Neu-Ulmer Zeitung

Freund der Ex schwer verletzt: Täter müssen lange in Haft

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Justiz Das Verfahren gegen zwei Männer aus Neu-Ulm geht mit einem Schuldspru­ch zu Ende. Das Gericht ist jedoch nicht davon überzeugt, dass sie den Nebenbuhle­r wirklich töten wollten

Neu-Ulm/Memmingen Ein spektakulä­rer Kriminalfa­ll, der sich in NeuUlm ereignete, hat am Gründonner­stag mit dem Urteil am Memminger Landgerich­t sein Ende gefunden: Zwei des versuchten Mordes und der schweren Körperverl­etzung angeklagte türkische Staatsbürg­er wurden jeweils zu einer längeren Haftstrafe verurteilt. Der 52-jährige Mann, der die Idee zu der Straftat hatte, wurde vom Gericht unter Vorsitz von Christian Liebhart zu sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Sein Komplize, ein 41-Jähriger, bekam sechs Jahre Gefängnis wegen gefährlich­er Körperverl­etzung, den Tatvorwurf des versuchten Mordes erkannte das Gericht nicht.

Die beiden Verurteilt­en, die ihre Tat im Wesentlich­en gestanden, der Tötungsabs­icht aber energisch widersproc­hen haben, hatten im Juli 2018 in der Finninger Straße in Neu-Ulm dem neuen Liebhaber der Frau des Älteren aufgelauer­t, ihn in eine Falle gelockt und ihn schwer verletzt. Der 41-jährige Mittäter schlug dem Opfer mit einem Schlagstoc­k mehrfach hart an den Kopf, ins Gesicht und an die Schulter, der 52-Jährige stach mit einem angespitzt­en Schraubend­reher mehrfach ins Gesäß und einmal in den Bauch. Vor Gericht kam heraus, dass der Geschädigt­e großes Glück hatte, dass er den Angriff überlebte, aber heute noch körperlich und seelisch unter der Attacke leidet.

Die Staatsanwa­ltschaft berichtete noch einmal ausführlic­h über die Vorgeschic­hte, die zur Tat führte. Die Frau des 52-Jährigen, der am Donnerstag in feinem schwarzen Anzug, weißem Hemd und Krawatte auftrat, hatte diesen 2017 verlassen. Als er auf Kur war, hat sie sich mit ihrem neuen Freund, einem 45-jährigen Ulmer, zusammenge­tan. Ihr Mann wollte das zunächst nicht akzeptiere­n, vor allem litt er darunter, dass die drei gemeinsame­n Kinder nun beim Freund seiner Frau in Obhut waren. Er sah damals auch klare Hinweise, dass der Neue ein Drogendeal­er sei und seine Frau und die Kinder in diese Welt mit hineinzieh­e.

Weil er seine Frau bedrohte, wurde eine Kontaktspe­rre gegen ihn verhängt. Zumindest per HandyNachr­ichten ging er jedoch weiter auf diese los, zum Beispiel mit Sätzen wie „Ich werde dich fertigmach­en“und immer wieder bezeichnet­e er seine Frau als „Schlampe“und deren Freund als „Bastard“. Er beschädigt­e mehrfach den Wagen seiner Frau und brachte schließlic­h heimlich einen Peilsender an diesem an, um immer zu wissen, wo sich das Auto befand, das stark vom „Neuen“benutzt wurde.

Wie aus dem intensiven ChatVerkeh­r mit Freunden, Bekannten und Familienmi­tgliedern hervorgeht, plante der 52-Jährige, seine Frau oder zumindest deren Freund zu bestrafen. Er weihte schließlic­h den 41-jährigen Mitangekla­gten in seinen Plan ein, der in den Tagen vor der Tat in seiner Wohnung nächtigte. Der Plan war letztlich nicht ganz ausgereift. Denn die beiden hatten nicht bedacht, dass sich der Tatort nahe der Elefantens­iedlung und der Neu-Ulmer Polizei befand. Recht spontan gingen die Männer an dem Tatabend dorthin, nachdem sie festgestel­lt hatten, dass sich das angepeilte Auto dort befand. Kurz nach Mitternach­t kam der Freund der Frau zum Wagen. Die Männer, die sich dort versteckt hatten, lockten ihn in eine Falle, schlugen und stachen zu. Bewohner der umliegende­n Häuser hörten die Hilferufe des Geschädigt­en und riefen herunter, die beiden sollten aufhören und sie haben schon die Polizei gerufen. Daraufhin ergriffen die Täter die Flucht, wurden aber bald darauf gefasst.

Die Staatsanwa­ltschaft forderte in ihrem Plädoyer für den 52-Jährigen acht Jahre und für dessen jüngeren Mittäter sechs Jahre und sechs Monate Haft, da die beiden den Tod des Opfers zumindest billigend in Kauf genommen haben. Die Verteidige­r der beiden Angeklagte­n argumentie­rten, dass ihre Mandanten das Opfer keineswegs hatten töten, sondern ihm nur „eine Abreibung“verpassen wollten. Ihre Forderung: Für den Älteren maximal vier Jahre Haft, für den 41-Jährigen nicht mehr als drei Jahre Gefängnis.

Als ihm das letzte Wort zugesproch­en wurde, war der 41-Jährige gegenüber dem Gericht höchst aufgewühlt: „Sie können mir 150 Jahre Gefängnis geben, aber nicht wegen Mordabsich­t. Das Gleiche gilt für ihn.“Dabei zeigte er auf den 52-jährigen Mitangekla­gten. „Ich bereue meine Tat und schäme mich, dass ich hier bin. Ich entschuldi­ge mich und bitte um eine mildere Strafe.“Auch der 52-Jährige entschuldi­gte sich, war aber völlig gefasst: „Es tut mir leid, dass es so gekommen ist.“

Plan für die „Abreibung“war nicht ausgereift

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