Neu-Ulmer Zeitung

Ein Sanierungs­fall? Nein!

- VON RONALD HINZPETER

Finanzen Pater Roman, Leiter des Bildungsze­ntrums, spricht über Geldsorgen, über die Notrutsche für den Bundespräs­identen und darüber, warum so viele nach Roggenburg kommen

Roggenburg Auf ein Wort reagiert Pater Roman Löschinger allergisch: „Wir sind kein Sanierungs­fall“, sagt der Leiter des Roggenburg­er Bildungsze­ntrums für Familie, Umwelt und Kultur mit Kraft in der Stimme. Die vergangene­n Wochen waren für ihn nicht leicht, denn er musste bei den Kreispolit­ikern darum bitten, seine Einrichtun­g mit mehr Geld auszustatt­en. Das gefiel nicht jedem. Vor allem die Grünen und der Illertisse­r Bürgermeis­ter leisteten Widerstand. Jürgen Eisen fürchtete, das Bildungsze­ntrum könne zu einem Fass ohne Boden werden. Besteht die Gefahr wirklich? Unsere Redaktion sprach mit Pater Roman über Geld und über das, was die Gesellscha­ft, vor allem hier im Kreis, von der idyllisch gelegenen Einrichtun­g hat.

Was die Finanzen betrifft, so sind Pater Roman die größten Sorgen erst mal genommen. Der Kreistag hat dem Bildungsze­ntrum in nicht öffentlich­er Sitzung für dieses und für nächstes Jahr einen deutlich höheren Zuschuss bewilligt, und zwar „mit breiter Mehrheit“, wie Landrat Thorsten Freudenber­ger am Freitag auf Nachfrage sagte. So

Das Geld hat vorne und hinten nicht gelangt

wurden denn für dieses und für nächstes Jahr jeweils 475 000 Euro bewilligt, ursprüngli­ch sollten es nur 300 000 Euro sein, doch das hätte nach Schätzung von Pater Roman vorne und hinten nicht gereicht. Allerdings muss das Geld nicht der Kreis allein aufbringen, denn er ist nur einer von vier Gesellscha­ftern der gemeinnütz­igen GmbH, die das Bildungsze­ntrum trägt. Die anderen drei sind der Bezirk Schwaben, die Gemeinde Roggenburg und das Prämonstra­tenser-Kloster. Ein externer Berater soll nun prüfen, wo sich möglicherw­eise noch etwas einsparen lässt.

Das Problem mit dem Geld bestand eigentlich schon von Anfang an. Das 1998 ins Leben gerufene Zentrum sei schon immer unterfinan­ziert gewesen, bedauert Pater Roman. Der Betriebsko­stenzuschu­ss war gedeckelt und konnte die steigenden Kosten nicht mehr ausgleiche­n, zumal auch in das Gebäude und in die Ausstattun­g investiert werden musste. Wer im Klosterhof die Wände hochschaut, sieht sofort die verwittert­en grünen Holzplatte­n, die klar vor Augen führen: Hier muss was getan werden.

Eher unsichtbar bleiben hingegen Ausstattun­gsanforder­ungen wie eine leistungss­tarke Internetve­rbindung: „Die Digitalisi­erung ist ein Riesenthem­a, 120 Tagungsgäs­te brauchen heutzutage ein vernünftig­es WLAN“, sagt Pater Roman. Verbesseru­ngen bei Brandschut­z und Fluchtwege­n kosten Geld. Vor zehn Jahren führte das Thema zu einer etwas absurden Situation: Als der damalige Bundespräs­ident Horst Köhler Roggenburg besuchte, kam auch die Frage auf, wie das Staatsober­haupt im Ernstfall denn aus dem Tagungsrau­m „Alte Darre“fliehen könne. Dafür musste eine Notrutsche installier­t werden. „Heute könnte er runterspaz­ieren.“

Große Probleme bereiteten zuletzt die Personalko­sten, denn die Träger des Zentrums entschiede­n sich, die Beschäftig­ten endlich in den Tarifvertr­ag des öffentlich­en Dienstes (TVöD) zu holen. Das bezeichnet­e der Landrat im Gespräch zwar als „Selbstvers­tändlichke­it“, doch es trieb die Kosten deutlich nach oben. Pater Roman mahnt daher, auch die künftigen Tarifsteig­erungen bei der Finanzieru­ng zu berücksich­tigen, ansonsten müsse aus Kostengrün­den das Angebot reduziert werden.

Das Zentrum steht nach den in dieser Woche vorgelegte­n Zahlen eigentlich sehr gut da: Die Auslastung der Betten ist zwar mit 21 074 nicht ganz so hoch wie im Rekordjahr 2017 (21 521) und auch die Zahl der Teilnehmer hat leicht nachgelass­en. Dennoch ist der 2018 erreichte Wert von 70 479 der zweithöchs­te in der Geschichte des Bildungsze­ntrums (2017: 77 580). Die stabilen Übernachtu­ngszahlen sind immer noch gut, denn nach den Erfahrunge­n von Pater Roman werden die Tagungen immer kürzer, die Veranstalt­er planen immer weniger Nächte ein. Das bedauert der Geschäftsf­ührer des Zentrums. Gerade abends werde das tagsüber Gelernte doch weiter besprochen und verfestige sich dadurch.

Über mangelnden Zuspruch kann er sich nicht beklagen, denn die Bildungsst­ätte strahlt mit ihrem Angebot – vergangene­s Jahr gab es gut 1600 Veranstalt­ungen – weit ins Land hinaus. Pater Roman freut sich sichtlich, dass das Roggenburg­er Zentrum so bekannt ist. So kamen dort schon die Pfadfinder zu ihrem Bundeskong­ress zusammen, die Studiensti­ftung des Deutschen Volkes – eine Fördereinr­ichtung für beAuch sonders schlauen Nachwuchs – veranstalt­et regelmäßig Tagungen, renommiert­e Firmen schicken Mitarbeite­r auf Seminare und auch Musiker haben den Ort entdeckt. Chöre und Kapellen, selbst aus München oder Stuttgart, ziehen sich gerne im Bildungsze­ntrum zum Proben zurück – wegen der guten Akustik der Räume. „Das ist ein Hit“, sagt Pater Roman. Wer einmal nach Roggenburg gekommen sei, der lerne den Ort schätzen.

Aber, und das ist Pater Roman sehr wichtig, das Angebot werde vor allem von Einrichtun­gen des Landkreise­s genutzt, etwa von Schulen. Ein kleiner Seitenhieb muss jetzt sein: „Ich freue mich jedes Mal, wenn bei Ökoprojekt­tagen Schulklass­en aus Illertisse­n kommen.“Auch Landrat Freudenber­ger betont, für wie wichtig er die Einrichtun­g hält: „Wegen Bildungsze­ntrum und Kloster kommen jährlich Zehntausen­de von Menschen hierher. Wir sind stolz, dass wir das haben. Der volkswirts­chaftliche Nutzen liegt klar auf der Hand und es bringt etwas für die Gesellscha­ft.“

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Fotos: Alexander Kaya Die Finanzprob­leme des Roggenburg­er Bildungsze­ntrums sind vorerst gelöst. Pater Roman Löschinger erklärt, warum die Einrichtun­g so wichtig für den Landkreis ist.
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