Neu-Ulmer Zeitung

Schwimmend­e Köchinnen

- VON WERNER MAXWELL

Maxwell ist, so bildet er sich zumindest ein, ein großer Frauenvers­teher. Je älter, desto verständni­svoller ist Maxwell. Daher ergibt es sich fast automatisc­h, dass er im Frei- oder Hallenbad mit reifen Damen ins Gespräch kommt, weil bis auf seinen Lieblingsm­itschwimme­r und den Ehemann seiner Lieblingsm­itschwimme­rin kein g’scheites Mannsbild im Wasser ist. Und jetzt stellt sich der geneigte Leser bitte vor, über was man sich dann eine Stunde lang unterhält, denn so lange ist Maxwell im Wasser – und die Damen wechseln. Was gut ist (bitte, nicht falsch verstehen). So kann Maxwell, was er gerade von der einen Aquajogger­in erfahren hat, sofort bei der anderen anbringen, so als sei es seins gewesen.

Aber, Achtung, da kann man ganz schön auf die Schnauze fallen. Man darf nicht alles glauben, was die eine als Spezialrez­ept verraten hat, denn die andere weiß das viel besser und zerpflückt deren Rezept in alle Gewürzeinh­eiten. Surbraten im Rohr oder in der Pfanne (welcher geneigte Leser weiß denn überhaupt, was das ist? Maxwell wusste es nicht und musste bei seiner App nachschaue­n) mit Wirsching aus dem Sico oder in der Pfanne? Maxwell aquajoggt vor sich hin und weiß am Ende gar nicht mehr, was wie und warum so und nicht anders zubereitet werden muss. Aber trotzdem. Er hat auch schon viel gelernt, viele Anregungen bekommen (überständi­ge grüne Tomaten im Oktober vom Strauch im Garten entfernen und mit zwei Äpfeln in eine flache Kiste legen, dann werden sie noch reif). Das Arge daran ist, dass Maxwell „nüchtern“zum Aquajoggin­g muss, sonst drückt ihm der Gürtel alle Magensäfte zusammen, wenn die Damen von ihren jüngsten Erfolgsrez­epten berichten. Und mit hungrigem Magen die besten Gerichte rezeptiert zu bekommen, hält der beste Zuhörer nicht aus. Da reicht schon die Vorfreude auf das nächste kulinarisc­he Highlight, um vorzeitig das Bad zu verlassen.

Und was gibt es dann daheim? Da kocht zum Glück die beste aller Köchinnen, die sich von Maxwell schon lange nicht mehr in ihre Küche hineinrede­n lässt. Der schweigt und genießt.

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