Fasten – wofür?
Als ich 14 Jahre alt war fand ich in unserer Schulbücherei ein Buch, das mich nach wenigen Sätzen faszinierte. Es handelte von einem Mann, der in den Hungerstreik trat und eine Woche durchhielt. Warum? In Süditalien, wo er lebte, herrschte große Not. Viele litten Hunger, Kinder starben, Elend und Depression allerorten – und niemand kümmerte sich wirklich darum! Mit einem Hungerstreik wollte er die Not der Hungernden am eigenen Leib erleben und andere aufmerksam machen, dass hier dringende Hilfe und Veränderung notwendig sind. Hungerstreik und Fasten wofür? Der Mann wusste wofür, sein Name war Danilo Dolci. Und es gelang ihm tatsächlich, über Jahre hin gesehen, die Lage der Ärmsten zu bessern. Das Buch hat mich geprägt. Fasten verändert, Fasten prägt, Fasten öffnet neue Horizonte.
Ich finde es sehr schön, dass es auch heuer wieder in der Fastenzeit viele Motivationen und Anstöße gibt. Die einen fasten, weil sie ihren Glauben an Gott vertiefen und „entschlacken“wollen, die anderen, weil sie zu viele „Kilos“angesammelt haben. Die einen, weil sie „Autofasten“entdeckt haben, die anderen wollen durch „Plastikfasten“ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Die einen wollen einfach raus aus dem Alltagstrott, die anderen „fasten für Gerechtigkeit“und kümmern sich bewusst um Menschen am Rande der Gesellschaft. Die einen nehmen sich täglich einen Bibelspruch vor, die anderen gehen in sich und kommen hoffentlich mit einem neuen
Geist und mit Begeisterung wieder aus sich heraus. Die Evangelischen bearbeiten das Thema „Sieben Wochen ohne Lügen“und Papst Franziskus ruft auf: „Lassen wir den Egoismus, den auf uns selbst fixierten Blick hinter uns und wenden wir uns dem
Ostern Jesu zu; unsere Brüder und Schwestern in Not sollen unsere Nächsten sein, mit denen wir unsere geistlichen und materiellen Güter teilen.“
Genug Gründe also für eine hoffentlich intensive Fastenzeit für uns alle.