Unermüdlich für den Frieden
Protest Rund 30 Organisationen beteiligen sich beim Ulmer Ostermarsch gegen Aufrüstung, Provokation und Eskalation. Auch die Behandlung von Flüchtlingen ist ein wichtiges Thema
Ulm Schon vor mehr als 60 Jahren demonstrierten Bürger zu Ostern für Frieden und gegen Aufrüstung. Die atomare Bewaffnung, wie sie vom damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer 1957 gefordert wurde, der Nato-Doppelbeschluss 1979 oder die Gefahren der Atomenergie nach den Nuklearkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima trieben die Menschen zu Tausenden auf die Straße. Die Tradition ist noch am Leben: In Ulm trafen sich zum diesjährigen Ostermarsch rund 250 Teilnehmer.
Start des Protestzuges war der Schlagbaum vor der Bundeswehrkaserne Wilhelmsburg. Der evangelische Pfarrer und Organisator Rainer Schmid hatte mehr als 30 Organisationen zur Teilnahme motiviert. Wie schon vor Jahrzehnten lauteten auch aktuell die Forderungen der Aktivsten wieder Abrüstung, Verständigung und eine neue Entspannungspolitik. Schmid ist bereits seit den 80er-Jahren für die Friedensbewegung aktiv, wie er sagt. Ähnlich wie der 55-jährige Pfarrer dürften die meisten Teilnehmer der Demonstration eine lange Tradition mit den Ostermärschen pflegen. Schmid will sich, wie er sagt, nicht damit abfinden, dass von den Ulmer Nato-Standorten wieder „eine Gewaltspirale der Konfrontation“ausgeht. Die Manöver, wie sie vom Ulmer Standort aus unternommen werden, seien unverantwortlich und brandgefährlich: „Darauf liegt kein Segen und führt uns in ein Unglück – Kriege hatten wir genug.“
Als jüngere Mitstreiter hat sich Benno Fuchs in die Kundgebung eingereiht. Der 30-Jährige engagiert sich für die Deutsche Friedensgesellschaft DFG-VK. Wie lange er schon bei Friedensdemonstrationen mitläuft, kann er nicht genau sagen: „Ich kann mich daran erinnern, dass ich schon als kleines Kind auf den Schultern meines Vaters bei den Ostermärschen mitgetragen wurde.“Heute will er sich gegen eine Militarisierung der Jugend durch die Bundeswehr, wie er es nennt, einsetzen. „Es ist makaber, dass sich die Bundeswehr als ganz normaler Arbeitgeber präsentiert.“
Ziel des Demonstrationszuges unter zahlreichen Fahnen und Bannern war der Hans-und-SophieScholl-Platz. Mit bunten Tulpen hatten Aktivisten das Peace-Zeichen auf dem Boden vor der Rednerbühne ausgelegt. Für den Mitorganisator Lothar Heusohn ist der Platz in der Neuen Mitte ein Ort, der mit seinem Namen nicht symbolträchtiger hätte sein können. Hätten sich doch die Geschwister Scholl schon vor sieben Jahrzehnten gegen den Krieg aufgelehnt. Die beiden Ulmer Nato-Kommandostellen und Rüstungsbetriebe würden heute die Kriege und militärische Gewalt verharmlosen, sagte Heusohn und weiter: „Frieden beginnt mit sozialer Gerechtigkeit und der Achtung der Menschenwürde.“
Bärbel Mauch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) wies in ihrer Rede auf die weltweite Armut hin: „Weltweit verhungern täglich 25000 Menschen, darunter viele Kinder. Aber die Welt rüstet weiter auf und stellt neue Rekordzahlen an Militärausgaben auf.“Statt einem neuen Wettrüsten sollten zivile Strategien und faire Handelsbedingungen die Antwort auf die globalen Krisen sein, erklärte Mauch. Mit Entsetzen hätte sie dagegen die Behandlung von Schutz suchenden Flüchtlingen erlebt: „Was geht in Herrn Seehofer vor, wenn er sogar Familien mit Kindern in Haftanstalten unterbringen will, weil die Abschiebeeinrichtungen voll sind?“, fragte Mauch.
Tobias Pflüger, Friedensforscher und Bundestagsabgeordneter der Linken, erklärte, dass unter anderem die deutschen Rüstungsexporte für Millionen Menschen ein Fluchtgrund seien. Die Wilhelmsburg mit ihrer Kaserne sei ein „Zentrum für Aufrüstung“geworden. „Wir wollen nicht, dass von hier aus ein Aufmarsch in Richtung Osten geführt wird“, sagte Pflüger. Die aktuellen Ausgaben für den Verteidigungshaushalt von 43,2 Milliarden Euro sollten sinnvoller in Projekte für Pflege und Wohnungsbau investiert werden, forderte Pflüger.
Mitorganisator Heusohn erklärte am Ende seiner Rede, dass der Ostermarsch am Gründonnerstag nur der Anfang der Protestbewegung sei: „Wir werden auch weiter keine Ruhe geben.“