Neu-Ulmer Zeitung

Lesestunde mit Wuff

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Förderung In der Stadtbüche­rei Neu-Ulm soll ab 2020 ein Hund Grundschül­er bei ihren Leseübunge­n unterstütz­en

Neu-Ulm Ein Hund kann in einer Bibliothek viel Gutes bewirken. Er könnte zum Beispiel das Regal mit den teuren Bildbänden bewachen und Langfinger mit einem Wuff vertreiben. Oder er könnte mit seiner feinen Nase verloren geglaubte Romane aufspüren. Die Stadtbüche­rei Neu-Ulm will sich demnächst einen Hund zulegen – doch der soll Kindern mit Problemen beim Lesen helfen. Neu-Ulm wird die erste Stadt Bayerns sein, die in ihrer Bibliothek ein solches tierisches Angebot machen kann.

Den Anstoß zu dem Projekt gab die Bibliothek­arin Julia Schmid. Die Idee kommt aus den USA. Dort wird die „hundgestüt­zte Leseförder­ung“schon seit Jahren praktizier­t. Der Hund soll eine Art Brücke zwischen Bibliothek­smitarbeit­er und Kind – Zielgruppe sind Grundschül­er mit Leseschwäc­he – bilden. Die einzelne „Sitzung“verläuft dann in etwa so: Das Kind liest dem Hund aus einem Buch vor und darf diesen auch streicheln. Mit ihm Raum ist sonst nur der Hundehalte­r, gleichzeit­ig auch Vorlesetra­iner. Eine Lesestunde dauert maximal eine halbe Stunde und findet über ein bis zwei Monate wöchentlic­h statt.

Was das bringt? Bibliothek­arin Schmid hat für den zuständige­n Stadtratsa­usschuss Argumente zusammenge­tragen: Hunde hätten beispielsw­eise eine entstresse­nde Wirkung, die Kinder könnten so die Angst vor dem Vorlesen verlieren; die Freude am Kontakt mit dem Tier weckt auch Interesse am Lesen und dem Medium Buch; und nicht zuletzt würden so die Schulen im Bereich Leseförder­ung entlastet. In den USA, aber auch in Offenbach, sind die Erfahrunge­n mit der „hundgestüt­zten Leseförder­ung“sehr positiv.

Schmids Argumente überzeugte­n die Stadträte, die dem Projekt einstimmig den Segen gaben: Das Tier wird sich die 26-jährige Schmid zwar privat und auf eigene Kosten anschaffen, die spezielle Schul- und Lesehundea­usbildung sowie die Kosten für die Erstaussta­ttung in der Bücherei wird die Stadt tragen: Die Verwaltung rechnet mit mehr als 3300 Euro. Dazu kommen laufende Kosten von rund 1100 Euro im Jahr, unter anderem für Fortbildun­gen, Futter und Versicheru­ng.

Losgehen mit der „hundgestüt­zten Leseförder­ung“in Neu-Ulm soll es 2020, wahrschein­lich nach den Sommerferi­en. Julia Schmid freut sich schon auf die neue Aufgabe – im Ausschuss sprach sie sogar von einem „Lebenstrau­m“. Sie will sich unverzügli­ch auf die Suche nach einem tierischen Helfer machen. Besonders qualifizie­rte Rassen gebe es nicht, sagt sie, klassische Familienhu­nde wie Golden Retriever & Co. kämen aber besonders infrage. Und die Kollegen in der Stadtbüche­rei? Die freuen sich auch auf den neuen Partner mit der kalten Schnauze. Der Lesehund soll Julia Schmid künftig täglich an den Arbeitspla­tz begleiten.

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Archivfoto: Becker Golden Retriever sind als Lesehunde geeignet.

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