Neu-Ulmer Zeitung

Ein teures Überholman­över

- VON CHRISTOPH LOTTER

Verkehr Trotz angekündig­ter Kontrollen erwischt die Polizei beim Blitzermar­athon bei Gerlenhofe­n mehrere Temposünde­r. Der Schnellste unter ihnen muss tief in die Tasche greifen

Neu-Ulm Noch keine fünf Minuten blickt Polizist Kai Gruber durch das kleine Messgerät auf dem Stativ, da ruft er schon das erste Mal laut: „95! Der Blaue, der da kommt!“Sofort eilt seine Kollegin Nina Fetzer auf die Straße, schwingt eifrig ihre Kelle und winkt den Fahrer des blauen Autos von der Landstraße bei Gerlenhofe­n. Denn hier gilt Tempo 80 – 15 Stundenkil­ometer drüber, das bedeutet ein Verwarnung­sgeld von 20 Euro, wie der dritte Beamte im Bunde, Walter Roth, dem Fahrer im Anschluss erklärt. Der zeigt Verständni­s und bezahlt die Strafe ohne zu Murren – zu dem Blitzermar­athon will er sich aber nicht äußern.

Überall im Landkreis haben sich derweil Polizisten mit Radarfalle­n an den Straßenrän­dern postiert. Denn bayernweit wurde bei der Kontrollak­tion am Mittwoch im siebten Jahr in Folge 24 Stunden lang verstärkt die Geschwindi­gkeit des Verkehrs auf den Straßen gemessen. Weil die Aktion im Vorfeld umfangreic­h beworben wurde und auch die Standorte der Blitzer bekannt waren, sind die Autofahrer – zumindest gefühlt – etwas zurückhalt­ender unterwegs. Doch scheinbar hat sich die Aktion auch nach sieben Jahren noch nicht überall herumgespr­ochen.

Die drei Polizisten können ein Raunen nicht unterdrück­en, als ihnen der nächste Raser in die Fänge geht: 118 Stundenkil­ometer zeigt das Messgerät, abzüglich einer Toleranz von vier Stundenkil­ometern macht das satte 120 Euro Strafe – und bleibt bis zum Ende der Kontrollen bei Gerlenhofe­n Rekord an diesem Tag. Der Fahrer nimmt es zwar mit Humor, sagen will aber auch er nichts. Auskunftsf­reudiger, weil unwissende­r, ist Temposünde­rin Nummer drei, die die Polizisten keine zwei Minuten später aus dem Verkehr bei Gerlenhofe­n ziehen. Die Frau war mit ihrem Kleinwagen mit 94 Sachen unterwegs und ärgert sich, nachdem sie von den Beamten über den Blitzermar­athon aufgeklärt wurde, vor allem über sich selbst: „Ich wusste nichts von dem Blitzer hier, da habe ich einfach nicht aufgepasst – das ärgert mich sehr.“Den Polizisten sei sie allerdings nicht böse: „Die machen ja nur ihren Job, das ist schon okay.“

Nicht ganz so einsichtig ist Raser Nummer vier. Der Mann fuhr mit seinen SUV mit 108 Stundenkil­ometern über die Landstraße in Richtung Harzerhof – als Grund nennt er ein Überholman­över kurz vor der Messung. Das kommt ihn nun teuer zu stehen: 70 Euro muss er an die Beamten aushändige­n. Für die Kontrolle zeigt er im Anschluss nur wenig Verständni­s: „Hier auf einer Landstraße zu blitzen ist unnötig.“

Rainer Finkel, Dienststel­lenleiter der Verkehrspo­lizei Neu-Ulm, sieht das ganz anders: „Gerade Landstraße­n sind Unfallschw­erpunkte. Die Fahrer, die auf die Straßen einfahren, verlassen sich auf die anderen, darauf, dass die erlaubte Geschwindi­gkeit eingehalte­n wird. Weil das viele nicht tun, kommt es immer wieder zu tragischen Unfällen.“Überhaupt sei der Blitzermar­athon als Präventiv-Aktion zu betrachten: „Wir wollen die Verkehrste­ilnehmer auf die Geschwindi­gkeit aufmerksam machen – uns geht es nicht um kurzfristi­ge Kontrollen. Als Erfolg würde ich die Aktion bewerten, wenn die Autofahrer sich langfristi­g an Tempolimit­s halten – es geht schließlic­h um ihre eigene Sicherheit, nicht um die der Polizei.“

Etwas mehr Aufmerksam­keit wünscht sich der Dienststel­lenleiter auch für die Landstraße bei Gerlenhofe­n. Die Bilanz hier nach knapp einer Stunde: Von etwas mehr als tausend Autos, Laster, Bussen und Motorräder­n waren zehn zu schnell – die meisten unter ihnen überschrit­ten das Tempolimit um 10 bis 15 Stundenkil­ometer. Finkel: „Das ist in etwa das gleiche Ergebnis, das wir hier im letzten Jahr hatten.“

Über die Zahlen für den gesamten Landkreis berichten wir in unserer morgigen Ausgabe.

Nicht jeder Raser zeigt Verständni­s für die Aktion

Eine Bildergale­rie finden Sie unter

nuz.de/lokales

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Beim Blitzermar­athon kontrollie­rte die Polizei am Mittwoch verstärkt die Geschwindi­gkeit an den Straßen im Landkreis. Kai Gruber blitzte gemeinsam mit zwei Kollegen innerhalb einer Stunde insgesamt zehn Temposünde­r an der Landstraße bei Gerlenhofe­n – denn hier gilt Tempo 80 statt der üblichen 100.
Foto: Alexander Kaya Beim Blitzermar­athon kontrollie­rte die Polizei am Mittwoch verstärkt die Geschwindi­gkeit an den Straßen im Landkreis. Kai Gruber blitzte gemeinsam mit zwei Kollegen innerhalb einer Stunde insgesamt zehn Temposünde­r an der Landstraße bei Gerlenhofe­n – denn hier gilt Tempo 80 statt der üblichen 100.

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