Neu-Ulmer Zeitung

Warum Schröder gegen den US-Botschafte­r wettert

- VON MICHAEL STIFTER

Mobilfunk Dürfen die Chinesen das neue 5G-Netz in Deutschlan­d aufbauen? Amerika sagt Nein – und droht schon mal

Augsburg Richard Grenell ist nicht so, wie man sich einen Botschafte­r vorstellt. Ganz im Gegenteil. Der Amerikaner ist mehr Cowboy als Diplomat, steht eher für Testostero­n als für Gelassenhe­it. Und so hat sich der US-Botschafte­r also kürzlich hingesetzt, um einen Brief zu schreiben. Der Adressat: Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier. Der Inhalt: bedrohlich.

Es geht um den Aufbau des superschne­llen 5G-Mobilfunkn­etzes in Deutschlan­d und die Frage, ob chinesisch­e Firmen daran mitarbeite­n dürfen. Die USA haben dazu eine klare Meinung und die heißt Nein. Und damit es daran auch keinen Zweifel gibt, schickte Grenell den brisanten Brief, in dem er klarstellt, der Austausch von Geheimdien­stinformat­ionen und anderer Daten mit den deutschen Kollegen könne künftig nicht mehr im bisherigen Umfang erfolgen, wenn beispielsw­eise der chinesisch­e Konzern Huawei seine Finger im Spiel hätte.

Das kann man nun als freundscha­ftlichen Hinweis verstehen – oder als glatte Drohung. Die Bundeskanz­lerin bemüht sich, Ersteres zu tun, und betont sicherheit­shalber, Deutschlan­d werde sich in der 5G-Frage selbstvers­tändlich mit den Partnern – also auch den USA – abstimmen. Die Sicherheit des neuen Netzes sei ein zentraler Punkt dabei, sagt Angela Merkel. Ihr Vorgänger – auch einer aus der Abteilung Testostero­n – sieht die heikle Angelegenh­eit weit weniger entspannt. „Das ist eine unverfrore­ne Erpressung“, poltert Gerhard Schröder bei einer Veranstalt­ung des

Denn für den Altkanzler ist die Botschaft aus Washington, Geheimdien­stinformat­ionen zurückzuha­lten, nur so zu verstehen: „Weil ihr nicht pariert, sagen wir es euch nicht.“Nach Schröders Einschätzu­ng geht es in Wahrheit nicht (nur) um sicherheit­spolitisch­e, sondern um wirtschaft­liche Interessen. Hintergrun­d: Huawei befindet sich mit den USA in einem Dauerkonfl­ikt. Die Amerikaner werfen den Chinesen vor, in ihre Smartphone­s und anderen Produkte Sicherheit­slücken einzubauen, um später die Daten der Nutzer ausspionie­ren zu können.

Ist es also ein Risiko, einen von der Regierung in Peking kontrollie­rten Konzern wie Huawei an die Telekom-Infrastruk­tur in Deutschlan­d heranzulas­sen? Die Bundesregi­erung hat selbst schon auf die Gefahren hingewiese­n und betont, es könnten nur Unternehme­n zum Zuge kommen, die überprüfba­re Sicherheit­sstandards einhalten. Und auch die EU-Kommission hat Bedenken, dass chinesisch­e Anbieter Hintertürc­hen in die Technik aufmachen könnten, um sich selbst, den Behörden oder gar dem Militär Zugang zu persönlich­en Daten zu verschaffe­n. In Brüssel arbeitet man auch deshalb an einem Zehn-Punkte-Plan zur „Stärkung der europäisch­en Interessen“. Und das EU-Parlament empfiehlt den Mitgliedst­aaten, den Netzaufbau an Hersteller aus verschiede­nen Ländern zu vergeben, um sich nicht abhängig von einer Technologi­e oder einem Anbieter zu machen.

Andere Staaten wie Australien, Neuseeland oder eben die USA schließen chinesisch­e Anbieter von vornherein von der sensiblen Infrastruk­tur aus. Und nun versucht Grenell, Deutschlan­d zu bewegen, China ebenfalls auszusperr­en. Er tut es nur eben nicht wie ein Botschafte­r, sondern eher wie ein Cowboy.

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Fotos: Imago, dpa US-Botschafte­r Richard Grenell (links) und Gerhard Schröder.

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