Sendener Räte sagen Nein zum Elektro-Leihauto
Mobilität Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm stellen ihr „swu2go“-Modell vor. Das Gremium sieht jedoch zu viele Nachteile
Senden Mehrere Menschen teilen sich ein Elektro-Auto – das ist die Idee hinter einem Modell der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU). Das Unternehmen stellt es seit einiger Zeit in mehreren Kommunen vor, nun auch in Senden.
Unter dem Namen „swu2go“, der an das von Daimler in Ulm entwickelte Carsharing-Angebot „car2go“angelehnt ist, wollen die SWU sich mit dem Mietauto-Konzept vor allem dort etablieren, wo die Taktung von Bus und Bahn schwach ist. Im Unterschied zum damaligen „car2go“-Modell haben die SWU-Autos jedoch feste Standorte. Kommunen können ein oder mehrere Pakete aus Ladesäule und E-Auto bestellen und einen Standort festlegen. Als Leihauto verwenden die SWU einen Renault Zoe.
Für Bürger ist die Nutzung laut den SWU-Vertretern simpel: Wer das E-Auto mieten möchte, muss sich zunächst im örtlichen Rathaus registrieren. Dort wird auch der Führerschein kontrolliert und ein sogenanntes LapID-Siegel aufgeklebt. Mithilfe des Siegels kann der Nutzer später das angemietete Fahrzeug öffnen. Der Schlüssel liege dann etwa im Handschuhfach. Ob das E-Auto zum gewünschten Zeitpunkt frei ist, kann über das Internet geprüft werden. Auf einer von den Stadtwerken eingerichteten Homepage wird das Fahrzeug für die benötigte Zeit reserviert. Zwischen Abgabe und neuer Reservierung sei dabei immer ein zeitlicher Puffer mit eingeplant. So müsse kein Nutzer befürchten, dass er in ein Auto mit leeren Batterien einsteige.
Das Modell sei ein „risikofreier Einstieg in die Elektromobilität“, werben die Stadtwerke. Ganz umsonst ist dieser jedoch nicht. Senden müsste 12000 Euro bezahlen und die Mitarbeiter für die Registrierung im Rathaus abstellen. Dafür werden das Auto für eine Zeit von drei Jahren und eine Doppel-Ladesäule für sechs Jahre geliefert, zudem übernehmen die SWU die Wartung und Reinigung von Säule und Fahrzeug. Ein möglicher Standort könnte der Parkplatz an Brenners Genusswelt sein, so Bürgermeister Raphael Bögge.
Für Bürger fallen die Kosten unterschiedlich aus. Als regelmäßiger Nutzer bezahlt man etwa einen Monatsbeitrag von zehn Euro, sonst sind es 20. Die Stunde kostet tagsüber 2,50 Euro für regelmäßige Fahrer, sonst 6,80 Euro. Nachts wird es billiger. Und jeder gefahrene Kilometer schlägt mit zehn Cent zu Buche. Unter Umständen fallen zudem Gebühren für Verschmutzungen oder ähnliches an. Preisbeispiele der SWU: Ein Wochenendeinkauf von eineinhalb Stunden kostet ungefähr 4,75 Euro. Für einen Wochenendtrip mit einer angenommenen Strecke von 250 Kilometern fallen ungefähr Kosten von 75 Euro an – jeweils für regelmäßige Nutzer.
Mehrere Kommunen in der Region seien bereits eingestiegen, so die SWU-Vertreter. Unter anderem macht die Stadt Vöhringen mit, die das Paket als eine der ersten im Juli 2018 noch zum vergünstigten Preis von 7500 Euro bekommen hat.
Im Sendener Stadtrat wurde das Konzept kritisch gesehen. Rainer Strobl (CSU) brachte auf den Punkt, was viele ansprachen: „Wenn ich in Wullenstetten wohne, radel ich erst mal zu Brenners Genusswelt, steige da ins Auto ein, kaufe ein, bringe die Einkäufe nach Hause, fahre zurück und muss dann wieder mit dem Rad heimfahren – und das alles womöglich im Regen.“Der Standort, erwiderten die SWU-Vertreter, lasse sich individuell festlegen. Pit Ehrenberg (Grüne) wollte den Spieß umdrehen: „Warum sollten wir Ihnen Geld geben, wenn Sie mit dem Produkt Geld verdienen wollen?“Viel eher sollten die SWU Senden etwas bezahlen, damit sie vor Ort die Ladesäulen aufstellen dürfen.
An der evangelischen Kirche gibt es bereits eine Ladesäule mit zwei Lademöglichkeiten. Die Auslastung ist gering. Im ganzen August gab es dort beispielsweise zwei Ladevorgänge, im November wurde mit 18-mal am öftesten ein Gefährt aufgeladen. Der Vergleich mit Ulm (hier sind es drei Lademöglichkeiten) zeigt, dass mehr geht: 82 im August, 105 im November. Wenn die Säule in Senden nicht genutzt werde, sagten SWU-Vertreter in der Sitzung, könnte das Paket günstiger werden, da man die Säule spare. Dies ist offensichtlich der Fall. Doch dann steht das Auto möglicherweise wieder in der Kernstadt.
Die Räte haben das Angebot in der Sitzung mit 24 zu sechs Stimmen abgelehnt. Sie führten mehrere Gründe an: Der Erfolg sei ungewiss, „car2go“habe man nach drei Jahren stillschweigend eingestellt, sagte Anton Leger (BiSS). Die Mitarbeiter im Rathaus brauchen dreieinhalb Wochen bei 100 Registrierungen à zehn Minuten und seien ohnehin gut ausgelastet, so Strobl. Wenn dann müsse das Auto in weniger gut angebundenen Ortsteilen wie Aufheim stehen, so Edwin Petruch (Freie Wähler) und Georg Schneider (SPD). Man wolle dies zunächst beobachten, so Strobl.