Gastwirte wehren sich gegen Gratis-Wasser
EU Wirte sollen Leitungswasser kostenlos an die Gäste abgeben. Das ruft Kritik hervor
Augsburg Rund 140 Liter Wasser trinkt jeder Bundesbürger im Jahr. Viele greifen dabei noch zur Flasche, obwohl das Trinkwasser aus der Leitung in Deutschland und weiten Teilen Europas längst beste Qualität aufweist. Die Europäische Union möchte deshalb die Verwendung von Leitungswasser stärken, wenn jetzt eine Reform der EUGesetzgebung zum Trinkwasser ansteht. Die Vorschläge verbinden mehrere Anliegen. Ein Ziel ist es zum Beispiel, dass Plastikmüll reduziert wird, indem die Bürger statt auf Einwegflaschen lieber auf Leitungswasser zurückgreifen. Ein Vorstoß stößt aber in Deutschland auf harten Widerstand: Restaurants und Kantinen sollen nämlich dazu verpflichtet werden, ein Glas Trinkwasser zu Kaffee oder Wein kostenlos anzubieten, wie es in Frankreich und einigen südlichen Ländern seit langem der Fall ist.
Bayerns Wirte wehren sich gegen Regeln, die sie zum Ausschank von Gratis-Wasser an die Gäste verpflichten: „Man darf nicht per Gesetz vorschreiben, dass Leitungswasser kostenlos abgegeben werden muss“, sagte Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotelund Gaststättenverbands, im Gespräch mit unserer Redaktion. Zur Begründung führt sie an, dass Wirten mehr Kosten entstehen als nur der Preis für das Leitungswasser: „In einer Gaststätte müssen auch die Kosten für Wärme, Licht, den Service, für die Einrichtung und die Immobilie selbst bezahlt werden – bis hin zum Glas, das man vorhalten muss. All dies muss im Preis für ein Glas Wasser mit enthalten sein“, erklärt die Geschäftsführerin des Brauereigasthofs Aying.
Auch im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband sieht man die EU-Pläne zur kostenlosen Abgabe von Leitungswasser in Restaurants kritisch und bewertet sie als Eingriff in die unternehmerische Freiheit: „Die Preisgestaltung ist in unserem Land ein hohes unternehmerisches Gut, das muss auch so bleiben“, berichtet eine Sprecherin.
Genauso sieht es Angela Inselkammer, die Vertreterin der bayerischen Wirte: „Gastwirte brauchen einen Mindestumsatz, um ein Wirtshaus zu betreiben“, erklärt sie. Eine Dienstleistung sei etwas wert, dieser Wert müsse honoriert werden. Kostenlos abgegebenes Wasser sei das falsche Signal. Laut einer Umfrage des aus dem vorigen Jahr lehnen 82 Prozent der Wirte ein kostenloses Glas Wasser zu Wein oder Kaffee ab. Sie fürchten vor allem zusätzliche Kosten für die Glasreinigung und den Service.
Die Umweltminister der Union hatten vor wenigen Tagen den Vorschlag der Brüsseler EU-Kommission gebilligt. Auch SPD-Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat „im Grundsatz“bereits ihre Zustimmung für die neue Richtlinie gegeben. Das Europaparlament muss aber noch entscheiden.
Ganz sperren sich Bayerns Gastwirte nicht gegen die Abgabe von Gratis-Wasser – allerdings sollte jeder Wirt dies selbst entscheiden dürfen: „Wenn an einem Tisch, an dem zum Beispiel sechs Leute essen, ein älterer Herr ein Glas Leitungswasser wünscht, um vielleicht eine Tablette einzunehmen, dürfte dies in den meisten Gaststätten kein Problem sein“, meint Inselkammer. „Im Übrigen kann der Verbraucher gut selbst unterscheiden, ob er sich in einem Gasthaus gut aufgehoben fühlt – dann ist er häufig auch bereit, für ein Glas Wasser zu bezahlen“, fügt sie an. Auf Sanktionen will die EU bei der Durchsetzung der Idee verzichten.
Wie zum Beispiel McDonald’s die Frage mit dem Leitungswasser handhabt, lesen Sie auf der Wirtschaft. Weshalb sie sich großzügigere Wirte wünscht, erklärt Andrea Kümpfbeck im Kommentar.