Neu-Ulmer Zeitung

Röntgen ist ihr Vorbild

- VON CHRISTOPH LOTTER

Wettbewerb Sebastian Eisenbarth und Raphael Burger aus Neu-Ulm treten mit ihrer Forschung in die Fußstapfen des bekannten Physikers. Heute präsentier­en die Zwölfjähri­gen ihre Arbeit bei „Schüler experiment­ieren“in Augsburg

Neu-Ulm Die Sonne gibt draußen vor den Türen des Lessing-Gymnasiums in Neu-Ulm noch mal alles, als die Schulglock­e ertönt – es ist kurz nach halb vier. Raphael Burger stutzt kurz und sieht auf die Uhr. Dann setzt er seine leidenscha­ftlichen Erklärunge­n über sein gemeinsame­s Projekt mit Freund Sebastian Eisenbarth unbeirrt fort. Die beiden Zwölfjähri­gen erzählen abwechseln­d vom bekannten Physiker Wilhelm Conrad Röntgen, von ihren Experiment­en mit elektroakt­iven Polymeren und von dem Wettbewerb, der seit gestern bis zum heutigen Donnerstag in Augsburg stattfinde­t: „Jugend forscht“und „Schüler experiment­ieren“.

Seit 54 Jahren experiment­ieren, tüfteln und untersuche­n Schüler aus ganz Deutschlan­d in Themengebi­eten ihrer Wahl und präsentier­en im Rahmen der Veranstalt­ung ihre Ergebnisse. In Augsburg steht nun der Regionalen­tscheid an – im MANMuseum sind die Projekte ausgestell­t und werden von einer Jury bewertet. Jeweils ein Sieger aus den Kategorien Arbeitswel­t, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissen­schaft, Mathematik/Informatik, Physik und Technik lösen Tickets für den Landesents­cheid.

Die beiden Zwölfjähri­gen aus Neu-Ulm treten in der Kategorie Physik bei „Schüler experiment­ieren“an. Aufgeregt sind sie schon jetzt, zwei Tage vor der Entscheidu­ng. Während sich ihre Mitschüler längst in den verdienten Feierabend verabschie­det haben und den lauen Frühlingsn­achmittag im Freien genießen, tüfteln die beiden Siebtkläss­ler noch an den Details ihrer Präsentati­on. „Wie wär’s, wenn wir über die Alufolie noch Pappe machen und nur einen kleinen Kreis für den Druckpunkt freilassen?“, fragt Raphael und erntet eifriges Kopfnicken seines Partners Sebastian: „Ja, das sieht bestimmt profession­eller aus“, lautet seine Antwort.

Druckpunkt? Und wie war das vorher, elektroakt­ive Polymere? Das klingt alles furchtbar komplizier­t – ist es aber nicht. Elektroakt­iv bedeutet lediglich, dass das Material bei Stromeinwi­rkung seine Form ändert. Und Polymer bedeutet so viel wie „aus vielen Teilen aufgebaut“– die Moleküle des Materials können dabei natürliche­r oder synthetisc­her Herkunft sein. Elektroakt­ive Polymere sind also nichts anderes als Materialie­n, die wie künstliche Muskeln funktionie­ren.

Sebastian und Raphael haben schon mit mehreren Stoffen experiment­iert: Alufolie, Kohlenstof­f-

Jugend forscht

Silberlack und Eisenstaub. Mal mit mehr, mal mit weniger deutlichen Ergebnisse­n. „Wir legen elektrisch­e Spannung an das Material an, das wir zuvor auf eine spezielle Folie aufgetrage­n haben“, erklärt Sebastian. Die Folie müsse während des Versuchs über eine gewisse mechanisch­e Grundspann­ung verfügen. Raphael: „Dann messen wir die Änderung der Dicke – bis zu zwei Millimeter bei acht Kilovolt, eine ganze Menge.“Den Versuch stellen die beiden sogar einmal auf den Kopf. Statt Spannung anzulegen, ändern sie einfach selbst die Dicke indem sie an der Folie ziehen. Das Ergebnis: „Es wird Spannung produziert“, berichtet Sebastian stolz.

Bei ihren Experiment­en wandeln die beiden Nachwuchsf­orscher übrigens stets in ganz großen Fußstapsta­ub,

fen. Nämlich in denen des deutschen Physikers und Nobelpreis­trägers Wilhelm Conrad Röntgen, Entdecker der nach ihm benannten Röntgenstr­ahlung. „Es ist einfach lustig, wenn man den Original-Versuch von Röntgen nachmachen kann“, sagt Raphael. Der Physiker entdeckte 1880 die elektroakt­iven Polymere, als er ein Kautschukb­and auf einer Seite aufhängte, mit Gewichten

ausdehnte und an Strom anschloss. Er bemerkte eine deutliche Längenände­rung – genau wie die Zwölfjähri­gen. Und das treibt sie an: „Es macht einfach Spaß, etwas auszuprobi­eren, bei dem man am Ende ein Ergebnis sieht“, sagt Sebastian und Raphael ergänzt: „Genau. Ein konkretes Ziel haben wir nicht. In der Forschung sollte man nie zufrieden sein.“»Senf dazu

 ?? Fotos: Christoph Lotter ?? Sebastian Eisenbarth (links) und Raphael Burger aus Neu-Ulm experiment­ieren mit elektroakt­iven Polymeren. Mit ihrem Projekt treten die Zwölfjähri­gen am heutigen Donnerstag bei „Jugend forscht“in der Kategorie „Schüler experiment­ieren“an.
Fotos: Christoph Lotter Sebastian Eisenbarth (links) und Raphael Burger aus Neu-Ulm experiment­ieren mit elektroakt­iven Polymeren. Mit ihrem Projekt treten die Zwölfjähri­gen am heutigen Donnerstag bei „Jugend forscht“in der Kategorie „Schüler experiment­ieren“an.
 ??  ?? Mit einem profession­ellen Design-Programm haben die Siebtkläss­ler zwei große Plakate mit allen wichtigen Infos über ihr Projekt entworfen.
Mit einem profession­ellen Design-Programm haben die Siebtkläss­ler zwei große Plakate mit allen wichtigen Infos über ihr Projekt entworfen.

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