Ein Mann der klaren Worte
Porträt Xavier Bettel hat als Ministerpräsident von Luxemburg vieles anders gemacht als seine Vorgänger. Immer wieder zeigt er: Er hat seinen eigenen Kopf
Viel geblieben ist nicht, vom großen und teuren Gipfel zwischen der Arabischen Liga und der EU. Ein paar nette Bilder, Hinterzimmergespräche, diplomatische Floskeln. Und doch hat es einer geschafft, dass ihn die arabischen Staatschefs und Königshäuser so schnell nicht vergessen: Xavier Bettel, Ministerpräsident des sonst nicht gerade im Mittelpunkt des Interesses stehenden Landes Luxemburg. Bettel war es, der das Thema Menschenrechte ansprach – mit Hinweis auf seine eigene Homosexualität, die er in vielen arabischen Ländern gar nicht offen ausleben dürfte. „Wenn ich als Schwuler es selber nicht sage, dass ich hier in verschiedenen Ländern in der Umgebung überhaupt nicht leben darf, dann hätte ich ein Problem“, erklärte er. Bettel ist ein Mann der klaren Worte, auch in seinem Heimatland. Ende Dezember 2018 vereinbarte Bettel, der am gestrigen Sonntag 43 Jahre alt wurde, seine zweite Koalition mit der Arbeiterpartei, den Grünen und seinen Liberalen. Es ist die Neuauflage des Regierungsbündnisses, das 2013 nach 18 Jahren Ministerpräsident Jean-Claude Juncker zeitweilig in die Wüste geschickt wurde. Ein Machtwechsel im Großherzogtum.
Das war es zweifellos. Aber es wurde auch die Fortsetzung eines Generationenwechsels in Europa. Bettel, der als schlagfertig und immer gut gelaunt gilt, der sich egal ob Straße, öffentliches Gebäude oder sonstiges Projekt keine Neueröffnung in seinem Heimatland entgehen lässt und sein Büro gerne mit moderner Pop-Art ausstattet, wollte immer für frischen Wind stehen. Er war es, der Luxemburg aus den dunklen Schatten der Lux-Leaks-Affäre herausholte und systematisch die Finanzgesetzgebung neu regelte. Heute verweist er stolz darauf, dass die vielen dubiosen, aber legalen Steuerabsprachen mit Konzernen, die in Luxemburg oft nur einen Briefkasten hatten, beendet wurden. Sein neues Regierungsprogramm umfasst soziale Versprechen wie höhere Mindestlöhne, die automatische Anpassung der Einkommen an die Lebenserhaltungskosten. Den Europatag am 9. Mai machte er zum Feiertag: „Weil wir der Meinung sind, dass der 9. Mai ein wichtiges Zeichen ist, Europa zu zeigen, dass Europa auch eine Hauptstadt hat, die Luxemburg heißt, und wir für die gemeinsamen Werte einstehen.“
Der frühere Bürgermeister der Stadt Luxemburg wurde auch dort geboren. Er studierte Jura an der Universität im französischen Nancy und im griechischen Thessaloniki. Zunächst arbeitete er als Anwalt. Schon mit 15 Jahren war er der liberalen Partei seiner Heimat beigetreten, mit 26 Jahren schaffte er den Sprung ins Parlament – als jüngster Abgeordneter überhaupt. 2010 machte er seine Homosexualität öffentlich, 2015 heiratete er den belgischen Architekten Gauthier Destenay, mit dem er seit 2010 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zusammenlebt. Detlef Drewes