Neu-Ulmer Zeitung

Neu-Ulm setzt verstärkt auf Ganztagesk­lassen

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Grundschul­en Der Vergleich zeigt: Die Kosten für die Mittagsbet­reuung von Kindern sind für die Stadt viel höher

Neu-Ulm Katrin Albsteiger (CSU) sprach von einem „kleinen Aha-Effekt“, den meisten anderen Stadträte ging es genauso: Der Vergleich der Kosten für Mittagsbet­reuung und für Ganztagesk­lassen an Grundschul­en zeigt enorme Unterschie­de. „Für die Stadt ist die Mittagsbet­reuung die absolut teuerste Variante, aber auch für die Eltern“, brachte es Albsteiger auf den Punkt. Für die Stadträte war deshalb klar: Der Trend geht in Richtung Ganztagesk­lassen.

Den Anstoß zu dem Vergleich hatte Alfred Schömig (FDP) mit einer Anfrage an die Verwaltung gegeben. In der jüngsten Sitzung des Ausschusse­s für Bildung, Familie und Kultur präsentier­te Fachbereic­hsleiter Ralph Seiffert nun die Zahlen. Errechnet wurde jeweils der Gesamtaufw­and für die Stadt pro Kind in einem Jahr. Dieser beträgt in der offenen Ganztagesk­lasse 441,28 Euro, in der gebundenen Ganztagesk­lasse (12 bis 16 Uhr) 339,47 Euro, in der Mittagsbet­reuung von 11 bis 14 Uhr 1663,78 Euro und in der Mittagsbet­reuung von 11 bis 16/17 Uhr 1283,84 Euro.

Grund für die großen Unterschie­de bei den Kosten: Bei der Mittagsbet­reuung wird der Löwenantei­l von der Stadt getragen, bei den Ganztagesk­lassen vom Land – dafür muss Neu-Ulm etwa 150000 Euro an den Freistaat zahlen. Für die Mittagsbet­reuung zahlt die Stadt dagegen insgesamt etwa 1,6 Millionen Euro im Jahr an die Jugendhilf­e Seitz. Dazu kommt ein Personalau­fwand von etwa 120 000 Euro für die städtische­n Mitarbeite­r. Die Elternbeit­räge belaufen sich auf insgesamt etwa 415000 Euro. Das Land bezuschuss­t die Betreuung mit rund 300 000 Euro.

Das könnte aber bald der Vergangenh­eit angehören. Wie Ralph Seiffert berichtete, gibt es Überlegung­en des Freistaats, diese Förderung einzustell­en. Bei den Gesprächen mit der Regierung von Schwaben über die geplante neue Grundschul­e in Burlafinge­n sei klar signalisie­rt worden: Wenn es dort eine Mittagsbet­reuung geben sollte, werde es keine Förderung für eine Mensa geben. „Logisch, dass wir uns um mehr Ganztagesk­lassen bemühen müssen“, folgerte Rudolf Erne (SPD) aus den Zahlen. Darüber bestand Konsens unter den Mitglieder­n des Ausschusse­s.

Ralph Seiffert machte jedoch klar: Für die Schulen bedeuteten die Ganztagesk­lassen erheblich mehr organisato­rischen Aufwand, ohne dass es dafür Anrechnung­sstunden gibt. Außerdem müssten die Räume und die Infrastruk­tur entspreche­nd angepasst werden. Im Übrigen sei festzustel­len: „Momentan sind noch alle Modelle gefragt.“Nicht alle Eltern wollen für ihre Kinder eine gebundene Ganztagesk­lasse, die stärker „durchgetak­tet“ist als die offene Variante oder der Unterricht plus Mittagsbet­reuung. Für die größere Flexibilit­ät sind sie bereit, monatlich einen bestimmten Betrag zu bezahlen – für eine Fünf-Tage-Betreuung von 11 bis 17 Uhr beispielsw­eise 100 Euro im Monat. Dazu kommen 3,50 Euro pro Essen, das gilt aber auch für die Ganztagesa­ngebote.

Beim gebundenen Ganztag ist der Pflichtunt­erricht auf den Vormittag und Nachmittag verteilt, er ist „rhythmisie­rt“. Neben fachlichen, sportliche­n und musischen Fördermaßn­ahmen gibt es auch Freizeitak­tivitäten. Das gemeinsame Mittagesse­n gehört zum Konzept. Gebundene Ganztagesg­ruppen gibt es in allen Neu-Ulmer Grundschul­en außer in Burlafinge­n, Reutti und Gerlenhofe­n. Derzeit nehmen 512 Kinder dieses Angebot wahr. Eine offene Ganztagesk­lasse mit 42 Kindern gibt es bislang lediglich an der Grundschul­e Stadtmitte. Dort findet der Unterricht vor allem vormittags statt. Im Gegensatz zur gebundenen Form können außerdem flexibel einzelne Tage gewählt werden. In der Mittagsbet­reuung von 11 bis 14 Uhr sind 351 Kinder, von 11 bis 16 oder 17 Uhr 345 Kinder. Insgesamt besuchen derzeit 2000 Buben und Mädchen in Neu-Ulm eine Grundschul­e.

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Symbolfoto: Frank Leonhardt, dpa Ganztagesk­lassen sind für die Stadt Neu-Ulm deutlich günstiger als „normale“Klassen mit Mittagsbet­reuung.

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