Wenn Comedy über die Schmerzgrenze geht
Roxy Oliver Polak ist bei seinen Gags nicht mal der KZ-Aufenthalt seines Vaters heilig. Doch es gibt Lichtblicke
Ulm Oliver Polak ging bei KomikerFans ein guter Ruf voraus, hatte er doch mit seinen Auftritten in Fernsehshows viele Fans gewonnen und für seine Moderation der LateNight-Show „Applaus und Raus“den Grimme-Preis bekommen. Ein Jury-Mitglied stimmte damals allerdings dagegen, weil in der Sendung das behindertenfeindliche Hashtag „#GastoderSpast“verwendet wurde. Unumstritten sind seine Auftritte also nicht und auch bei seiner Show am Donnerstagabend im Studio des Ulmer Roxys blieb mehr als ein fader Beigeschmack zurück, kam Polak über die Rolle des Comedian, der seine giftigen Pfeile in zig Richtungen schießt, kaum hinaus. Dass Polak unterhalten kann, zeigte er zwischendurch durchaus. Am Schluss wurde er sogar ernst, als er erklärte, dass die Behinderten „eigentlich wir“sind und „die Terroristen auch wir“. Als Beispiel führte er an: „Wir kaufen Handys in China, die dort in Getto-Firmen hergestellt werden. Wir sind Konsumund Fortschrittsterroristen. Die sich für am aufgeklärtesten halten, sind oft die Unaufgeklärtesten. Die sollen mal innehalten, mal still sein, einfach mal nichts sein wollen.“Hier war Polak ganz groß.
Es war wohltuend, nicht mit einem flachen Witz das Roxy verlassen zu müssen. Der Auftritt des Norddeutschen hatte unerwartet Der bärtige Lockenkopf, der sich selbst als „das kaputte Schwein“aus Berlin bezeichnet, das zu dick geworden sei, tanzte unter Konfettiregen auf die Bühne. Dann befragte er anzüglich Besucher nach deren Liebesverhältnissen, erhielt aber nur eher unwillig Antworten, was die Stimmung nicht hob. Aber Polak ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. Und dann legte er los. Ein Hauptthema war bei ihm alles Sexistische, wobei der 42-Jährige, der 2006 am Hodenkrebs erkrankt war und 2014 zur Behandlung seiner Depressionen längere Zeit in einer Klinik zugebracht hatte, größten Spaß daran hatte, über Geschlechtsteile zu ulken.
Die Juden und Hitler – sein Vater überlebte den Holocaust – sind weitere Lieblingsthemen von Polak. „Die Bundesbahn hatte überlegt, seine ICEs nach Personen der Zeitgeschichte zu benennen. Man stelle sich vor, ein ICE wird nach Anne Frank benannt, fährt nach Warschau und im Bordradio läuft ,Es fährt ein Zug nach nirgendwo’.“
Dann sein Vater: „Er war sieben Jahre im KZ. Das war schlimm für ihn, aber für mich war es schlimmer. Ich konnte ihn nicht toppen.“An Geschmacklosigkeiten kam der Cobegonnen. median einfach nicht vorbei. Zum Thema Terroristen: „Die Terroristen machen heute keinen Führerschein. Deshalb fahren sie auch immer in die Menschen rein.“Und weiter: „Die leben wie die Russen im Ferienklub.“Polak gibt zu: „Meine Witze sind hart.“Er lässt sich aus über Abtreibung und Menschen mit Downsyndrom und überschreitet die Grenzen des guten Geschmacks.
Am Ende wird er versöhnlich. Da singt er sitzend „Dann ist es Comedy, einfach nur Comedy“- oh wie wahr! - und entlässt sein Publikum mit einem „Zaubertrick“, bei dem sein Hund in einer verschlossenen Kiste auftaucht, in die kalte, nasse Nacht.