Von Rhetorik und Propaganda
Bildung Etwa 30 Schüler der Oberstufe des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums lernen in Babenhausen, wie man Reden hält
Pfuhl In der Jugendbildungsstätte Babenhausen sitzen knapp dreißig Schüler der Oberstufe des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums und diskutieren aufgeregt. In fünf Minuten sollen sie eine Rede halten, an der sie noch feilen. Im Schulalltag bleibt dafür wenig Platz. Deshalb besuchten die Schüler des Pfuhler Gymnasiums ein Seminar.
Das Thema des dreitägigen Kurses lautete „Gift“und beinhaltete Beiträge von Referenten des Pfuhler Gymnasiums. Themen waren unter anderem die antiken Rhetorikkünste der Römer, Argumentationsstrategien verschiedener prominenter Redner, das Wesen des Darknets und die ethischen Grundsätze von Hackern, sowie tierische und pflanzliche Gifte und das Wesen des Neides. In dem Seminar erklärten die Referenten, dass Rhetorik zum Beispiel nicht nur als Redekunst verwendet, sondern unter Zuhilfenahme von manipulativen Techniken zu Propaganda werden kann. In verschiedenen Übungsgruppen analysierten die Schüler das Thema, probierten sich in Rollenspielen aus und diskutierten über Chancen und Risiken.
Die Zusammenhänge der zunächst als unvereinbar erscheinenden Bereiche wurden in den Reden der Schüler deutlich, sagt die zufriedene Lehrerin, Sabine von Appen: „Viele verknüpften inhaltlich das neu Erlernte aus dem IT-Bereich mit den antiken Gesetzen einer gelungenen Rede und bauten die zuvor besprochenen rhetorischen Strategien der Beeinflussung geschickt ein.“Das sei von Appen zufolge erstaunlich, da es für die Mehrzahl die erste Rede ihres Lebens war, „das hat man ihnen keinesfalls angemerkt.“Im Abschlussgespräch sei dies auch von den Schülern herausgestellt worden, berichtet von Appen. „Obwohl sie zuerst Angst vor dieser Aufgabe gehabt hatten, hat die Durchführung gezeigt, dass man es mit den richtigen Werkzeugen durchaus gut bewältigen kann.“Dazu habe auch beigetragen, dass die Reden in Kleingruppen erstellt wurden. Die Schüler unterschiedlicher Jahrgangsstufen saßen zusammen, tauschten Ideen aus, diskutierten und lernten sich dadurch besser kennen, berichtet die Lehrerin: „Mit beeindruckender Motivation – selbst die Pausen wurden genutzt, um an den Reden zu arbeiten.“Ob bei gruppenbildenden Spieleinlagen, spontanen Spielszenen oder in den Gruppenphasen, stets sei die Stimmung ausgelassen gewesen, sagt von Appen: „Lachen gehört dazu und die Schüler wachsen enger zusammen.“Die wichtigste Erkenntnis der Tage sei jedoch für alle gewesen, genauer hinzusehen und -hören, wenn angebliche Gewissheiten präsentiert würden. Zu schnell werde man Opfer von rhetorischen Strategien meinungsstarker Autoren und Redner, laufe Gefahr, deren Thesen zu übernehmen, weil sie zunächst so überzeugend wirkten, betont von Appen. Und: „Weiß man um die Wirkungsweise dieser Techniken, kann man sie entlarven und gegensteuern. Diese Kompetenz dürfte verhindern, auf Hetzereien und Manipulationen hereinzufallen.“