Die Philharmoniker üben sich in Zurückhaltung
Klassik Unter Gastdirigent Erich Wächter spielt das Orchester Haydn, Schumann und Brahms ungewohnt verhalten
Ulm Kein Risiko, keine Überraschung und auch kein Solist: Gastdirigent Erich Wächter führte die Ulmer Philharmoniker im CCU präzise und zurückhaltend durch das vierte Philharmonische Konzert der Spielzeit. Das Programm, das der 73-Jährige mit den Philharmonikern aufführte, war ein gefälliges mit Werken von drei der renommiertesten Komponisten aus der Zeit der Romantik und der Wiener Klassik: Robert Schumann, Joseph Haydn und Johannes Brahms.
Ein leichter und etwas verhaltener Grundton prägte den ersten Teil des Konzerts. Sowohl Robert Schuhmanns „Ouvertüre, Scherzo und Finale“mit seinen recht gegensätzlichen Klangfarben in den drei Teilen, begonnen im Jahr 1841 und immer wieder bearbeitet bis zum Jahr 1845, als auch Joseph Haydns 101. Sinfonie „Die Uhr“erklangen in einer für die Ulmer Philharmoniker eher ungewöhnlichen Zurückhaltung. Die leichte Eingängigkeit und die leichtgewichtige Konzeption von Schumanns Komposition förderte diese Grundstimmung; Haydn, der bei seinen Zeitgenossen als liebenswerter Optimist galt, komponierte „Die Uhr“während einer Phase seines Schaffens, in der ihm ein populärer Stil mit folkloristischen und pseudo-folkloristischen Anklängen enormen Erfolg brachte. In der Sinfonie setzt er bewusst und konzeptionell eine metrische Taktgrundlage ein, das „Ticken“einer Uhr quasi, und demonstriert damit auch anschaulich einen Wesenszug des Wiener klassischen Satzes. Erich Wächter, der während acht Jahren der Intendanz von Kay Metzger am Theater Detmold Generalmusikdirektor war und heute in dieser Funktion an der Oper im bulgarischen Sofia wirkt, passte seine Armbewegungen während des Dirigierens dieser Sinfonie sehr einer Uhr an, sodass deren Ticken auch optisch beim Publikum ankam.
Nach der Pause entlockte Wächter den Philharmonikern ihre dynamischen Fähigkeiten deutlich stärker. Brahms’ erste Sinfonie war wohl auch ein musikalisch-politisches Statement des Komponisten zur Weihe des Festspielhauses in Bayreuth: Brahms hatte es schwer, galt seinen Zeitgenossen doch, dass es nach Beethoven praktisch keine herausragenden sinfonischen Tondichtungen mehr geben konnte. Brahms wusste das, und er formulierte selbst, dass Sinfonien ganz anders aussehen müssten, wenn man es wage, doch noch welche zu schreiben. Dennoch: Brahms orientierte sich bei seiner ersten Sinfonie an Beethoven, vor allem im Finalsatz. Gerade dieser, der sich unverkennbar an das Thema im Schlusssatz von Beethovens 9. Sinfonie anlehnt, wurde zum dynamischen Höhepunkt des Konzerts.
Vorschau Das fünfte Philharmonische Konzert dieser Spielzeit findet am Dienstag, 2. Juli, um 20 Uhr im CCU statt. Es dirigiert Timo Handschuh, Solistin ist Maya Wichert (Violine). Es gibt noch wenige Karten an der Theaterkasse.