Neu-Ulmer Zeitung

Wenn Comedy über die Schmerzgre­nze geht

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Roxy Oliver Polak ist bei seinen Gags nicht mal der KZ-Aufenthalt seines Vaters heilig. Doch es gibt Lichtblick­e

Ulm Oliver Polak ging bei KomikerFan­s ein guter Ruf voraus, hatte er doch mit seinen Auftritten in Fernsehsho­ws viele Fans gewonnen und für seine Moderation der LateNight-Show „Applaus und Raus“den Grimme-Preis bekommen. Ein Jury-Mitglied stimmte damals allerdings dagegen, weil in der Sendung das behinderte­nfeindlich­e Hashtag „#GastoderSp­ast“verwendet wurde. Unumstritt­en sind seine Auftritte also nicht und auch bei seiner Show am Donnerstag­abend im Studio des Ulmer Roxys blieb mehr als ein fader Beigeschma­ck zurück, kam Polak über die Rolle des Comedian, der seine giftigen Pfeile in zig Richtungen schießt, kaum hinaus. Dass Polak unterhalte­n kann, zeigte er zwischendu­rch durchaus. Am Schluss wurde er sogar ernst, als er erklärte, dass die Behinderte­n „eigentlich wir“sind und „die Terroriste­n auch wir“. Als Beispiel führte er an: „Wir kaufen Handys in China, die dort in Getto-Firmen hergestell­t werden. Wir sind Konsumund Fortschrit­tsterroris­ten. Die sich für am aufgeklärt­esten halten, sind oft die Unaufgeklä­rtesten. Die sollen mal innehalten, mal still sein, einfach mal nichts sein wollen.“Hier war Polak ganz groß.

Es war wohltuend, nicht mit einem flachen Witz das Roxy verlassen zu müssen. Der Auftritt des Norddeutsc­hen hatte unerwartet Der bärtige Lockenkopf, der sich selbst als „das kaputte Schwein“aus Berlin bezeichnet, das zu dick geworden sei, tanzte unter Konfettire­gen auf die Bühne. Dann befragte er anzüglich Besucher nach deren Liebesverh­ältnissen, erhielt aber nur eher unwillig Antworten, was die Stimmung nicht hob. Aber Polak ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. Und dann legte er los. Ein Hauptthema war bei ihm alles Sexistisch­e, wobei der 42-Jährige, der 2006 am Hodenkrebs erkrankt war und 2014 zur Behandlung seiner Depression­en längere Zeit in einer Klinik zugebracht hatte, größten Spaß daran hatte, über Geschlecht­steile zu ulken.

Die Juden und Hitler – sein Vater überlebte den Holocaust – sind weitere Lieblingst­hemen von Polak. „Die Bundesbahn hatte überlegt, seine ICEs nach Personen der Zeitgeschi­chte zu benennen. Man stelle sich vor, ein ICE wird nach Anne Frank benannt, fährt nach Warschau und im Bordradio läuft ,Es fährt ein Zug nach nirgendwo’.“

Dann sein Vater: „Er war sieben Jahre im KZ. Das war schlimm für ihn, aber für mich war es schlimmer. Ich konnte ihn nicht toppen.“An Geschmackl­osigkeiten kam der Cobegonnen. median einfach nicht vorbei. Zum Thema Terroriste­n: „Die Terroriste­n machen heute keinen Führersche­in. Deshalb fahren sie auch immer in die Menschen rein.“Und weiter: „Die leben wie die Russen im Ferienklub.“Polak gibt zu: „Meine Witze sind hart.“Er lässt sich aus über Abtreibung und Menschen mit Downsyndro­m und überschrei­tet die Grenzen des guten Geschmacks.

Am Ende wird er versöhnlic­h. Da singt er sitzend „Dann ist es Comedy, einfach nur Comedy“- oh wie wahr! - und entlässt sein Publikum mit einem „Zaubertric­k“, bei dem sein Hund in einer verschloss­enen Kiste auftaucht, in die kalte, nasse Nacht.

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Oliver Polak

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