Erst lernen, dann wählen
Wählen mit 16 ist keine schlechte Sache – doch dafür müssen Jugendliche erst einmal wissen, was, wen und warum sie überhaupt wählen. Kultusminister Michael Piazolo findet, dass junge Menschen ab 16 durchaus in der Lage sind, eine Wahlentscheidung zu treffen – wenn sie von Schule und Gesellschaft darauf vorbereitet werden. Und genau hier liegt der Knackpunkt. Bei einer aktuellen Untersuchung der Universität Bielefeld darüber, wie es um die politische Bildung an deutschen Schulen bestellt ist, ist Bayern Schlusslicht. Im Vergleich zu Bundesländern wie Schleswig-Holstein oder Hessen werden im Freistaat schulübergreifend für die Klassen fünf bis zehn nur 0,8 Prozent der gesamten Unterrichtszeit für Politik zur Verfügung gestellt. Viel zu wenig!
In dieser Zeit lässt sich vielleicht die Bedeutung der wichtigsten Artikel des Grundgesetzes klären oder die Frage, wer überhaupt im Bundesrat sitzt. Differenzierte politische Diskussionen über die deutsche Parteienlandschaft, die Auswirkungen des Brexits und Donald
Trumps Wirtschaftspolitik auf Europa, oder über die Macht von Populismus sind aber sicher nicht mehr drin. Und gerade die braucht es, damit sich (junge) Menschen eine Meinung bilden können – und so herausfinden, welche Partei am ehesten ihren Einstellungen entspricht. Jugendliche so bald wie möglich an Politik heranzuführen, sie zum Mitmachen zu motivieren, ist gut. Bevor aber das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt wird, muss Politik deutlich stärker in Bayerns Stundenplänen vertreten sein.