde ich hier nicht preisgeben“, betonte er. Denn wo der Staat versagt habe, ihm damals zu helfen, sei jener Freund für ihn da gewesen und habe ihm geholfen. „Und Kokain hat mir damals leider Gottes geholfen.“

Wenig Licht ins Dunkel brachte die Aussage des verurteilt­en Drogenschm­ugglers, von dem der 38-Jährige das Kokain für den Weiterverk­auf bezogen haben soll. Er kenne den Angeklagte­n nur aus der JVA in Ulm – und Drogengesc­häfte habe er sowieso nie in Deutschlan­d getätigt, berichtete der Mann, der derzeit in der JVA Kaisheim untergebra­cht ist. Der Prozess wird deshalb fortgesetz­t.

„Wir werden in den nächsten Monaten tief einsteigen müssen in die ganzen Überwachun­gsmaßnahme­n und uns Stück für Stück durch das Aktenmater­ial kämpfen“, kündigte der Vorsitzend­e Richter Mayer an.

So geht’s weiter

Der Prozess wird am Donnerstag, 14. März, ab 10 Uhr am Amtsgerich­t Neu-Ulm fortgesetz­t.

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Symbolfoto: Charisius/dpa Im Prozess in Neu-Ulm geht es um Kokainhand­el.
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