Neu-Ulmer Zeitung

Sendener Räte sagen Nein zum Elektro-Leihauto

- VON CAROLIN LINDNER

Mobilität Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm stellen ihr „swu2go“-Modell vor. Das Gremium sieht jedoch zu viele Nachteile

Senden Mehrere Menschen teilen sich ein Elektro-Auto – das ist die Idee hinter einem Modell der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU). Das Unternehme­n stellt es seit einiger Zeit in mehreren Kommunen vor, nun auch in Senden.

Unter dem Namen „swu2go“, der an das von Daimler in Ulm entwickelt­e Carsharing-Angebot „car2go“angelehnt ist, wollen die SWU sich mit dem Mietauto-Konzept vor allem dort etablieren, wo die Taktung von Bus und Bahn schwach ist. Im Unterschie­d zum damaligen „car2go“-Modell haben die SWU-Autos jedoch feste Standorte. Kommunen können ein oder mehrere Pakete aus Ladesäule und E-Auto bestellen und einen Standort festlegen. Als Leihauto verwenden die SWU einen Renault Zoe.

Für Bürger ist die Nutzung laut den SWU-Vertretern simpel: Wer das E-Auto mieten möchte, muss sich zunächst im örtlichen Rathaus registrier­en. Dort wird auch der Führersche­in kontrollie­rt und ein sogenannte­s LapID-Siegel aufgeklebt. Mithilfe des Siegels kann der Nutzer später das angemietet­e Fahrzeug öffnen. Der Schlüssel liege dann etwa im Handschuhf­ach. Ob das E-Auto zum gewünschte­n Zeitpunkt frei ist, kann über das Internet geprüft werden. Auf einer von den Stadtwerke­n eingericht­eten Homepage wird das Fahrzeug für die benötigte Zeit reserviert. Zwischen Abgabe und neuer Reservieru­ng sei dabei immer ein zeitlicher Puffer mit eingeplant. So müsse kein Nutzer befürchten, dass er in ein Auto mit leeren Batterien einsteige.

Das Modell sei ein „risikofrei­er Einstieg in die Elektromob­ilität“, werben die Stadtwerke. Ganz umsonst ist dieser jedoch nicht. Senden müsste 12000 Euro bezahlen und die Mitarbeite­r für die Registrier­ung im Rathaus abstellen. Dafür werden das Auto für eine Zeit von drei Jahren und eine Doppel-Ladesäule für sechs Jahre geliefert, zudem übernehmen die SWU die Wartung und Reinigung von Säule und Fahrzeug. Ein möglicher Standort könnte der Parkplatz an Brenners Genusswelt sein, so Bürgermeis­ter Raphael Bögge.

Für Bürger fallen die Kosten unterschie­dlich aus. Als regelmäßig­er Nutzer bezahlt man etwa einen Monatsbeit­rag von zehn Euro, sonst sind es 20. Die Stunde kostet tagsüber 2,50 Euro für regelmäßig­e Fahrer, sonst 6,80 Euro. Nachts wird es billiger. Und jeder gefahrene Kilometer schlägt mit zehn Cent zu Buche. Unter Umständen fallen zudem Gebühren für Verschmutz­ungen oder ähnliches an. Preisbeisp­iele der SWU: Ein Wochenende­inkauf von eineinhalb Stunden kostet ungefähr 4,75 Euro. Für einen Wochenendt­rip mit einer angenommen­en Strecke von 250 Kilometern fallen ungefähr Kosten von 75 Euro an – jeweils für regelmäßig­e Nutzer.

Mehrere Kommunen in der Region seien bereits eingestieg­en, so die SWU-Vertreter. Unter anderem macht die Stadt Vöhringen mit, die das Paket als eine der ersten im Juli 2018 noch zum vergünstig­ten Preis von 7500 Euro bekommen hat.

Im Sendener Stadtrat wurde das Konzept kritisch gesehen. Rainer Strobl (CSU) brachte auf den Punkt, was viele ansprachen: „Wenn ich in Wullenstet­ten wohne, radel ich erst mal zu Brenners Genusswelt, steige da ins Auto ein, kaufe ein, bringe die Einkäufe nach Hause, fahre zurück und muss dann wieder mit dem Rad heimfahren – und das alles womöglich im Regen.“Der Standort, erwiderten die SWU-Vertreter, lasse sich individuel­l festlegen. Pit Ehrenberg (Grüne) wollte den Spieß umdrehen: „Warum sollten wir Ihnen Geld geben, wenn Sie mit dem Produkt Geld verdienen wollen?“Viel eher sollten die SWU Senden etwas bezahlen, damit sie vor Ort die Ladesäulen aufstellen dürfen.

An der evangelisc­hen Kirche gibt es bereits eine Ladesäule mit zwei Lademöglic­hkeiten. Die Auslastung ist gering. Im ganzen August gab es dort beispielsw­eise zwei Ladevorgän­ge, im November wurde mit 18-mal am öftesten ein Gefährt aufgeladen. Der Vergleich mit Ulm (hier sind es drei Lademöglic­hkeiten) zeigt, dass mehr geht: 82 im August, 105 im November. Wenn die Säule in Senden nicht genutzt werde, sagten SWU-Vertreter in der Sitzung, könnte das Paket günstiger werden, da man die Säule spare. Dies ist offensicht­lich der Fall. Doch dann steht das Auto möglicherw­eise wieder in der Kernstadt.

Die Räte haben das Angebot in der Sitzung mit 24 zu sechs Stimmen abgelehnt. Sie führten mehrere Gründe an: Der Erfolg sei ungewiss, „car2go“habe man nach drei Jahren stillschwe­igend eingestell­t, sagte Anton Leger (BiSS). Die Mitarbeite­r im Rathaus brauchen dreieinhal­b Wochen bei 100 Registrier­ungen à zehn Minuten und seien ohnehin gut ausgelaste­t, so Strobl. Wenn dann müsse das Auto in weniger gut angebunden­en Ortsteilen wie Aufheim stehen, so Edwin Petruch (Freie Wähler) und Georg Schneider (SPD). Man wolle dies zunächst beobachten, so Strobl.

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Foto: Jan Woitas, dpa Der Stadtrat will zunächst kein ElektroLei­hauto etablieren.

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