Museum hinter Barrikaden
Verkehr Die Sperrung des Ulmer Marktplatzes hat für das Haus Folgen, die keiner bedacht hat: Kunstspeditionen können nicht mehr zum Eingang fahren. Einen anderen Weg hinein gibt es nicht
Ulm Der Fairness halber: Es ist ja nur ein Versuch. Aber die Sperrung des Ulmer Markplatzes für den Verkehr hat Folgen, die man im Rathaus, von dem man eigentlich einen guten Blick auf die Szenerie hat, wohl nicht bedacht hat. Schließlich geht es darum, den Durchgangsverkehr vorerst auszusperren und so die Anwohner zu entlasten. Doch seit dem Beginn des Tests Ende Februar ist das Museum Ulm für Lastwagen praktisch nicht mehr erreichbar – was eher unpraktisch ist, denn so eine Kunstspedition kommt eher selten mit dem Lastenfahrrad. Direktorin Stefanie Dathe ist genervt: Es könne nicht angehen, dass man wertvolle Exponate quer über den Platz tragen müsse.
Das Problem für das Museum ist nicht die Aussperrung des Durchgangsverkehrs, sondern die Maßnahmen, die getroffen wurden, um den Marktplatz zu beruhigen: Gegenüber des Rathauses stehen nun schwere Sitzbänke aus Beton, zwischen denen nur kleinere Fahrzeuge hindurch passen. Museumschefin Dathe spricht aus Erfahrung: Erst am Freitag habe der Transporter einer Kunstspedition „nur mit Luftanhalten“den Parcours bewältigt. Spätestens Ende April, wenn die große Ausstellung „Obumbro“abgebaut wird, erwartet Dathe größere Lastwagen; und die hätten – Stand jetzt – keine Chance auf Durchkommen.
kann von ihrem Bürofenster aus gut beobachten, was unten auf dem Platz passiert, und weiß dementsprechend auch, dass nicht nur ihr Haus betroffen ist: Morgens kann sie manchmal sehen, wie Getränkelieferungen für das Museumscafé scheppernd auf Hubwagen über das Kopfsteinpflaster gezogen werden. „Das geht bei uns schon mal gar nicht“, sagt sie. Schließlich sind viele Objekte, die ins und aus dem Museum transportiert werden, noch ein wenig empfindlicher als ein Kasten Mineralwasser.
Das zweite Problem des Museums ist nicht ganz so schlimm, aber lästig: Im Rahmen der Beruhigung des Platzes wurden – wie in der Fußgängerzone – fixe Anlieferzeiten für die Anrainer festgelegt: Nur von 5 bis 11 Uhr morgens ist Lieferverkehr überhaupt zugelassen. Auch diese Einschränkung findet Dathe für das Museum unpassend: „Wir sind kein gewerblicher Betrieb, sondern eine öffentliche Einrichtung“, stellt sie klar.
Inzwischen haben die Klagen aus Dathes Büro auch die Kommunalpolitik erreicht: Am Freitag verschickte die SPD-Fraktion im Ulmer Gemeinderat einen Antrag zum Thema. In diesem bittet sie darum, „kurzfristig eine Möglichkeit zu schaffen, dass Lkw direkt vor das Museum fahren können“. An der Sperrung auf Probe wollen die Sozialdemokraten aber nicht rütteln: „Wir stehen zu diesem Versuch und finden, der Marktplatz hat an Qualität gewonnen.“
Die derzeitigen Probleme legen aber einen grundsätzlichen MissDathe stand im Museum offen: das Fehlen eines Hintereingangs. Denn das bei einem so großen Haus fast sämtliche Lieferungen durch die Besucherpforte getragen werden müssen, ist nicht gerade ein Ruhmesblatt für die Planer der Vergangenheit. Man hätte, so Dathe, bei der Errichtung des Neubaus für die Sammlung Fried relativ einfach eine Lösung schaffen können – diese seinerzeit aber aus Kostengründen verworfen. Die Museumschefin spricht von einem „Schildbürgerstreich“: „Wäre damals so gebaut worden, wie es die ursprünglichen Pläne vorsahen, hätten wir fast alle unsere aktuellen Probleme nicht.“Die aktuelle Situation verhindere sogar, dass das Museum gewisse Leihgaben überhaupt bekommen kann: Objekte, die größer als die Eingangstür sind, lassen sich nämlich gar nicht ins Haus bringen.
Immerhin: Für das Problem mit den Barrikaden auf dem Marktplatz ist vielleicht eine Lösung in Sicht, nicht wegen des SPD-Antrags, sondern weil Dathe deswegen schon bei der Stadtverwaltung vorgesprochen hat. Sie erwartet eine schnelle Lösung. Bis dahin kann sie sich damit trösten, dass das Stadtarchiv im Schwörhaus wegen der Absperrungen am Weinhof mit ähnlichen Einschränkungen leben muss. Dessen Leiter Michael Wettengel sagt Dathe zufolge, dass seine Institution das einzige Archiv Deutschlands ohne Andienung sei. Dem Museum hilft das aber auch nicht.