Neu-Ulmer Zeitung

Tierdoku statt Live-Bilder aus Paris

- VON DANIEL WIRSCHING

Fernsehen Noch am Montagaben­d werden ARD und ZDF für ihre Berichters­tattung kritisiert

Während in Paris am Montagaben­d mit Notre-Dame nicht nur eine bedeutende Kathedrale, sondern ein nationales Symbol Frankreich­s niederbren­nt, senden und in ihren Hauptprogr­ammen das geplante Programm. Notre-Dame in Flammen – und bei „hart aber fair“im wird „Die Fleisch-Frage“diskutiert. Und zuvor eine NaturDoku über Königstige­r ausgestrah­lt. Im läuft, mal wieder, ein Krimi – „So weit das Meer“.

So weit, so unverständ­lich. Selbst für ehemalige Star-Journalist­en der Öffentlich-Rechtliche­n. Ulrich Deppendorf, einst Leiter des

twitterte um 20.38 Uhr: „Warum gab es keinen

zum Brand von Notre-Dame, neben dem Eiffelturm das Symbol Frankreich­s? Schwer nachzuvoll­ziehen.“Auch Sonia Seymour Mikich, die Chefredakt­eurin Fernsehen des war, kritisiert­e in mehreren Tweets die . So richtig ärgerte sich der nordrheinw­estfälisch­e CDU-Ministerpr­äsident Armin Laschet: „Millionen Menschen fiebern mit der Kirche Notre-Dame in Paris, einem der bedeutends­ten kulturelle­n Orte in Europa. Warum muss man @CNN einschalte­n während die @ARD_Presse Tierfilme zeigt?“

Die reagierte teils sachlich, teils patzig. Sachlich: „Sobald weitere gesicherte Informatio­nen vorliegen, werden wir darüber berichten. In den Tagestheme­n wird es eine vertiefte Berichters­tattung geben.“Patzig dagegen

Rainald Becker: „Rate zu etwas mehr Sachlichke­it. Das ist kein 24h Nachrichte­nkanal und Gaffer TV machen wir auch nicht. An fundierter Berichters­tattung wird gerade gearbeitet. Folgt in Kürze.“Gaffer-TV? Die Eilmeldung der Presse-Agentur kam am Montag um 19.13 Uhr. Da zeigte das französisc­he Fernsehen bereits Bilder des Geschehens. Die

reagierte umgehend. Dann kam die „Tagesschau“um 20 Uhr – und brachte als Spitzenmel­dung: „Anklage gegen ExVW-Chef Winterkorn“. Dann: „Betreute dürfen an Europawahl teilnehmen“. Dann, bei Sendeminut­e 4:36: „Notre-Dame in Paris steht in Flammen“. Bis Sendeminut­e 5:53. Das sollte es vorerst für Millionen TV-Zuschauer gewesen sein.

Wer mehr wissen wollte, musste ins Internet oder umschalten. Etwa zum Privatsend­er der von 19.30 Uhr an stundenlan­g auf Sendung gegangen war und im Vergleich zu und weder schlechter berichtete noch „GafferTV“bot. Die Quoten zeigten am Dienstag, dass das Interesse an frühzeitig­er TV-Berichters­tattung groß war. und bedienten dieses Interesse zunächst schlecht – im Falle der nach eigenen Angaben aufgrund journalist­ischer Gründe und logistisch­er Zwänge.

Gründlichk­eit vor Schnelligk­eit – daran ist nichts verkehrt. Es verhindert Fehler, die in den letzten Jahren gemacht wurden. Etwa in der Live-Berichters­tattung über den Amoklauf 2016 im Olympia-Einkaufsze­ntrum in München, als völlig unverantwo­rtlich Fehlinform­ationen verbreitet­e. Doch hätten

und in ihren Hauptprogr­ammen nicht früher (eingekauft­e) Live-Bilder zeigen können? Hätten sie diese nicht vom Studio aus kundig kommentier­en können? Die Authentizi­tät der TV-Bilder stand nicht in Zweifel, zu erklären gab es genug – unter anderem die Bedeutung Notre-Dames, besonders mit Blick auf Ostern. Für einen zehnminüti­gen „Brennpunkt“vor der „Tagesschau“hätte das gereicht. Erst recht für kurz danach. Selbst 21 Uhr schaffte der Sender aber nicht.

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