Von Künstlern und Kühen
Ausstellung Der „Kunstschimmer“im Rahmen der Ulmer Frühjahrsmesse ist groß, bunt und manchmal tierisch
Ulm Beim ersten „Kunstschimmer“auf der Ulmer Herbstmesse des Jahres 2013 hätte er sich nicht vorstellen können, welche Dimensionen die Kunstausstellung im Rahmen der Verbrauchermesse „Leben– Wohnen–Freizeit“(LWF) einmal einnehmen würde, sagte Initiator Stefan Grzesina bei der Eröffnung der siebten Ausgabe des autonomen Teils der 48. Leben–Wohnen–Freizeit. Über 200 Künstler aus 33 Nationen sind in diesem Jahr am „Kunstschimmer“beteiligt, der heuer nicht nur die Donauhalle füllt, sondern der sich sogar noch ein Stückchen weit in den Saal der Messe erstreckt. Die Hälfte der Künstler sind live vor Ort, die Kunst der anderen Hälfte der Teilnehmer ist über Großbildschirme zu sehen. Und so bunt oder so reduziert, so verschieden in Materialien und Ausführung sich die Kunst beim „Kunstschimmer“präsentiert: Auffällig oft vertreten ist das Rind.
Zwar steht vor der Messe ein großes Raubtier aus Metall, das durch einen Reif aus Feuer zu springen scheint, doch drinnen bei der Messe sind es immer wieder – Zufall oder nicht – die Gesichter von Rindern, die den Zuschauer anblicken. Als „Weibi“und „Carla“direkt im Porträt zum Beispiel, oder als StierSkulptur am Stand des SüdkoreaOh Seok Kwon, den die Jury für ein zweidimensionales Bild eines U-Bootes im Apfelbaum zum Erstpreisträger des Donaukunstpreises kürte. Seine Kuh-Skulpturen mit dem Titel „Als die Sonne durch die Wolken brach“sind bereits andernorts preisgekrönt und lassen viele Interpretationen zu: Das Blattgold, das vom Rücken der Tiere zu tropfen scheint, könnte eine Sonnenlicht-Impression sein, könnte als schmelzendes Gold des Tanzes ums Goldene Kalb oder als eine BörsenAnspielung gedeutet werden.
Ein weiterer Preisträger der Ausners
stellung, Peter Mayr aus Peiting, gießt für seine Objekte Schiffswracks in Kunstharz. Der verschwommene Blick auf das Wrack, der durch den Guss entsteht, weckt beim Betrachter den Eindruck, ein untergegangenes Schiff oder Boot unter Wasser zu sehen.
Ganz anders die Papierkunst von Ingrid Maria Stockmann, obwohl auch die Arbeiten der in Lahr geborenen Künstlerin den Zeitgeist festhalten: Upcycling ist ihr Thema, Kunst aus Dingen, die ihr Dasein eigentlich hinter sich haben. Stockmann nutzt Papier und Tapetenreste, die sie klein faltet und – teilweise – in Farbe tränkt. Aus den eng gefalteten Papierstücken entstehen Collagen. Wie das funktioniert, zeigt sie direkt an ihrem Stand, wo gerade ein neues Bild in einem Alurahmen entsteht. Was der Zuschauer bereits sehen kann, wirkt wie eine Sammlung alter Tagebücher und Notizheftchen, dicht gedrängt und voller Erinnerungen. Erinnerungen und Assoziationen weckt auch ein anderes Objekt: Ein kleines Kind, sehr lebensecht gestaltet, sitzt auf einem Koffer. Ein Umzug? Flucht und Vertreibung? Oder fahren einfach nur Papa und Mama ohne den Kleinen in den Urlaub? Zum Kind gehört das großformatige Werk „Abschied“erklärt Stockmann. Mann und Frau, die voreinander stehen – trennen sie sich? Oder fahren sie ohne das Kind los, das im Bild der beiden keine Rolle spielt?
Um in der Vielfalt des „Kunstschimmers“die eigenen Favoriten zu entdecken, braucht der Besucher Zeit. Die Ausstellung läuft – zu den Öffnungszeiten der LWF – noch bis Sonntag.