Neu-Ulmer Zeitung

Ein Käfer als tierischer Detektiv

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Junge Ulmer Bühne spielt „Die Wanze“

Ulm Die Insekten werden immer weniger. Nein, das ist keine Meldung über das Insektenst­erben. „Wanze“Muldoon, der eigentlich ein Käfer ist und seine Freunde stellen im Garten, in dem sie leben, einen Schwund an ihren Insektenku­mpels fest. In der Bar gerät Muldoon, der eigentlich Privatdete­ktiv ist und alle Niederträc­htigkeiten zu kennen glaubt, zu denen Insekten fähig sind, in eine gefährlich­e Situation. Denn auch er soll verschwind­en. Wie alle, die zu viel wissen.

Benjamin Retetzkis Regiearbei­t „Die Wanze“für die Junge Ulmer Bühne (JUB) ist das erste Stück an deren neuer Spielstätt­e, dem Kuh16. Der Raum im Fort Unterer Kuhberg, ist atmosphäri­sch sehr geeignet für Spannung für Kinder und Jugendlich­e. Zumal Retetzki unangenehm­e Wahrheiten so hübsch in die tierische Parabel verpackt, dass sie verdaulich sind. Und ganz nebenbei überträgt der literarisc­h versierte Käfer Shakespear­es ins Insektenre­ich. Ja, es ist etwas faul im Staate der Ameisen. Ferdinand Reitenspie­s ist „die Wanze“, und als solche krabbelt er unter Tischen und Stühlen gleichsam durch das Labyrinth des Ameisenbau­s. Temporeich springt er auf Tische, um den besten Aussichtsp­unkt zu haben. Ausgerechn­et bei den Ameisen, wo der Einzelne nichts und namenlos ist, entdeckt Muldoon, ist eine Verschwöru­ng im Gange. Es gibt in der Kolonie ein Grüppchen von Individual­isten, angeführt von Clarissa, die so schön singen kann. Diese gefährlich­en Abweichler entstanden als Mutation durch den Einsatz eines Pestizids, das bei den Insekten das Bedürfnis nach Individual­ität weckte.

Mit viel Sprachwitz und Bewegung verkörpert Reitenspie­s den sechsbeini­gen Krabbler Muldoon; er bezieht die jungen Zuschauer spontan ins Spiel ein – der Raum wird in der Fantasie zur Gartenfläc­he unter und knapp über der Grasnarbe. Er spielt all die Wesen des Stückes, von der zuckersüch­tigen Fliege Jake bis zur dicken Spinne, die jene frisst, die zu viel wissen. „Die Wanze“erzählt auf tierisch lustige und doch sehr subtile Weise vom Wert der Freiheit. Aber erschrecke­nd bleibt die Erkenntnis: Der auf vielen spannungsr­eichen Umwegen und mit List und Glück erfochtene Frieden ist letztlich geschäftss­chädigend. Auch für die Verteidige­r der Freiheit.

Termin

Wieder am Sonntag, 7. April, um 15 Uhr. „Die Wanze“ist auch als Klassenzim­merstück buchbar.

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F. Reitenspie­s als „Wanze“Muldoon

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